China 2000 · 95 min. · FSK: ab 6 Regie: Zhang Yimou Drehbuch: Gui Zi Kamera: Hou Yong Darsteller: Zhao Benshan, Dong Jie, Lihua Dong, Fu Biao u.a. |
Zhang Yimou ist ein Star. Im Ausland geliebt für seine Filme, etwa Das rote Kornfeld und Die rote Laterne, mit denen der Regisseur auf Festivals und beim Publikum gleichermaßen Erfolg hatte, in seiner Heimat, der Volksrepublik China wiederum auch aufgrund dieser internationalen Anerkennung geachtet. Ohne von der Zensur völlig unbehelligt zu sein, kann sich Zhang in seinen Filmen Freiräume leisten, von denen andere chinesische Filmemacher nur träumen.
Sein neuer Film Happy Times (i.O.: Xingfu shiguang), der bereits außer Konkurrenz im Berlinale-Wettbewerb zu sehen war, ist, oberflächlich betrachtet, zunächst einmal eine Tragikomödie über das Altern. Im Zentrum der Geschichte steht Zao (Zhao Benshan), arm und grau, von kleiner Rente lebend. Indem der Regisseur anfangs zeigt, wie Zao fast verzweifelt nach einer Frau sucht, sich mit einer grotesk dicken, eigentlich so kapriziösen wie bösen und auch in ziemlich jeder anderen Hinsicht unattraktiven Frau verabredet, beginnt er seinen neuen Film zunächst einmal fast als Komödie, als leichten volkstümlich-burlesken Stoff über Irrungen und Wirrungen und menschliche Dummheit. Doch ganz nebenbei hat er damit auch etwas über die Lage von älteren Menschen im modernen China zu sagen, blickt in heiterer Form voraus auf die Folgen von der »Ein-Kind-Politik«, die seit Jahrzehnten in der kommunistischen Diktatur praktiziert wird – und dazu führt, dass ein großer Männerüberschuss im Land herrscht.
In seinen filmischen Mitteln ist Zhang Yimou mit diesem Film konventionell geblieben. Wieder einmal handelt es sich um einen seiner Filme, die an die Tradition des italienischen Neorealismus anknüpfen, und formal in ihrer strengen, stillen, nur scheinbar ungewollt naiven Form dem entsprechen, was das Publikum von Yimou erwartet. Man weiß zwar, dass der manchmal auch Genrefilme dreht, aber in unser Kino kommen solche Werke nicht. Obwohl man bei aller Wertschätzung für Filme wie Happy Times den Verdacht nicht loswird, dass Yimou hier manchmal auch vor allem einen Markt bedient, und erstaunlich viele Kompromisse eingeht.
Um doch an eine Frau, und sei es auch nur an die dicke Unsympathische zu kommen, muss Zao lügen. Er erzählt etwas von einem Hotel, bei dem er als Manager arbeitet. Tatsächlich handelt es sich um einen verrosteten Autobus, den er mit einem Freund bonbonfarben angemalt hat, und – im puritanischen Kommunismus der Volksrepublik eine Marktlücke – als Liebesnest vermietet – auch das also eine gelassene, ganz nebenbei geübte Ironisierung heimatlicher
Verhältnisse.
Doch prompt sieht die garstige Dicke ihre Chance, und halst – damit sie sich ganz ihrem fetten verwöhnten Sohn widmen kann – dem vernarrten Zao ihre Tochter auf: Mager, weil unterernährt, unnütz, weil blind. Aber Wu (Dong Je), das junge Mädchen, ist lieblich und hübsch und nach anfänglichem Sträuben kümmert sich Zao mit rührender Zärtlichkeit um sie. Er lässt sie bei sich wohnen, bezahlt ihre Rechnungen, obwohl er selbst nichts hat. Seine keusche Fürsorge
geht schließlich so weit, dass er um sie herum ein großes Illusionstheater aufbaut – ihr vorspielt, dass sie tatsächlich Arbeit in einem Hotel gefunden habe, nur, um sie glücklich zu machen. So webt der Regisseur eine Liebesgeschichte der anderen Art, die zugleich auch eine Reflexion ist, über Sein und Schein, über das Zeigen und das Verbergen, über Hören und Sehen – also das Kino. Ein bisschen routiniert vielleicht. Aber schön.
Natürlich durchschaut Wu das Spiel eines Tages doch. Und will es trotz aller Sympathie für Zao nicht akzeptieren. Am Ende sieht man sie ganz lang durch die Stadt gehen, sieht ihr zu, bis das Bild verblasst, und man nur noch das »Tack, tack« ihres Blindenstocks hört. Sehr traurig, etwas kitschig, aber toll.