Großbritannien/Kanada 2014 · 99 min. · FSK: ab 12 Regie: Tom Harper Drehbuch: Jon Croker Kamera: George Steel Darsteller: Phoebe Fox, Jeremy Irvine, Oaklee Pendergast, Helen McCrory, Alfie Simmons u.a. |
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Geisterbahneffekt |
Mit etwas mehr Mut und Umsicht hätte die Fortsetzung zum Spukhaushit Die Frau in Schwarz (verantwortet von der reaktivierten Hammer-Produktionsschmiede) aus dem üblichen Horror-Sequel-Einerlei herausragen und zu einer bemerkenswerten Eigenständigkeit finden können. Am Ende bleiben aber nur einige spannende Ansätze und eine stimmige Gruselatmosphäre zurück, die dem Film seine Daseinsberechtigung geben. War es im Original von 2012 noch ein junger Anwalt (Daniel Radcliffe in seiner ersten großen Rolle nach Harry Potter), den es Anfang des 20. Jahrhunderts in das unheimliche Eel Marsh House vor der englischen Küste verschlug, ist es nun die Lehrerin Eve Parkins (Phoebe Fox), die den von einem Rachegeist heimgesuchten Ort erreicht. Seit den dramatischen Ereignissen des ersten Teils sind vier Jahrzehnte vergangen, und die Briten müssen sich gerade den Luftschlägen der Nazis erwehren. Zusammen mit ihrer Vorgesetzten und einer Gruppe Schulkindern wird Eve aus dem bombardierten London in die Einöde evakuiert, wo die Jungen und Mädchen Ablenkung von den Schrecken des Kriegsalltags finden sollen. In den Mauern des heruntergekommenen Herrenhauses wartet allerdings die Titelfigur schon darauf, die kleinen Neuankömmlinge in den Tod zu treiben.
Ähnlich wie James Watkins, der den Erstling inszenierte, beweist auch Tom Harper, in Zusammenarbeit mit seiner Crew, Geschick bei der Etablierung einer bedrückenden Grundstimmung. Die Bilder sind durchweg düster-verhangen. Jegliche Farbe scheint der Landschaft und dem Anwesen entzogen zu sein. Und verzerrte Laute kündigen auf der Tonspur immer wieder das kommende Unheil an. Ausgestattet ist der zentrale Handlungsort mit reichlich Liebe zum Detail: Gruselige Puppen, Spieluhren, selbstständig wippende Schaukelstühle – viele Elemente sind aus dem Vorgänger bekannt, gehören zum Standardrepertoire klassischer Schauer-Fiktionen, erfüllen aber dennoch ihren Zweck.
Das alles wirkt wie eine passende Grundierung für eine Geschichte, die, gemessen an gängigen Horrorfilmmaßstäben, ungeahnt tragische Verwicklungen aufscheinen lässt. Relativ konventionell fällt noch die – bereits aus Teil eins bekannte – Hintergrundgeschichte der rachsüchtigen Frau in Schwarz aus, die die Trennung von ihrem Sohn und dessen schrecklichen Tod nicht verwinden kann. Interessanter ist hingegen schon die Brücke, die das Sequel zwischen der bösen Titelfigur und der jungen Lehrerin schlägt. Immerhin hat auch Eve ein Kind »verloren«. Allerdings unter gänzlich anderen Voraussetzungen. Schon im ersten Drittel deuten einige surreale Momente auf ein handfestes Trauma hin, das Harper und Drehbuchautor Jon Croker dann aber leider nur recht oberflächlich ausleuchten. Weshalb die im Presseheft angeführten Parallelen zu anderen Horrorklassikern mit weiblichen Hauptfiguren – genannt werden etwa Schloss des Schreckens und The Others – doch etwas hochgestochen erscheinen. Während diese Werke das seelische Ungleichgewicht ihrer Protagonistinnen eingehend und äußerst subtil fokussieren, arbeitet Die Frau in Schwarz 2 mit deutlich gröberen Mitteln.
Zu wenig Aufmerksamkeit wird darüber hinaus dem historischen Rahmen zuteil, in den das unheimliche Geschehen eingebettet ist. Auch wenn die physischen und psychischen Schäden des Zweiten Weltkriegs mehrfach Erwähnung finden, wirkt die Schilderung häufig künstlich und aufgesetzt. Etwas Profil gewinnt aus der Gruppe der Schulkinder lediglich der kleine Edward (Oaklee Pendergast), der seine Eltern erst kürzlich verloren hat und seitdem nur noch über Zeichnungen mit seiner Umwelt kommuniziert. Die Ängste und Sorgen der anderen Jungen und Mädchen bleiben fast durchgängig außen vor. Dass der Krieg mehr Kulisse als greifbare Bedrohung ist, wird gegen Ende auf geradezu ironische Weise deutlich, wenn der Film mit einem eher müden Twist um die Ecke kommt, dessen emotionale Aussagekraft weitestgehend verpufft. Schlimmer ist allerdings, dass Harper nun vollständig von seiner anfänglichen Linie – einer langsamen Spannungssteigerung – abweicht und plötzlich auf billige Schockmomente im Sekundentakt setzt. Geisterbahneffekte, wie sie jeder x-beliebige Horrorstreifen zu bieten hat.