Frankreich 2008 · 105 min. · FSK: - Regie: Barbet Schroeder Drehbuchvorlage: Rampo Edogawa Drehbuch: Jean-Armand Bougrelle, Frédérique Henri, Barbet Schroeder Kamera: Luciano Tovoli Darsteller: Benoît Magimel, Lika Minamoto, Shun Sugata, Maurice Bénichou u.a. |
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Ästhetisiert: Geisha Tamao (Lika Minamoto) |
Realität und Fiktion sind eng verwoben in Das Geheimnis der Geisha. In einer Mischung aus Film noir und Krimi inszeniert Regisseur Barbet Schroeder ein Wechselspiel zwischen der realistischen Darstellung des Erzählten und dem Einfluss der Fiktion auf die menschliche Realität. Ersteres ist für ein Genre, das von Spannungsmomenten lebt, essentiell wichtig. Durch die Vermischung der beiden Ebenen erhält die Spurensuche der Hauptfigur Alex Fayard (Benoît Magimel), eines erfolgreichen französischen Krimiautoren, eine besondere Note. In Das Geheimnis der Geisha macht er sich daran, in Büchern und im Leben ein Netz aus Erzählungen zu entwirren. Auch im Bezug auf den Schauplatz macht Schroeder keinen Halt vor Verschachtelungen: von Paris geht es nach Kyoto, vom austauschbaren Zimmer eines sterilen Innenstadthotels in die eigene Welt der Geishas. Dort wird aus dem Schriftsteller nach und nach eine Art Meisterdetektiv.
Getrieben von dem Verlangen, die Identität seines Gegenparts, des im Schatten der Medien lebenden japanischen Autor Shundei Oe aufzudecken, dringt er tiefer und tiefer in die Welt der Erzählungen ein. Dem geschriebenen Wort versucht er einen Einblick in das Wesen des Mannes zu entlocken, den er bewundert und gleichzeitig aber auch übertrumpfen möchte. Gleich bei seinem ersten Auftritt im japanischen Fernsehen nimmt das Schicksal seinen Lauf: Fayard fordert durch seine mediale Präsenz den bisher unantastbaren Oe zu einem Kampf um Licht und Dunkel heraus. Darüber hinaus bittet ihn die schöne und verzweifelte Geisha Tamao (Lika Minamoto) um Hilfe: sie fühlt sich von einem früheren Liebhaber bedroht.
Das Geheimnis der Geisha spielt mit trügerischem Schein und schwer fassbarem Sein; die Maske der Geishas, also der Frauen, die ihre eigene Identität für das Vergnügen anderer verbergen, wird zum Sinnbild für die verborgenen, animalischen Seiten, die tief im Menschen lauern. Das Maskenhafte und die Liebe zur Inszenierung finden sich auch in Schroeders Bilderwelt wieder. Minutiös inszeniert sind die Aufnahmen, dabei immer puristisch und klar. Dem Thema
angemessen hat der Regisseur auf die Raumdarstellung ein ganz besonderes Augenmerk gelegt: als atmosphärische Ausdrucksträger untermalen sie die Seelenzustände der Figuren, weisen auf neue Indizien hin oder führen Protagonisten und Zuschauer auf eine falsche Fährte. Grenzen, wie Türschwellen, Stadtgrenzen und ähnliches werden zu Symbolen für die gefährliche Gratwanderung, auf die Fayard sich bei seiner besessenen Suche nach Shundei Oe begibt.
Leider hat Das Geheimnis der
Geisha seine Längen, insbesondere gegen Ende des Films. Die Verlangsamung der Zeit, die anfangs stimmig in die Bildsprache eingebettet ist – besonders hervorzuheben ist die Teezeremonie zu Beginn, mit der der Blick auf die kleinen Dinge und die Schönheit im Detail geschärft wird – wirkt mehr und mehr deplaziert, wenn die Handlung zur Auflösung hin an Fahrt gewinnt. Wer darüber hinwegsehen kann und außerdem ein Faible für ästhetisierte Bilder hat, dem sei Schroeders
aktuelles Werk dennoch wärmstens empfohlen.
Auf dem Filmfest: Di., 30.06., Rio 1, 24:00 Uhr