Deutschland 2003 · 119 min. · FSK: ab 6 Regie: Wolfgang Becker Drehbuch: Bernd Lichtenberg, Wolfgang Becker Kamera: Martin Kukula Darsteller: Daniel Brühl, Katrin Saß, Florian Lukas, Chulpan Khamatova u.a. |
Lenin ist von seinem Sockel gestiegen. Die Faust zum sozialistischen Gruß gereckt schwebt er von einem Helikopter baumelnd ein letztes Mal durch die Straßen der Hauptstadt. Good Bye, Lenin! Welcome D-Mark.
Es ist 1990, Wendezeit in Deutschland. In irrwitzigem Tempo wird der sozialistische Traum entsorgt. DDR-Produkte verschwinden aus den Regalen, Coca-Cola-Banner schmücken Plattenbauten. Eine Übernahme im Handstreich.
Christiane Kerner hat von all dem nichts mitgekriegt. Acht Monate hat die überzeugte Genossin im Koma gelegen. Nun lebt sie auf einer kleinen sozialistischen Insel mitten im brodelnden Berlin und wird von ihrem Sohn Alex mit Spreewaldgurken versorgt, die eigentlich schon aus dem Westen kommen. Christiane droht ein erneuter Herzinfarkt, sobald sie sich aufregt – Grund dazu gibts mehr als genug. Und so lässt Alex auf 79 Quadratmetern Plattenbau die DDR wieder auferstehen, mit Ständchen von den jungen Pionieren und allem drum und dran.
Wolfgang Becker ist mit seinem Film ein wunderbares Schelmenstück gelungen, und jeder kann sich ausmalen, welch komisches Potential in dieser grotesken Situation steckt. Doch wie bei jeder wirklich guten Komödie ist der Stoff eigentlich zutiefst tragisch. Der Film lässt noch einmal all jene zu Wort kommen, für die die Wende zu spät kam. Menschen wie Christiane, die wirklich an die sozialistische Idee glaubten, und nach der Wende mit leeren Händen da standen. Für andere wieder kam die Wiedervereinigung zu früh: Die Montagsmaschierer haben Freiheit, Leib und Leben sicher nicht für ein Stück Westschokolade riskiert, sondern für das Recht, das eigene Schicksal mitzubestimmen. Wir sind das Volk riefen sie, und mussten dann feststellen, dass auch im Westen Volkes Stimme nur auf dem Wahlschein etwas zählt.
Doch im Jahre 1990 ist diese bittere Erkenntnis noch weit weg. Der Berliner Sommer ist noch bunt, die große Liebe in Gestalt einer russischen Krankenschwester süß und ansonsten hat Alex mit der Aufrechterhaltung seiner gut gemeinten Scharade alle Hände voll zu tun. Die Wirklichkeit lässt sich nicht aussperren. Unaufhaltsam kriecht sie durch die Ritzen. Da sind die Kolonnen von Westautos, die plötzlich vor dem Fenster kreuzen. Da sind die neuen Nachbarn mit dem Lampenschirm aus pinkem Plüsch. Um all das zu erklären, schreibt Alex kurzerhand die Geschichte um. Für seine Mutter erschafft er eine DDR aus dem marxistischen Märchenbuch. Lässt den Traum vom Sozialismus mit menschlichem Antlitz noch einmal auferstehen, bis er ihn mit einer selbstgebastelten Rakete Richtung Mond schießt, wo er in tausend glitzernden Funken zerstiebt und endgültig am Nachthimmel verglüht.