Österreich 2023 · 96 min. · FSK: ab 12 Regie: Thomas Stipsits, Claudia Jüptner-Jonstorff, Eva Spreitzhofer Drehbuch: Eva Spreitzhofer, Thomas Stipsits Kamera: Eva Testor Darsteller: Thomas Stipsits, Claudia Kottal, Katharina Straßer, Erwin Steinhauer, Mona Seefried u.a. |
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Therapie auf Griechösterisch | ||
(Foto: Filmwelt) |
Griechenland als therapeutisches Instrument, als Katharsis für versehrte westliche Seelen, hat eine lange Tradition. Trotz des düsteren Untertons steht am Ende von Michael Cacoyannis’ Klassiker Alexis Sorbas (1964), der Verfilmung des gleichnamigen Romans von Nikos Kazantzakis, vor allem Basil als geläuterter, befreiter Mensch im Zentrum, der gelernt hat, seine eigene Kultur abzustreifen und sich von seinen Zwängen zu befreien.
Obwohl Griechenland heute nicht mehr der »globale Süden« und »Sehnsuchtsort« von damals ist, in den alles nur Denkbare hineinprojiziert wurde, scheint die Faszination ungebrochen und zeigen Filme wie Akropolis Bonjour – Monsieur Thierry macht Urlaub (2022), dass massentouristisches Erleben, die Folklorisierung und Stereotypisierung eines Kulturraums und familiäre Selbsttherapie sich nicht ausschließen müssen.
Der österreichische Kabarettist, Schauspieler und Krimi-Autor Thomas Stipsits ging diesem Phänomen bereits 2006 in seinem Soloprogramm Griechenland – oder die Legende des heiligen Trinkers auf die Spur und hat wie in diesem Programm angedeutet tatsächlich einen Zweitwohnsitz auf der griechischen Insel Karpathos, weiß also wie einst Nikos Kazantzakis, wovon er schreibt und spricht. Und hat anscheinend auch noch nicht genug davon, wie sich an dem Drehbuch und seiner Hauptrolle zu seinem Griechenland-Film zeigt.
Auch wenn diese Erfahrungen in Griechenland oder der laufende Huhn unter der Regie von Claudia Jüptner-Jonstorff und Eva Spreitzhofer stets ins krachernde Stereotyp überführt wird, so wie es sich für eine gute Komödie natürlich auch gehört. Deshalb sieht man auch im österreichischen Teil des Films, in dem wir Johannes als Hotelerben und hoffnungsloses Muttersöhnchen im Wiener Umfeld erleben, ein echtes Gaga-Österreich, in dem Tradition und Moderne, Moral und Doppelmoral konsequent gegeneinander ausgespielt werden, allerdings noch fast ohne sdödelige Overacting, denn hier will der Film ja vor allem von den Zwängen eines Kulturraums, aus dem nicht einmal schauspielerich ein Ausbruch möglich scheint.
Mit dem Wechsel nach Griechenland nimmt die Komödie dann nicht nur schauspielerisch deutlich an Fahrt auf, wird hier mit allen momentan üblichen Culture-Clash-Motiven eine Menge Klamauk getrieben und ist Johannes ein fast schon unheimlicher Wiedergänger von Basil aus Alexis Sorbas.
Doch Ehrenmorde, so wie noch in Alex Sorbas gibt es heutzutage in Griechenland nicht mehr, auch wenn man lesbisch ist, oder sich als Fremder auflehnt, gegen griechische Korruption genauso wie gegen die eigene Familie. Weil das für einen abendfüllenden Film nicht genug ist, wird über eine zweite Erzählebene die Suche von Johannes nach den sterblichen und seelischen Überresten (bzw. deren »Verbrinung«) seines leiblichen Vaters immer wichtiger. Und damit doch noch ein wenig Tod, Vergänglichkeit und Ernst in diesen vor allem im zweiten Teil sehr albernen Film geschmuggelt, wenn auch mit weniger schockierendem Impetus als in Zorba the Greek.
Vielleicht aber wäre gerade das wichtig gewesen, ein wenig mehr Schock und Wut, entweder über eine tragische Note oder halt eine wütend-komische, um Griechenland zu einer komödiantischen Wucht zu machen. So schlingert der Film ein wenig zu seicht und nett über die Runden, hat nichtsdestotrotz ein paar wunderbare schrullige Momente und auch ein wenig Altersgeil- und Weisheit, gepaart mit Feelgood-Behäbigkeit und dann tatsächlich auch so etwas wie Authentizität, als das versammelte Filmteam in der Abschlusssequenz einfach drauflos musiziert.
Wer nicht mehr will, ist damit alle Male gut bedient.