USA/GB/F/E 2010 · 115 min. · FSK: ab 16 Regie: Paul Greengrass Drehbuch: Brian Helgeland Kamera: Barry Ackroyd Darsteller: Matt Damon, Greg Kinnear, Jason Isaacs, Brendan Gleeson, Amy Ryan u.a. |
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Kriegerisches Grün |
Green Zone beginnt mit Sirenengeheul. Ein Luftangriff auf Bagdad während der Irakinvasion der US-Armee im Frühjahr 2003. Gewalt und Action bestimmen die allerersten Eindrücke, einmal mehr bilden aktuelle, eher komplexe politische Vorgänge den Vorwand zu simplifizierender »Unterhaltung« eines bestimmten Zuschnitts – doch die allerersten menschlichen Gesichter die man sieht, sind irakische: Ein General namens Al Rawi (Igal Naor) und sein loyaler Assistent Seyyed (Said Faraj). Während sie sich inmitten einer chaotischen Szenerie aus Blut und Trümmern bewegen, der Musiksoundtrack bedrohlich wummert, und man in ihren Blicken gleichermaßen Furcht, Verwirrung und Wut lesen kann, hat man schon früh begriffen: Dieser Film bietet immerhin mehr als nur eine eindimensionale Perspektive.
»Vier Monate später« und die Verhältnisse sind nicht besser geworden. Roy Miller (Matt Damon) ist leitender Offizier einer US-Spezialeinheit, die außerhalb jener sicheren »Grünen Zone«, die dem Film seinen Namen gibt, mit Karten, Koordinaten und viel technischem Gerät nach Waffen von unaussprechlichem Gefahrenpotential – nach den »Massenvernichtungswaffen« mit denen der Irak-Einsatz überhaupt gerechtfertigt worden war – sucht.
Sehr schnell gelingt es dem Film, im folgenden einen Eindruck von jener speziellen Szenerie an der Front von Bagdad zu entwerfen, die aus Militärs, Diplomaten, technischen Experten, Journalisten und Geheimdienstlern besteht – und aus den Einheimischen, die für alle Vorgenannten Objekt und Spielmaterial sind.
Neben Miller werden zwei besonders wichtig: Der CIA-Agent Martin Brown (Brendan Gleeson) und die Reporterin Lawrie Dayne (Amy Ryan). Bald ist klar: Es gibt keine
Massenvernichtungswaffen, ein Teil der US-Führung versucht das zu kaschieren, und Miller gerät zwischen die Fronten einer Verschwörung, die auch sein Leben gefährdet.
Green Zone stammt vom Schotten Paul Greengrass, der einst mit dem tendenziös antibritischen Nordirlanddrama Bloody Sunday den Goldenen Bär gewann, und durch zwei Teile der Bourne-Trilogie bekannt wurde. Greengrass' Markenzeichen ist weniger der Inhalt, als der Stil: Die atemlos in ellenlangen Einstellungen, ruckartigen Bewegungen und
»authentischem« Gewackel rasende Handkamera, die Schnittgewitter, die so etwas wie Überblick des Zuschauers gar nicht beabsichtigen, aber ein Gefühl von Desorientierung erzeugen... Diesmal wirft Greengrass sein Publikum in dunkle enge Straßen und kollidierende Geschichten. Und mit Matt Damon hat der Film den Bourne-Helden als Hauptdarsteller. Insofern ist das hier gewissermaßen der vierte Bourne-Teil, diesmal ohne
Identitätsprobleme, dafür mit leicht desorientierter Regie.
Die Stärken von Green Zone, der von dem Bestseller »Imperial Life in the Emerald City: Inside Iraq’s Green Zone« (USA 2006) von Rajiv Chandrasekaran inspiriert wurde, liegen darin, dass das Bild, das er vom besetzten Irak entwirft, multiperspektivisch ist.
Am Ende dieses Actionthrillers dominiert allerdings die traurige Einsicht jedes aufmerksamen Nachrichtenzuschauers: Dass wenn das irgendwann doch die Wahrheit – dass es im Irak nie Massenvernichtungswaffen gegeben hat – ans Licht kommt, dies leider nichts mehr ändert. Weil die Menschen die Lüge längst akzeptiert haben, weil sie resignieren, anstatt zu revoltieren. Aber der Film gaukelt einem nichts anderes vor. Und auch traurige Wahrheiten sind immerhin wahr.