Deutschland 2008 · 89 min. · FSK: ab 0 Regie: Ayat Najafi, David Assmann Drehbuch: Ayat Najafi, David Assmann Kamera: Anne Misselwitz, Niclas Reed Middleton Schnitt: Sylke Rohrlach |
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Freispiel: Frauenfußball im Irak |
Nach der Freiheit ist vor der Freiheit: In dem Animationsfilm Persepolis konnte man bereits erfahren, was für in freies Land der Iran vor der Revolution der Islamisten gewesen ist, und dass all die Behauptungen der Mullahs und ihrer Propagandisten über iranische Werte aus der Luft gegriffen sind, dass die Behauptungen erstunken und erlogen sind, Frauen im Iran wollten so leben, wie sie es gerade müssen. Wenn man wissen will, was sich junge Frauen im Iran heute wünschen, und wie sie stattdessen leben müssen, lohnt sich der Blick auf die Geschichte von Nilofar und Narmila. Es ist eine Geschichte, die das Leben schrieb, so wie es im heutigen Persien ist, und die eine ganze Menge über den Iran und unser Verhältnis zu dieser Gottesdiktatur verrät.
Auf den ersten Blick ist die Geschichte von Nilofar und Narmila ganz einfach. Sie sind fußballvernarrt, sie schwärmen für David Beckham, sie kicken gern im Park ihrer Heimatstadt Teheran. Sie müssen das mit Schleier tun, weil es verboten ist, die Haare öffentlich zu zeigen. Und öffentlich Fußball zu spielen, ist für Frauen im Iran auch verboten.
Narmila und Nilofar spielen in der iranischen Frauenfußball-Nationalmannschaft – denn die gibt es –, nur dürfen sie nicht
ohne Schleier und nur in einem Stadion spielen, das ausschließlich Frauen zugänglich ist. So wie im Iran auch der Besuch eines Männerfußballspieles für Frauen verboten ist.
Narmila und Nilofar sind die Hauptpersonen in David Assmanns und Ayat Najafis Dokumentarfilm Football Under Cover. Der erzählt die Geschichte einer deutsch-iranischen Fußballbegegnung, die 2006 für einiges Aufsehen sorgte, und über die Hintertür erzählt er eine Menge über den Iran und auch noch ein bisschen über uns.
Im Mai 2006 trat die iranische Frauenfußball-Nationalmannschaft im Ararat-Stadion von Teheran gegen die Frauen des türkischen Fußballclubs BSV AL-Dersimspor aus Berlin-Kreuzberg an. Auch die deutschen Spielerinnen steckten – bei vierzig Grad und beißendem Smog – in dicken Trikots und trugen Kopftücher, die per Stirnband fest um die Gesichter gebunden sind. Es war das erste offizielle Frauenfußballspiel im Iran seit der islamistischen Revolution 1979 – eine politische Manifestation.
Football Under Cover erzählt vom listenreichen Ankämpfen gegen die iranische Bürokratie: Sisyphos trifft Kafka. Zugleich beweist der Film, dass man das Beste, was der deutsche Film gerade zu bieten hat, oft unter den Dokumentarfilmen findet. Denn hier greift der Einfluss der Redakteure weniger, die inzwischen das deutsche Spielfilmkino fest im Klammergriff der Quotenhörigkeit und Fernsehkonventionen haben, und die hier manchmal schon recht ähnlich agieren, wie die iranischen Sittenwächterinnen.
Football Under Cover ist emotionales politisches Kino. Schon in der Machart ist es, ohne je plakativ zu sein, auch ein Ausdruck des Widerstands gegen Diktaturen, weil Filmverbote im Iran einfach ignoriert und Filmbänder mit Trick außer Landes geschafft wurden.
Jetzt hofft man auf ein Rückspiel in Berlin. Im Juni 2007 wurde es kurzfristig vom Iran abgesagt. Einen neuen Termin gibt es noch nicht. Sepp Herberger hatte schon recht: Das nächste Spiel ist immer das Schwerste.