GB/USA 2002 · 134 min. Regie: Lee Tamahori Drehbuch: Neal Purvis, Robert Wade Kamera: David Tattersall Darsteller: Pierce Brosnan, Halle Berry, Toby Stephens, Rosamunde Pike u.a. |
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Pierce Brosnan und Halle Berry |
Es ist ein bisschen wie in der katholischen Kirche: Von selbst bleiben die alten Mythen nicht am Leben. Wieder und wieder wollen Rituale zelebriert werden, in denen die für heilig erklärten Texte immer aufs Neue vorgetragen, wachgerufen, aktualisiert werden. Und je älter und ferner, aber zugleich eingeschliffener die alten Schriften werden, um so auratischer werden sie einerseits, um so größer wird andererseits aber auch bei ihrem rituellen Wiedererklingen die Spannung zwischen ihnen und der Lebenswirklichkeit der Gemeinde. Die Rituale wollen so im Lauf der Zeit behutsam und bedächtig erneuert, die Texte neu- und umgedeutet werden. Ob »Denn Dein ist das Reich, und die Kraft und die Herrlichkeit« oder »My name is Bond. James Bond.«.
Nur drei Filme hat es gedauert, dann war die filmische Bibel für Bond geschrieben. Regisseur Terence Young hatte 007 mit Dr. No seine Leinwandpersönlichkeit gegeben, jene Mischung aus unbestechlichem, erstklassigem Geschmack, britischer Distinguiertheit, unwiderstehlichem, ruchlosem Charme, trockenem Humor und gewissenloser Gewalttätigkeit. Mit From Russia With
Love hat er dem Hochamt das zur endgültigen Form fehlende Brimborium verliehen – Dinge wie die Teaser-Sequenz vor dem Vorspann oder den von Maurice Binder designten Vorspann selbst mitsamt Titelsong. Und Guy Hamilton hat in Goldfinger dann noch mehr technisches Spielzeug, mehr Gags und eine deutlicher ins (halb augenzwinkernde) Surreale spielendes Flair hinzugefügt.
Mit
diesen drei Abenteuern war das quasi alttestamentarische Repertoire formuliert, aus dem danach geschöpft, das in den folgenden Filmen nur noch variiert werden durfte.
Lange konnten die Bond-Macher ihr Credo nicht ungetrübt predigen. In den letzten Jahren verführt jeder neue Bond-Film gerne zur Feststellung, dass sich die Zeiten geändert, den imperialistischen Macho Bond hinter sich gelassen haben. Aber die Serie war spätestens nach You Only Live Twice schon immer latent in der Krise, auf der Suche nach einem zeitgemäßen 007. Sei es, dass wieder und wieder neue Darsteller gefunden werden mussten für den Agenten mit der
Lizenz zum Töten, sei es, dass in den USA die schwarze Bürgerrechtsbewegung ihre schweren Kämpfe focht, während Bond auf der Leinwand (in Live And Let Die) reihenweise bös-bedrohliche Klischee-Nigger wegpustete, oder dass kindische Science-Fiction-Spektakel der guten, alten bodenständigen Action so sehr den Rang abzulaufen drohten, dass man 007 bei Moonraker in einem seiner albernsten und peinlichsten Einsätze sogar ins All schoss.
Bond hat all das überlebt, und er – der schon immer old-school und matter over mind, Handgreifliches über Virtuelles verkörperte – taucht jetzt auch gestärkt aus dem Zusammenbruch der »new economy« und ihrer Cyber-Fantasien auf, durch den möglicherweise die demnächst anstehenden The Matrix-Fortsetzungen seltsam antiquiert aussehen könnten.
Sogar das
allmähliche Abtreten in irdischen oder ewigen Ruhestand der angestammten Bond-Garde an Produzenten, Regisseuren, Mitarbeitern, Nebendarstellern etc. hat die Serie überdauert. Es ist nicht zuletzt das Verdienst von Goldeneye, dass man den Generationswechsel mittlerweile fast in allen Bereichen überzeugend vollzogen hat – damals schien die Filmreihe mal wieder vor dem
endgültigen Aus, und das gab ihr den Mut der Verzweiflung, der einige gewagte Schritte in neue Richtungen wagen ließ.
