USA 1998 · 95 min. · FSK: ab 0 Regie: John Lasseter Drehbuch: Andrew Stanton, Donald McEnery, Bob Shaw Musik: Randy Newman |
Bei den Ameisen herrschen bekanntlich die Frauen. Wer freilich meint, unter dem Matriarchat müßte es friedlicher und irgendwie ganz anders zugehen, als unter den Machoverhältnissen menschlichen Zusammenlebens, der wird zumindest auf der Leinwand widerlegt: Zum zweiten Mal kommt jetzt ein Trickfilm ins Kino, der in allerdings recht vermenschlichten Ameisenkolonien spielt, und zum zweiten Mal wird die computergenerierte Animationstechnik vor allem dazu genutzt, ein aufwendiges Hauen, Stechen, Toben und Schlachten in Szene zu setzen.
Im vergangenen November war es Antz, eine clevere, in manchem ziemlich bissige Satire aus der Spielbergschen »Dreamworks«-Fabrik; jetzt legt der Disney-Konzern mit A Bug´s Life nach. Es ist offensichtlich: Die eigentliche Schlacht wird an den Kinokassen ausgefochten, dem Angriff des Newcomers folgt nun die Gegenoffensive des bisherigen Monopolisten. Finanziell war das Duell für beide Seiten erfolgreich: Auf Platz zwei und drei liegen die beiden Filme in der 98er US-Jahresbilanz, vor ihnen steht nur James Camerons oscargeschmückter Katastrophentraum Titanic. Dieses Resultat kommt freilich fast einer Niederlage für Disney gleich, denn »Dreamworks« scheint vorerst als gleichrangiger Konkurrent etabliert.
Aber welcher Film überzeugt künstlerisch? Grob gesagt: Antz war mit seinem subtilen Dialogwitz ein Film für Erwachsene, und vor allem für diejenigen, die Englisch können. Alle anderen verpaßten die Synchronstimmen von Woody Allen, Sharon Stone und vielen anderen Stars. A Bug´s Life scheint kindgerechter, denn es ist alles in allem etwas
simpler gestrickt. Nichts ist hier zu spüren von der Melancholie des Arbeiterhelden in Antz, die unter ihrem Schicksal und der arbeitsteiligen Ameisenökonomie leidet. Bei Disney ist alles hell und fröhlich, etwas schneller und witziger allerdings auch.
Ganz kurz darf man in A Bug´s Life sogar an Kurosawas Die sieben Samurai (oder zumindest John Sturges' Western-Adaption Die glorreichen Sieben denken, und diesem schaumig-leichten Unterhaltungskino einen ernsthaften Subtext unterstellen.)
Wer beide Filme gesehen hat, ist über die Ähnlichkeiten der Story verblüfft: Hier wie da eine glücklose, träumerische Ameise, der sich dem antiindividuellen Sklavenregime nicht unterordnen will. Und als dann eine Heuschreckenarmee angreift, zeigt sich, daß selbst Ameisen nicht ohne Individualität überleben können. Das ist dann plötzlich sehr amerikanisch, und so egalitär, wie es bei echten Ameisen niemals zugeht. Aber bei denen ist sowieso alles anders: Schließlich sind es da die Frauen, die in den Krieg ziehen. Die Männer bleiben zuhause und fressen sich satt.