Südkorea/D 2003 · 102 min. · FSK: ab 12 Regie: Kim Ki-duk Drehbuch: Kim Ki-duk Kamera: Baek Dong-hyun Darsteller: Oh Young-su, Kim Ki-duk, Kim Young-min, Seo Jae-kyung u.a. |
Es ist unmöglich, der Welt zu entkommen, und selbst in der Zurückgezogenheit eines schwimmenden Tempel inmitten eines einsamen Bergsees, wo ein alter Mönch seinen jungen Schüler aufzieht: Umgeben von der Schönheit der Natur, asketisch im Dienst der Religion und dennoch nicht unberührt von den Leidenschaften, die das Leben der Menschen da draußen bestimmen.
Der Schüler ist fleißig und lernbegierig, aber auch voll gedankenlos kindlicher Grausamkeit. Schon bald beginnt er unter der Anleitung seines weisen Meisters den Wert des Lebens zu erfahren. Dabei weiß sein Lehrer genau, dass eigene Erfahrungen die besten Lektionen sind. Und lässt den Schüler als jungen Mann schließlich ziehen, auch wenn ihn nichts in seiner Erziehung auf die Liebe und die fremde Stadt vorbereitet hat. Als Flucht vor dem eigenen Verbrechen den erwachsenen Mann wieder zurück zum Tempel führt, wartet dort noch immer der Meister, um zu helfen. Doch die religiöse Buße, die das Gewissen reinigt, schützt nicht vor weltlicher Vergeltungund die Erfahrungen nicht vor neuen Versäumnissen. Das Leben im Tempel auf dem See geht seinen Gang, und am Ende wird wieder ein alter Mönch einen Jungen erziehen.
In fünf Kapiteln erzählt Kim Ki-Duk seine Parabel vom Kreislauf des Lebens und spiegelt dabei die Entwicklung und Reifung des Menschen in den Jahreszeiten. Ruhig und kontemplativ sind die Bilder, mit denen die erfüllte Zeit des mönchischen Lebens gezeigt wird. Die geschnitzte Pforte zum Anlegesteg, dem einzigen Weg zum frei treibenden Tempel, öffnen sich fünfmal zu Episoden, die die Spanne eines Menschenlebens umfassen. Kim Ki-Duk, der über die Malerei zum Film fand und für Regie, Buch und Schnitt verantwortlich zeichnet, beweist, dass ein Film nicht schnell sein muss, um packend zu sein, und ruhige Bilder nicht notwendigerweise anstrengen. Die Gewalt, die seine vorherigen Filme (in Deutschland war bisher nur The Isle im regulären Verleih) dominierte, ist hier reduziert und außerhalb des filmischen Raumes angesiedelt, doch ihre Spuren zeigen sich deutlich im Geschehen.
Die Besetzung des Films ist eigentümlich: Der junge Mönch wird in jedem Lebensalter von einem anderen Schauspieler dargestellt (im letzten von Regisseur Kim Ki-Duk selbst), und die Physiognomie der Darsteller betont eher die Unterschiede in den Entwicklungsphasen des Charakters, als nach Ähnlichkeit (schließlich spielen sie alle die selbe Person) zu streben. Da schein nur konsequent, dass das Kind im ersten wie im letzten Kapitel, obwohl eine Generation von einander entfernt, beide Male von Kim Jong-Ho gespielt wird. Den alten Meister, der sein Eingreifen als Lehrer bedächtig hinter die Beobachtung des Schülers stellt, gibt der Theaterschauspieler Oh Young-Su, von dem auch die Kalligraphien der mittleren Episode stammen.
Der See, auf dem der Tempel treibt, wurde vor einem Jahrhundert künstlich angelegt, majestätisch wirkende Bäume stehen im Wasser, in dem sich die umgebenden Berge spiegeln. Ein idealer Platz für diese Vision persönlicher Entwicklung. Kongenial fängt der Kameramann Baek Dong-Hyun den Zauber des Ortes ein, an dem Portal und Tempel mehr als organische Erweiterung denn als Filmset wirken. Erst ziemlich spät kann sich der Kamerablick vom See und seiner unmittelbaren Umgebung lösen und den Ort des Geschehens etwas distanzierter betrachten, doch das ist kein Abschied, sondern der Neubeginn des Zyklus, eine endgültige Heimkehr.