Freilich hat bei den rituellen Kino-Auftritten des weltberühmtesten Geheimagents der Klingelbeutel schon immer eine noch größere Rolle gespielt als in der katholischen Messe. Je weniger Geld darin klimperte, um so mehr stand schon immer das Dogma zu Disposition, um so mehr Abweichungen (aber auch Verirrungen) davon traute man sich. Je prall gefüllter er war, um so braver betete man es buchstabengetreu herunter.
Nach dem hochklassigen Start mit Terence Young wurde die
Bond-Reihe in Sachen Regie dabei lange Zeit eher zum Geschäft für ordentliche Handwerker. Erst in jüngster Zeit setzen die Produzenten auch hier auf ein gewisses Prestige – holen sich aber mit Leuten wie Michael Apted oder nun Lee Tamahori dann doch Filmemacher, die im Action-Genre noch keine sonderlich individuelle Handschrift entwickelt haben. Bond-Filme sind eben zuallererst Produzentenfilme und nichts für Autorenkino-Fetischisten – was jemand vom Kaliber eines
John Woo aus einem 007-Streifen machen würde, wird sich wohl für immer nur unsere Fantasie ausmalen können.
Lee Tamahori und die Autoren, Produzenten, Darsteller haben in Die Another Day freilich durchaus spürbare Freude daran, mit den überkommenen Riten manch freches Spielchen zu treiben. Gleich zu Beginn gerät der Superagent in die Fänge der nordkoreanischen Armee – und kann sich nicht wie üblich schnell aus eigener Kraft befreien. Er wird über Monate hinweg gefoltert, und nur weil seine Peiniger ihn schließlich gegen einen ihrer vom Westen
gefangengehaltenen Leuten austauschen, überlebt er das überhaupt.
Die Vorspannsequenz – in ihrer Ästhetik einem MTV-Clip näher als den psychedelischen Montagen Maurice Binders – funktioniert diesmal zum Teil auch als narratives Element: Bonds Folter erleben wir hier, ins Surreale und Balletthafte übersteigert, zu Madonnas Titelsong. (Die Folter hätte auch MIT dem Titelsong stattfinden können, denn Frau Ritchie, geb. Ciccone, hat leider das schwächste Stück in der
teils ehr-, teils fragwürdigen Tradition von 007-Liedern abgeliefert. Es klingt, als hätten sie und Mirwais Ahmadzaï es noch in einer Schublade mit Ausschuss des »Music«-Albums rumliegen gehabt und entdeckt, dass die Refrainzeile zufällig mit dem Filmtitel übereinstimmt: Der Song versucht nicht einmal, mit den üblichen Elementen eines Bond-Lieds zu spielen (und merke: 007-Songs ohne röhrende Bläsersätze haben noch selten funktioniert) – und auch als Madonna-Werk gehört es zum
Belanglosesten, was sie bisher hervorgebracht hat. Dafür hat die Meisterin einen (mit verdächtig viel Weichzeichner gefilmten) Gastauftritt als Fechtlehrerin mit sehr deutlichen Lederlesben-Untertönen, und der ist dann doch wieder nett.)
Wenn Bond schließlich freikommt, ist er zum Schmerzensmann mutiert, dem alles genommen wurde, was zu 007 gehört – inklusive seines smarten, gepflegten Äußeren. Mit Zottelhaar und Vollbart wankt er durch einen undurchdringlichen
Nebel (wobei Pierce Brosnan nebenbei den Beweis abgibt, dass er kein schlechter Jesus-Darsteller wäre): Tabula rasa, alles weiß, alles leer.
Selbst die eigenen Leute trauen ihm nicht mehr, durchleuchten seinen Körper (und halten die Säuferleber für ein brauchbares Identifizierungsmerkmal), sperren ihn in ein Hochsicherheitskrankenlager. Nur mittels einer veritablen Wiederauferstehung schafft der Agenten-Messias die Flucht vor seinen Rettern...
