Deutschland 2013 · 86 min. · FSK: ab 0 Regie: Rami Hamze Drehbuch: Rami Hamze Kamera: Janis Mazuch Schnitt: Matthias Stoll |
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Der Bürgerbeglücker |
Normalerweise läuft es doch so: Da gibt es eine Idee, für deren Verwirklichung das Geld fehlt. Eine Gruppe Menschen kann sich für die Idee begeistern, die benötigten Mittel werden aufgebracht oder auch nicht, aus der Idee wächst ein Projekt oder auch nicht.
Rami Hamze zäumt Pferd von hinten auf. Seinen Ritt von da an zeigt sein Dokumentarfilm Der große Demokrator: Auf seiner Suche, endlich mal etwas bewegen zu wollen, ohne sich
parteipolitisch zu engagieren, begibt sich der Filmemacher in die Rolle des Fundraisers, des Moderators, des Lernenden. Er bekommt 10.000 Euro zusammen, die er dem Kölner Stadtteil Kalk zu Gute kommen lassen möchte. Und zwar allen Bürgern. Sie sollen darüber entscheiden, was mit ihrem Geld in ihrem »Stadtteil im Wandel« geschieht.
Worum geht es Hamze dabei? Um die Förderung von modernem basisdemokratischem Bürgertum oder um eine Filmsatire, wo der deutsche oder migrantendeutsche Vereinsheimer und der Verweigerer mal so richtig vorgeführt werden? Letzteres wäre eine bösartige Unterstellung, gleichwohl der Grat oft schmal ist, auf dem Hamze als engagierter Eulenspiegel tanzt. Kreative lustige Vögel, denen es urplötzlich ernst ist mit einer bestimmten Sache, machen zunächst mal misstrauisch – davon können die Rocklegende mit Präsidentschaftsambitionen Frank Zappa und der »Chance 2000« -Ergreifer Christoph Schlingensief ein Liedchen auf ihrer Wolke singen. Doch wenn dem Einen nicht der Krebs die Kandidatur geraubt und der andere nicht auf seinen Parteischulden sitzen geblieben wäre … wären dann andere Welten nicht doch möglich gewesen?
Das Experiment des großen Demokrators ging indes auf, gleichwohl anders als gedacht: Mit seiner Aktion »Kalk für alle«, die überregionales Medienecho bekam, gelang es dem Protagonisten tatsächlich, Kalker Bürger zu mobilisieren – und dem Filmemacher ein vergnügliches Verlaufsprotokoll darüber, wie Ideen entstehen, Projekte verteidigt werden, Entscheidungsfindungsprozesse scheitern und dann doch irgendwie gelingen. Argumente und Hintergründe dafür geben die Kalker jeweils selbst, der Film fängt sie pointiert ein und lässt sie wirken – jeder, dem erfolgreiche Stadtteilkultur am Herzen liegt, sollte bei dieser spannenden Lektion genau zuhören.
Als ihn ein Teilnehmer gegen Ende des Films fragt, ob er alles nochmal machen würde, fällt Hamzes Antwort knapp aus. Interessant wäre noch die Begründung dafür, nach der er hoffentlich bei der einen oder anderen Filmpräsentation von Der große Demokrator gefragt wird.