Deutschland 2007 · 84 min. · FSK: ab 0 Regie: Eduard Augustin, Ferdinand Neumayr Drehbuch: Eduard Augustin, Ferdinand Neumayr Kamera: Igor Luther Darsteller: Mehmet Scholl, Harald Schmidt, Herbert Grönemeyer u.a. |
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Fußballer in sympathischer Pose |
Mehmet Scholl ist ohne Frage ein besonderer Fußballer, und Frei:Gespielt ist der besondere Film über ihn. Es geht um die Karriere des großen und umstrittenen Fußballstars, aber es geht auch um den Menschen, der dahinter steht und natürlich auch um den FC Bayern, dem er 15 Jahre treu geblieben istoder der ihm?
Die Gesprächspartner Eduard Augustin und Ferdinand Neumayr haben eine Nähe zu Mehmet Scholl geschaffen, die es ihm ermöglicht, ehrlich und oft sehr persönlich über sich zu sprechen.
Damals in Mailand gegen Valencia beim Champions League Finale hat er den Elfmeter vergeigt, aber Oliver Kahn hat dafür sein Tor beim gegnerischen Elfmeter sensationell gehalten. Und für Mehmet Scholl ist dieser Ausgleich Anlass, darüber nachzudenken, wie er geworden wäre, wenn es andersrum gelaufen wäre und wo Oli Kahn jetzt wäre. Im Nachhinein sieht er immer einen Sinn in dem, was passiert ist und weiß auch ganz oft »woher der Hase weht«.
Das ist eine der ganz großen Stärken
dieser Dokumentation, dass sie die Hauptperson mit einem liebevollen Augenzwinkern betrachten kann, ohne je den Respekt vor der Persönlichkeit des Spielers zu verlieren. Es gelingt ein Blick in das Leben des Fußball-Stars, wie selbstverständlich öffnet sich diesermittlerweile sehr medienverweigernde Mensch und spricht mit Klugheit und Witz über sich und scharfsinnig-liebevoll über die, die ihn begleitet haben.
Eine weitere große Stärke dieser Dokumentation ist, dass auch andere zu Wort kommen und vor allem, wie sie zu Wort kommen. Denn die Auswahl beweist die Souveränität des Regieteams: Neben Oliver Kahn und Uli Hoeneß kommen die meisten aus einem nur indirekt oder gar nicht mit Fußball zusammenhängenden Umfeld. Und alle haben ihre Sichtweise auf Mehmet Scholl, manche eher sachlich-distanziert, andere liebevoll und herzlich oder kritisch-respektvoll. Alle schätzen sie ihn, aber zwischen den Zeilen, in den Gesten und durch die Mimik verrät sich ihre persönliche Haltung, ihre Sympathie oder Animosität. Auch hier lassen die Regisseure Augustin und Neumayr nichts offen, sondern arbeiten ganz präzise und subtil das heraus, welche Bedeutungen in den Aussagen liegen, was das Gemeinte ist.
Großartig werden sie darin, unterstützt durch die Kamera von Igor Luther (Die Blechtrommel), wenn der Raum zum Ausdrucksmittel wird. Sitzt die 'Mutter der Nation', die Frau von Uli Hoeneß, auf einem gemütlichen Sofa. Dahinter die Kulisse einer stillen Beschaulichkeit mit Vorstadtgarten und Gartenhäuschen. Edmund Stoiber erhält einen Heiligenschein durch die Perspektive, wie er in der Staatskanzlei unter der Glaskuppel steht. Als könnte es nicht anders sein, sitzt Oliver Kahn im Kitzbüheler Stüberlidyll und redet sich die Lippe wund, wogegen Poldi auf den Stufen einer Arena hockt und seine Begeisterung über Medien- und Werbungspräsenz und über den Fußball im Allgemeinen und Besonderen zum Ausdruck bringt, einfach weil man sieht, dass es ihm wirklich Spaß macht.
Faszinierend auch die Aufnahmen von Mehmet Scholl: Beginnend mit einem dichten Close Up weitet sich die räumliche Perspektive mit der inhaltlichen. Ein leerer, spärlich beleuchteter grau-neutraler Büroraum ist die Kulisse, vor der er erzählt. Er spricht von den beiden Welten, der Medienwelt und seiner eigenen, und wie er es geschafft hat, sie wieder zu verbinden. Währenddessen distanziert sich die Kamera von ihm, und wir sehen im Bild den Sprecher und die Standkamera mit dem Aufnahmedisplay, in dem er noch mal erscheint. Und schließlich der Blick aus dem Raum von oben auf eine nächtlich-beleuchtete Geschäftsstraße der Münchner Innenstadt: Während er von seiner Familientragödie, seiner Verlorenheit und dem Ausblick auf das Leben nach dem Fußball spricht, tut sich die nächtliche Leere unter ihm auf.
Großartig auch die intelligenten Schnitte: die Reihenfolge der Aussagen, die Ausschnitte der Spiele, die Bilder der Zeit vor und während des Endspiels. Allein der Schnitt erzählt, macht Andeutungen und kommentiert die Geschichte des Fußballspielers, der sehr eigen einen Weg gegangen ist, der sein persönlicher war und der seinen Weg weiter gehen wird, auch ohne Fußball.
Diesem außergewöhnlichen Spieler ist dieser außergewöhnliche, technisch höchst souveräne, sachlich richtige, humorvolle und liebevolle Film von Eduard Augustin und Ferdinand Neumayr von Herzen gegönnt.