Freilich ist Bonds Kredit
in feinen Hotels ganz unabhängig von seinem Zustand noch gut, und es dauert danach nur Minuten, da hat er sein Aussehen zurück, ein Maßhemd am Buckel und das Champagnerglas in der Hand. Bond verteidigt den Kapitalismus nicht nur, er hat ihn schon immer gelebt – und 007-Filme sind nicht zuletzt Zurschaustellung des Luxus; leben auch davon, dass sie ihre üppigen Budgets mit Genuss sichtbar machen.
Es ist bezeichnend, dass die fast vandalistische Übermalung der Bond-Ikone
ganz zu Anfang des Films steht – denn mit zunehmender Laufzeit beginnt Die Another Day nicht nur, sich etwas arg in die Länge zu ziehen, sondern auch, sämtliche Flecken und Kratzer wieder wegzuretuschieren und bis zum finalen »Amen« den Ritus auf gar ausgetretene Pfade zurückzubringen.
Letzlich bleibt das alles so zaghaft modisch wie der Look des Films mit den bleichen, blassen Farben, die derzeit en vogue sind. Das Bond-Ritual hat inzwischen eine
neuartige Phase der Stabilität erreicht: Das Spiel mit der Verunsicherung, der Abweichung ist nunmehr auch schon ein erprobtes Element geworden, das keine Bedrohung für das Altehrwürdige darstellt, sondern eine spiegelbildartige Ergänzung – der man alle Konzessionen an die Zeitläufte aufbürden kann, gegenüber der sich das Vertraute aber schließlich um so strahlender durchsetzen kann.
Ideologische Ausschläge nach links oder rechts im allgemeinen geistigen Klima waren sowieso meist das geringere Problem: Verführerische Übermenschen-Fantasien haben immer gleich Konjunktur – wenn man sich ihnen für zwei Stunden im Kino hingibt, fühlt man sich nur manchmal stärker, manchmal schwächer verpflichtet, es mit schlechtem Gewissen zu tun. Wo das 007-Ritual ernstlich an Glanz zu verlieren droht, da tut es das üblicherweise aus pragmatischeren Gründen.
Als Bond
einst Anfang der ‘60er auf Jagd nach Dr. No ging, da waren Weltreisen noch nicht bei Neckermann im Sonderangebot zu haben. Der Tourismus hat Bond geschadet – erfüllte man sich früher mit dem Kinobesuch wenigstens für zwei Stunden den Traum vom Urlaub an paradiesischen Flecken, die in Wahrheit unerreichbar blieben, haben die exotischen Locations mittlerweile für weite Publikumsschichten eher einen »Guck ma, Ernnnaaah, da sprengt de Jahmes Bond dat Hotel in de Luft, wo
wir letz' Jahr gewesen sind«-Wiedererkennungswert.
Gepaart mit der Tatsache, dass in 19 Filmen schon erhebliche Teile des Globus abgeklappert wurden, bringt das die Bond-Macher mittlerweile in Zugzwang. Die Lösung in Die Another Day: Erstmal wird die weltberühmteste Doppelnull auf eine Kommunismus-Worldtour geschickt – von Nordkorea über China bis Kuba muss er überall hin, wo sich dem Kapitalismus noch letzte, trutzige Bollwerke entgegenstemmen
und somit die Pauschalreisen noch nicht flächendeckend ausgebrochen sind. Und dann geht’s ab nach Island, wo es keine Badestrände gibt und somit vergleichsweise wenig Urlauber.
