USA 1998 · 91 min. · FSK: ab 12 Regie: Tamara Jenkins Drehbuch: Tamara Jenkins Kamera: Tom Richmond Darsteller: Natasha Lyonne, Alan Arkin, Marisa Tomei, Bryna Weiss u.a. |
»We are no nomades, we are Americans. We move. Like people !« – vielleicht glaubt Murray (Alan Arkin) wirklich, was er seinen drei Kindern auf dem Autorücksitz erklärt, als die Familie ohne Mutter in die noblen Straßen von Beverly Hills einfährt: Daß das Leben dieser Familie ein ganz normales, typisch amerikanisches ist. Mitten in der Nacht sind die Kinder von ihrem Vater aus dem Bett gezerrt worden, Minuten später ging es überstürzt los.
Was wie ein Roadmovie beginnt, wie eine jener uramerikanischen Kinogeschichten von Aufbruch und Unterwegssein, von Selbstfindung und Flucht, was zugleich an der Oberfläche als Komödie erzählt wird, ist in Wahrheit ein anrührendes Drama: Ein Vater, der verzweifelt mit wenig Geld, viel Eigensinn und noch mehr Stolz versucht, seine Familie gut zu erziehen und zusammenzuhalten und seine Tochter Vivian (Natasha Lyonne), die sich selbst entdeckt, und darum schon innerlich im Begriff ist, diese Familie zu verlassen, stehen im Mittelpunkt.
Geschickt hält sich beides die Waage: Hier die pubertierende Tochter, aus deren Perspektive der Film geschildert wird; dort der arbeitslose Vater, der sich und seine Kinder vom gehaßten Bruder aushalten lassen muß. So wird die Innenansicht der Tochter, die auf die Not nur mit ratlosen Fragen, Überforderung und jugendlichem Zynismus reagieren kann kontrastiert mit der Studie eines Vaters der sich vor der deprimierendenWirklichkeit immer wieder in eigene Träume flüchtet. Selten hat man eine sonnigere Tristesse erlebt, die auch dadurch nicht gemildert wird, daß das Haus, in dem die Familie einzieht »Casa Bella« heißt.
Obwohl das alles schon 1976 spielt, ist es hochaktuell: Gezeigt wird die Realität der gern und viel beschworenen »Family Values«. Gezeigt wird aber vor allem jene arme Unterklasse, die einmal Mittelstand hieß, und jetzt nur noch gegen den endgültigen Absturz kämpfen kann. Echte Hoffnung bleibt kaum. Daß all dies trotzdem noch eine Komödie geblieben ist, ohne billigen Klamauk, und in einigen Momenten mit der instinktsicheren Situationskomik eines Billy Wilder, ist die
Meisterschaft der Regisseurin Tamara Jenkins, die auch das Drehbuch schrieb.
Diese Geschichte vom Erwachsenwerden eines jungen Mädchens ist ein typisches Independentprodukt: Fast zuviel will die Autorin schildern, und mit Phantasie, Geschmack und engagierten Schauspielern gelingt es ihr, fehlende Sensationen auszugleichen.
Angesichts der vielen guten Seiten des von Robert Redford produzierten- Films sind ein paar kleine Schwächen ebenso verzeihlich, wie der Tribut, den
das Ende den Konventionen des US-Kinos zollt.