Finnland/D/Indien 2021 · 70 min. · FSK: ab 0 Regie: Rahul Jain Drehbuch: Yaël Bitton, Rahul Jain, Likka Vehkalahti Kamera: Saumyananda Sahi, Rodrigo Trejo Villanueva, Tuomo Hutri Schnitt: Yaël Bitton |
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Klimakatastrophe in Indien | ||
(Foto: GMfilms) |
Menschen laufen ruhig durch eine Pestizidwolke. Der Smog ist derart dicht, dass man an manchen Tagen seine Hand vor Augen nicht mehr sehen kann. Manchmal ist der Fluss pechschwarz. Ein anderer Fluss sieht dagegen manchmal schneeweiß aus, weil sich heller Schaum auf ihm kräuselt wie in einer giftigen Wanne.
Vor wenigen Jahren haben die Menschen aus diesen Flüssen noch Wasser getrunken. Wasser ist da, an Trinkwasser aber mangelt es. Viele Schulen haben keine Grundversorgung mehr. Und Monsune, die den Menschen einst Wasser und Kühle gebracht haben, werden heute gefürchtet, weil sie erst den Dreck sammeln und dann die eng versiegelten Städte überfluten. Und nach der Flut ist dann die Stunde der Moskitos gekommen, die mit sich die Krankheiten bringen. Was tut der Mensch? Er bekämpft die Insekten mit Insektiziden, die Menschen auch krank machen und die Luftqualität weiter verschlechtern.
Dies ist die Lage in Indiens Hauptstadt New Dehli, mit mehr als 30 Millionen Einwohnern eine der größten Megastädte der Welt.
Der indische Regisseur Rahul Jain zeigt in seinem Film die alltägliche Apokalypse einer Hölle auf Erden: Eine Welt, in der Kinder auf Mülldeponien leben und heilige Kühe Plastik fressen. Die Bilder, die der Filmemacher zeigt, scheinen nicht mehr von dieser Welt zu sein.
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»Invisible Demons«, »Unsichtbare Dämonen« – schon dieser Titel verweist darauf, dass man es hier nicht mit einem klassischen Dokumentarfilm zu tun hat, sondern mit einer mythischen Erzählung, mit einem Umwelt-Horror-Film. Dazu passt, dass die Menschen, um ihr Leben zu verbessern, den Göttern und Dämonen mit einem großen Feuerwerk huldigen, oder das Bildnis böser Hindu-Dämonen verbrennen.
Dabei ist dies ein durchaus moderner, aufgeklärter Film: Gegenüber der dämonischen Umweltkatastrophe stehen die Aufklärer aus den Medien: So taucht immer wieder eine Reporterin auf, die wie der Regisseur selbst Gefahren signalisiert und die Leute informiert.
Zugleich ist dieser Film gewordene Schlag in die Magengrube überaus schön gefilmt. Am schönsten, aber auch am schrecklichsten sind die dramatischen surrealen Bilder, die episch und verstörend zugleich sind.
Invisible Demons zeigt viele solche faszinierenden Bilder. Die Kameraführung ist hypnotisierend und entfaltet einen halluzinatorischen Sog. Die Bilder verstärken den Eindruck des Engen, Beklemmenden noch. Delhi ist nur das extreme
Fallbeispiel der globalen Katastrophe. Rahul Jain erzählt aus dem Off, interviewt Einheimische und folgt Aktivisten, die eine sich verändernde Landschaft und Umwelt dokumentieren.
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Jain zeigt auch mit scharfem Auge, woher das alles kommt. Der Regisseur wurde 1991 geboren und erlebte bereits als Kind, wie sich Indien für den freien Markt öffnete und das bis dahin geordnete Leben bald in Chaos mündete. Jain zeigt dieses Chaos des vermeintlich freien Marktgeschehens ganz konkret, als er einen Markt in Dehli zeigt.
Einer der letzten Waldbesitzer von Dehli erzählt, dass die Stadt vor 300 Jahren fast nur aus Wald bestand – da steigt die Kamera von einer Drohne geführt in schwindelnde Höhen und zeigt, dass davon nur noch winzige Flächen übrigbleiben.
Dies ist aber keinesfalls ein Film mit einer Botschaft, außer jener, die in den Bildern liegt. Er fordert nicht zum Handeln auf, im Gegenteil erscheint das Handeln angesichts der Umstände fast schon aussichtslos.
Dies ist ein Film über eine Welt, in der die Umweltkatastrophe nicht irgendwann in der Zukunft stattfinden wird. Sie ereignet sich jetzt.
Ein Horrorfilm, wie gesagt. Apokalypse Now.