Deutschland/Ö 2017 · 99 min. · FSK: ab 0 Regie: Tim Trageser Drehbuch: Gerrit Hermans Kamera: Felix Poplawsky Darsteller: Oskar Keymer, Anja Kling, Andrea Sawatzki, Axel Stein, Julia Hartmann u.a. |
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Filmkritik als Bild – die Isarkrokodile aus München haben ihren Kinobesuch in einem gemeinsam erstellten Buntstiftbild festgehalten... |
Wenn das so weitergeht, dann wird das Kino, wie wir es kennen, das mit den großen Sälen und das mit den großen Leinwänden, bald den gleichen Tod sterben, wie die Printpresse. Denn so wie die Zeitung auf Papier, so sehen heute mehrheitlich nur mehr »alte« Menschen über 40 noch Filme im Kino. Was also tun?
Genau, mit den Kleinsten einfach mal ins Kino gehen! Mit Cleo, Trixi, Emeline, Lulu, Jonathan, Emilia, Jonas, Niklas, Marie, Shiyü und Maksim, alle aus dem Hort der Isarkrokodile, und alle zwischen 6 und 10 Jahren alt. Denn schon hier lässt sich die düstere Tendenz gut ablesen, waren die Hälfte der Kinder dieses Horts einer Eltern-Inititiative – immerhin aus dem besten Bildungsbürgerspeckgürtel Münchens – vorher noch nie im Kino gewesen.
Wenigstens kennt Cleo den ersten Teil des Films, den wir uns ansehen – Hilfe, ich hab meine Eltern geschrumpft – als DVD-Auskoppelung und freut sich auf den zweiten Teil. Auch wenn die Besprechung unseres 13-jährigen Kritikers von Hilfe, ich hab meine Lehrerin geschrumpft damals gespalten ausfiel, nicht nur die schauspielerische Durchwachsenheit des Casts moniert wurden, sondern auch ganz praktische Dinge, wie die mangelhaften Skateboard-Fähigkeiten der Hauptdarsteller. Dennoch wurde deutlich, dass die positiven Seiten der Verfilmung des Kinderbuchs von Sabine Ludwig überwogen. Wohl auch, weil das Thema geschrumpfter bzw. übergroßer Menschen seit Jack Arnolds Filmen wie TARANTULA (1955) oder DIE UNGLAUBLICHE GESCHICHTE DES MISTER C. (1957) ein regelrechter Klassiker ist und immer wieder erfolgreich umgesetzt wurde. Man denke nur an Joe Jonstons LIEBLING, ich habe die Kinder geschrumpft (1989) oder der an diesem Donnerstag zeitgleich mit Hilfe, ich hab meine Eltern geschrumpft anlaufende Downsizing von Alexander Payne.
Und vielleicht liegt es auch an dem Wechsel der Regie auf Tim Trageser – denn die für den ersten Teil angesprochenen Schwächen sind im zweiten Teil wie weggeblasen. Kinder- und Erwachsenendarsteller liefern gleichermaßen solide Leistungen ab und auch die Geschichte, die ein Jahr nach den Ereignissen des ersten Teils ansetzt, läßt sich gut ohne den ersten Teil zu kennen, verstehen. Und hat vielleicht sogar noch etwas mehr Alltagshaftung: denn die Idee, die eigenen Eltern zu schrumpfen beinhaltet ja auch die Umdrehung der Erziehungshierarchien und damit völlig neue Familienverhältnisse. Daneben gibt es auch dieses Mal wieder viel Schule und Zusammen-sind-wir-stark-Moral, die in ihren Anteilen gut dosiert ist und sich mit den tricktechnischen »Downsizing«-Momenten die Waage hält.
Wie gut Trick und Erzählung harmonieren, lässt sich vielleicht am besten am Zielpublikum ablesen, in diesem Fall den elf Isarkrokodilen, von denen acht den Film unbedingt empfehlenswert fanden. Die drei übrigen Krokodile mussten nach einer halben Stunde den Saal verlassen; der unheimlich überzeugende Effekt geschrumpfter Eltern in einem dunklen Kinosaal – zwar komödiantisch eingebunden – ging ihnen dann doch zu weit. Gutes Zureden und Versprechen, dass es bestimmt ein Happy End gibt, dass Otto Waalkes kein wirklicher Geist ist und schließlich tröstendes auf den Schoß nehmen, nichts half; die wimmernden »Ich-habe-solche-Angst«-Ausrufe blieben. Doch sollte das nicht das Ende vom Lied sein, denn nur wenige Tage später sagte Jonas, einer von denen, die den Saal verlassen mussten, wie toll der Film doch gewesen sei und erst recht, ihn im Kino gesehen zu haben.