Ähnlich leidet der neue 007 auch auf anderem Gebiet zum Teil an der Leistung seiner 19 Vorgänger: Man merkt, dass es den Bond-Machern selbst langsam schwer fällt, noch irgendein Vehikel zu finden, das ihr Staragent noch nicht (meist: zu Schrott) gefahren hat, noch irgendeine Form von Verfolgungsjagd, Sprüngen, Überschlägen, Fahrkunststücken mit motorisierten Fortbewegungsmitteln zu ersinnen, die sie noch nicht abgehakt haben. (Vorschlag: Die nicht-motorisierten Gefährt wurden
bisher sträflich vernachlässigt – Bond auf Fahrrad, Skateboard, Kettcar, Dreirad, das wär' doch mal was!) Aber irgendwas findet sich dann doch immer: Diesmal sind es Luftkissenboote, die zum Highspeed-Fangermandl antreten und dabei das schöne Gefühl geben, noch echter Hardware beim Aufeinanderkrachen zuzusehen, bestes, bodenständiges, gewichtiges Stunt-Handwerk. Während gegen Ende leider auch dieser Film dem allgemeinen Trend zum Zeichentrick folgt und eine ganze,
alberne, hässliche Sequenz am Eiskliff praktisch komplett vom Computer ausspucken läßt – körperloser, charmefreier, wertloser Pixelquark.
Dabei stemmt sich Bond in Die Another Day ansonsten durchaus gegen den Strom, Action immer virtueller, technisierter, leibferner zu machen. (Wer übrigens sehen will, wie sowas durchaus auch funktionieren kann, muss nach Hong Kong schauen, wo gelingt, was das amerikanische Action-Kino nicht hinbekommen will: CGI
zum kreativen Werkzeug mit einer stimmigen Ästhetik zu machen.) Die Explosionen kommen nicht zu knapp, aber 007 darf viel öfter echten Körpereinsatz zeigen; der Kampf Mann gegen Mann kommt hier wie lange nicht zu seinem Recht. Höhepunkt ist ein Klingenkampf, der mit viel Schweiß, ein bisschen Blut aber ohne Tränen kreuz und quer durch einen Londoner Club ausgefochten wird, voller Härte und Wut und jenem schmackigen Wumms, der all dem Digitalzauber so schmerzlich abgeht.
Dass Bond
sich wieder mehr auf seinen Körper als Waffe besinnt, mag auch damit zusammenhängen, dass Hightech inzwischen zum allgegenwärtigen, stinknormalen Konsumgut geworden ist. Jedes heutige Handy wäre in Goldfinger noch als bestaunenswerte Wundermaschine aus hochgeheimen Regierungslabors durchgegangen.
Um mehr zu bieten als Consumer Electronics, muss Die Another
Day schon zur puren Science-Fantasy greifen: Bond bekommt ein alberiches, unsichtbares Tarnkappen-Auto zu fahren.
Manche Kapitel von Bonds Heiliger Schrift zeigen sich jedoch wacker resistent gegen alle Veralterungsgefahren:
Die mythischen Mächte des Guten kommen nicht aus ohne einen Adversarius, ohne einen, der das Prinzip des Bösen verkörpert. Es ist eine alte Binsenweisheit, dass ein Bond-Film immer nur so gut ist wie sein Schurke. Und da hat es Die Another Day ziemlich gut getroffen. Toby Stevens als Gustav Graves ist Bonds Ebenbild in einem dunklen Spiegel:
Englische Upper-Class-Gebaren mit teurem Geschmack und erstklassiger athletischer Ausbildung – seinen Auftritt mittels Fallschirm mit Britischer Flagge hat er sogar direkt von Bond geborgt. Graves ist ein böser Prinz mit einem Eisschloss, der niemals schläft sondern sich seine Träume aus einer Maschine beschaffen muss. (Diese Traummaschine ist eine der vielen hübschen Ideen, die im Ansatz steckenbleiben – die Autoren legen die starke Tendenz an den Tag, lieber viele
Einfälle irgendwie in den Film zu packen als einen davon auch einmal richtig auszureizen.) Und Graves hat ein Geheimnis, das ein echter, postmoderner Trumpf ist gegenüber Bond, der immer ein ganz klassischer Vertreter festgefügter Körper- und Identitätsvorstellungen geblieben ist...
Was die Frauen angeht, die 007 diesmal zur Seite stehen respektive liegen, so schreibt der Film fort, was spätestens seit Pierce Brosnans Einstand zum Standard geworden ist: Die Promiskuität Bonds ist nicht mehr ganz so zügel- und wahllos wie einst, und die Frauenrollen werden an der Obefläche mit etwas mehr Selbstbestimmtheit und Kompetenz geschmückt.
