Großbritannien 2005 · 95 min. Regie: Adam Low Drehbuch: Adam Low Musik: Brian Eno Kamera: Dewald Aukema |
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Francis Bacon: Anarchismus und unstillbare Neugier |
Sein Werk ist eine Anatomie des Grauens: Zerrissene Körper, zerfetzte Fratzen, stumme Schreie und das alles doch in düstere Schönheit getaucht – Der britische Maler Francis Bacon (1909-1992) ist einer der einflussreichsten Künstler der letzten Jahrzehnte. Ein ebenso exzessiver, wie formbewusster, wie kanonsprengender Maler, dessen neoromantische Bilder quer standen zu den Trends seiner Zeit – und vielleicht gerade darum geblieben sind.
Es ist eine gute Nachricht, dass jetzt eine Bacon-Dokumentation ins Kino kommt. Adam Low’s, für das britische Fernsehen entstandene, aber durchaus kinotaugliche 90-minütige Darstellung Francis Bacon – Form und Exzess ist ein ebenso eindrucksvoller, wie anregender Querschnitt durch Bacons Lebenswerk. Mit viel Archivmaterial und ergänzt durch Interviews von Freunden und Bekannten und den Soundtrack von Brian Eno, ist der Film zugleich das Portrait eines Menschen und der Versuch einer Werkanalyse.
Dabei betont Low die Verankerung des Werks einerseits in Bacons Leben, andererseits in der Kunstgeschichte. Deformationen, Folter, Stierkämpfe, Kadaver – Bacon ist der Maler des verletzlichen Fleisches. Darin spiegelt sich auch die persönliche, von zahlreichen Erschütterungen geprägte Lebensgeschichte des Künstlers. Das Leben war schonungslos mit ihm – und er spiegelte das in seinen Bildern. »Bacon der Gesetzlose« titelte der französische Surrealist Michel Leiris seinen Aufsatz über Bacon, in dem er die Respektlosigkeit beschreibt, den Anarchismus und die unstillbare Neugier, mit der Bacon sich seinen Objekten nähert und sie entblößt.
Doch auch zu Zeiten, in denen sich die Malerei den radikalen Abschied von Gestern auf die Fahnen geschrieben hatte, war sich Bacon immer bewusst, wie viel er seinen Vorläufern verdankt. Und viele seiner Bilder treten in direkten Dialog mit der klassischen Tradition, vor allem mit Velasquez, Goya, Manet und den Surrealisten. Ein faszinierender Künstler, der in schönster Form die schrecklichsten Dinge zur Erscheinung bringt, vital und absolut modern, hochsensibel, keiner Strömung zuzurechnend und trotzdem jederzeit absolut zeitgenössisch – Form und Exzess eben, wie dies der Titel dieses schönen Films treffend zusammenfasst.