Frankreich 1997 · 127 min. · FSK: ab 12 Regie: Luc Besson Drehbuch: Luc Besson, Robert Mark Kamen Kamera: Thierry Arbogast Darsteller: Bruce Willis, Milla Jovovich, Gary Oldman, Ian Holm u.a. |
||
Leeloo auf dem Sprung ins Taxi |
The Fifth Element ist der Film eines Sechzehnjährigen.
In jenem zarten Alter schrieb Luc Besson die Urfassung seines Science-Fiction Epos, und obwohl das Projekt seither etliche Jahre und zahlreiche Umarbeitungen hinter sich hat, ist dieser Ursprung dem fertigen Film unvermindert anzumerken.
Dies mag böse klingen, ist aber keineswegs so gemeint: Denn obgleich The Fifth Element durch diesen Umstand einige Schwächen anhaften, so
verdankt er ihm doch auch zweifelsohne seine großen Stärken.
Die Story ist äußerst rudimentär: Das Universum wird im 23. Jahrhundert heimgesucht von dem absolut Bösen, und der Menschheit bleibt wenig Zeit, um sich vor dem Untergang zu retten. Den Schlüssel zur Erlösung besitzt eine Rasse von gutmütigen Aliens, die aber auf ihrem Weg zur Erde von den bösen Mangalores angegriffen wird. Aus Überresten eines der Aliens können Wissenschaftler in New York das Wesen Leeloo (Milla Jovovich) rekonstruieren, das jedoch flieht, nur um dem
heruntergekommenen Taxifahrer Corben Dallas (Bruce Willis) in die Arme (respektive das Taxi) zu fallen, mit dessen Hilfe sie sich dann anschickt, die Welt zu retten.
Das Ganze dient als Vorwand, um viele fantastische Schauplätze zu besuchen und bizarre Charaktere zu treffen (darunter als weiterer Bösewicht der wie üblich wunderbare Gary Oldman, mit stilisierter Hitlerfrisur, Hasenzähnen und – im Original – Südstaatenakzent), wobei es Besson verblüffenderweise
gelingt, die Geschichte in zentralen Punkten trotz ihrer radikalen Einfachheit verwirrend unklar zu lassen: wieso Leeloo selbst das fünfte Element ist (oder doch die Liebe, oder wie oder was?), habe ich immer noch nicht verstanden.
Auch über die Story hinaus ist manches an The Fifth Element problematisch. Vor allem gegen Ende häufen sich die peinlichen Momente – die überflüssige Figur des schwarzen, schwulen Radiomoderators, die für comic relief sorgen soll, ist mißlungen und nervtötend, und je mehr der Film seinem Finale zusteuert, um so mehr gerät er auch in die Fahrwasser des Kitschs.
Außerdem ging dem pubertären Besson offensichtlich seine Männerphantasie
durch, und so bekommen wir mit Leeloo eine Fantasiefrau präsentiert, die die bekannten Vorlieben des Regisseurs in überzeichneter Reinform verkörpert. Leeloo ist stark und zupackend, eine phallische Frau, die Fäuste und Waffen schwingt, daß es nur so eine Freude ist, doch zugleich ist sie innerlich eine Kindfrau, die man(n) sich erst nach Belieben erziehen muß.
Der reizenden Milla Jovovich ist es zu verdanken, daß diese Ausgeburt eines feuchten Traumes dann doch zu charmantem Leben erwacht, und ihre staunenden Augen sind es, die dem Publikum in der Welt von The Fifth Element die größte Identifikationsmöglichkeit anbieten.
Denn so sehr man an Details herumzunörgeln versucht ist, so irrelevant werden diese angesichts dessen, daß der Film dem Kino etwas zurückgibt, was in letzter Zeit fast gänzlich abhanden
gekommen schien: das Staunen.
Besson ist es gelungen, sich jenen Enthusiasmus, jene grandiose Naivität und Prätention, jenes Gefühl des Neuen, Unerhörten, Fantastischen zu bewahren, die ihn einst angetrieben haben müssen, als er zum ersten Mal versuchte, die Vision von The Fifth Element zu Papier zu bringen.
Zusammen mit seinen Designern (darunter die französichen Comic-Zeichner Moebius und Mézières, sowie Jean-Paul Gaultier) hat er eine faszinierende,
überbordene, reiche Welt geschaffen, die das Schauen zu einer puren Freude macht. Man mag sich an dem Film gar nicht genug sattsehen und -hören (Eric Serra liefert den bemerkenswerten Soundtrack), und gottlob versteht es Luc Besson, die Ideenfülle wohldosiert und strukturiert darzubieten, so daß sie (im Gegensatz beispielsweise zu Batman & Robin) voll zur Geltung kommt.
Deshalb fällt
es mir letzlich auch leicht, dem Film all seine Fehler und Schwächen zu verzeihen – was sind die schon im Vergleich zu dem Geschenk, wieder einmal etwas von jener Zeit spüren zu dürfen, als man den Kosmos des Kinos noch zu entdecken hatte, als jeder Film neu war, jeder Film Spaß machte und jeder Film ein wahres Abenteuer war.