Österreich 2001 · 92 min. · FSK: ab 16 Regie: Paul Harather Drehbuch: Susanne Freund, Gerda E. Grossmann, Paul Harather Kamera: Fabian Eder Darsteller: Christiane Hörbiger, Udo Kier, Jan Niklas, Simon Schwarz u.a. |
»Der Tod, das muß ein Wiener sein« wusste Georg Kreisler zu singen. In Paul Harathers neuem Film Die Gottesanbeterin ist der Tod allerdings eine Wienerin und heißt Trixi Jancik. Die Ehe mit dem Ekelproleten Heli ist ein Albtraum für sie und nur erträglich, weil sie sich regelmäßig heimliche Ausflüge auf die Pferderennbahn gönnt. Schließlich bringt sie den herzkranken Gatten mit einer Mixtur seiner eigenen Medikamente um die Ecke. Während dieser erste Mord noch gewissermaßen aus Notwehr geschieht, findet Trixi doch Geschmack daran, sich an den Männern, die sie nur mit ihrer primitiven Geilheit traktieren, zu rächen und dadurch vor allem an ihr Erbe zu kommen. So lacht sie sich dann noch einen pensionierten Beamten und einen kranken Künstler an, um diese ebenso flott und in bewährter Manier wieder loszuwerden.
Zwei beliebte Stereotypen österreichischer Kultur werden hier also ausgiebig gepflegt: der echte Wiener Prolet zwischen Brutalität und Melancholie und eine gewisse lustvolle, aber österreichisch charmierende Nähe zum Morbiden und Abgründigen. Mit genau dieser Mischung hat Paul Harather in Indien einen überraschenden Erfolg produziert. Allerdings ist es da eine leise melancholische Komik, die stets auf dem scharfen Grat an der Grenze zur Verzweiflung operiert und nur von der kongenialen schauspielerischen Leistung von Dorfer und Hader auch dort zu halten ist. Diese Momente sucht man in Harathers neuem Film leider meist vergebens. Stattdessen setzt er konsequent auf Übertreibung und grelle Effekte, auf die Überhöhung skurriler Details ins Surreale. Das erinnert dann bisweilen an die späteren »Kottan« Filme; aber auch die Bilderwelt von Jeunet und Caro in Delicatessen könnte einem in den Sinn kommen. Viele Close-ups, überraschende Perspektiven auf Einzelheiten, Materialität und Farbigkeit von Gegenständen; gnadenlos der porentiefe Blick auf die Gesichter. Das Sounddesign verstärkt diese bisweilen beklemmende Atmosphäre, die immer wieder blitzschnell in bittere Komik umschlägt.
In dieser Stimmung zwischen Bedrohlichkeit und schwärzestem Witz, folgt der Zuschauer der Kamera in das trübe Halbdunkel der Gemeindebauhölle. Simon Schwarz spielt die Figur des Heli Janzik ganz bezaubernd: ein weiterer von diesen gemeingefährlichen Grantlern von Qualtingerischem Format. Ein ewig geiler Johnny Kontrolletti, der seine Frau nur noch als Eigentum herumkommandiert und sonst als kostenlose Prostituierte benutzt. Und daneben Christiane Hörbiger als Trixi: sehr präzise zwischen Trauer, Verzweiflung und selbstbewusster Aufsässigkeit gegen den Alltagswahnsinn dieser Ehe, spielt sie das Hascherl das in der Kittelschürze auf den Knien rutscht um ihrem Alten einen zu blasen, und kurz darauf im blumigen Kostümchen auf der Rennbahn ihr letztes Geld verzockt. Die Mienen, die sie zu diesem immer böseren Spiel macht, halten den Film in seinen Angeln.
Leider verliert sich diese Intensität im weiteren Verlauf der Handlung sehr rasch. Die zunächst äußerst dichte Erzählweise löst sich in allzu viele belanglose und beliebige Handlungselemente auf. Die Spannung, die um die Figur der Trixi sorgfältig aufgebaut wurde, verflüchtigt sich unter einer Anhäufung von Klischees und billigen Lachern, die aufgeboten werden, um die folgenden Ehemänner und ihr Umfeld zu charakterisieren. Da steht dann auch Frau Hörbiger auf verlorenem Posten: je mehr der Film sich in Stereotypen ergeht, desto einsilbiger wird ihr Spiel. Der perverse Maler, dessen Mutter sich in der Garage das Leben genommen hat, und dem Trixi daher die Gummimaskendomina machen muß: diesem abgeschmackten Szenario kann auch das Gespann Kier-Hörbiger keine Komik mehr abringen. So folgt man Trixi bald nur noch mit mäßigem Interesse auf ihren Holzwegen von einem Gattenmord zum anderen, immer im Kampf mit ihrem missratenen Sohn, und stets in Gefahr den kriminellen Nachstellungen ihres Nachbarn zum Opfer zu fallen, und ist dann am Ende auch nicht weiter erstaunt, dass sie selbst – Gipfel der Ironie – einem reichen Blaubart zum Opfer fällt. Ganz nett dies, und als gemütliche TV-Abendunterhaltung sicher nicht verkehrt. Ob man dafür aber den weiten Weg ins Kino ... ? Nein halt: einen Grund gäbe es eventuell doch: Es bleibt ein seltenes und nicht ganz unkomisches Vergnügen, Christiane Hörbiger dabei zu beobachten, wie sie mit stoischer Miene einen dieser Fettsäcke tranchiert und dann, in Einkaufstüten verpackt, in der Trambahn transportiert. Eine Splattereinlage der entsetzlich realistischen Art, die einem plötzlich, kunstvoll ins vorhersehbaren Geplänkel der Geschichte montiert, ins Gesicht springt.