Sowohl Jinx (Halle Berry) als auch Miss Frost (Rosamund Pike) – der Name verrät schon, dass sie zunächst weniger willig ist
als Bondgirls wie Pussy Galore, aber selbstverständlich taut Bond sie auf – sind selbst Agentinnen: Die CIA-Frau Jinx zu nicht minder spektakulären Stunts bereits als Bond (das Filmplakat montiert sie gleich parallell zu 007 mit der Pistole im Anschlag); die unterkühlte Dame in MI6-Diensten mit deutlich mehr Besonnenheit und Ratio als der hitzköpfige James.
Was alles nicht mehr ist als ein bisschen aufgeklärte Drapierung um die alte Mär vom »Knight in shining armor«,
vom Traumprinzen und der schwachen Maid. Am Ende muss Bond Jinx aus dem Eissarg retten und zu neuem Leben wachküssen – in Sachen Wiederauferstehungen ist der nur zu passend benamste Die Another Day geradezu inflationär. Und wenn es schließlich zum Fight zwischen den beiden Frauen kommt, muss selbstverständlich die spröde Miss Frost mittels (wer’s braucht: auch freudianisch deutbarem) Dolchstoß dran glauben und bekommt von Jinx ein ach so
geistreiches »Bitch!« ins Jenseits hinterhergerufen – nicht zuletzt deswegen peinlicher Tiefpunkt des Films, weil das mehr Lacher und Applaus bekommt als alle feingeschliffenen Gags.
Wenig scheinen Autoren und Darsteller diesmal in dieser Hinsicht allerdings mit dem unvermeidlichen Austausch von Zweideutigkeiten zwischen Bond und seinen Gespielinnen anzufangen wissen. Arg forciert wirkt die Suche nach noch und noch einem neuen Gesprächsstoff, der schlüpfrige
Doppelbedeutungen hergibt, und Brosnan und Berry vermeint man anzumerken, dass sie größte Probleme haben, beim Aufsagen dieser Dialoge ihren Ernst zu wahren.
Sein Traditionsbewusstsein trägt Die Another Day deutlicher zur Schau als je ein Bond-Film zuvor: Als Jubiläums-007-Abenteuer – das zwanzigste in der Reihe von Eon-Productions, der einzig »amtlichen« – zitiert er sich munter durch seine Vorgänger. Zumindest von den klassischen Bond-Streifen ist jeder vertreten, manche sogar mehrfach, und wenn ich nicht alle jüngeren 007-Filme wiedererkannt habe, dann liegt das wahrscheinlich eher daran, dass
von den meisten so wenig hängengeblieben ist im Gedächtnis, als dass tatsächlich keine Zitate präsent wären. Die Reverenzen sind mal eindeutig und knalloffensichtlich (Halle Berrys Kopie des legendären Bikiniauftritts von Ursula Andress in Dr. No; Halle Berry auf ähnliche Weise von einem Laser bedroht wie Sean Connery in Goldfinger – wobei sie freilich schlicht Angst um ihr Leben hat, während es dem Ur-Bond zunächst mal ans beste Stück gegangen wäre; Pierce Brosnans Schnüffeln an Lotte Lenyas Fußschweiß im Stilett-Schuh aus From Russia With Love); mal etwas versteckter (das in dieser Schuh-Szene im Hintergrund an der Wand hängende Krokodil aus Live And Let Die); mal spielerisch (die Dialogzeile »Diamonds
aren’t for everyone« als Verballhornung von Diamonds Are Forever); mal eher Parallellen denn Zitate (die ebenfalls an Diamonds Are Forever erinnernden Bösewicht-Pläne mit den diamantbesetzten Satteliten; Bonds Ausschluß von seinem geheimdienst wie in Licence To Kill); und ein paar sind rein für die Kenner: »Universal Exports« heißt eine Firma in Die Another Day – und unter diesem
Tarnnamen firmierten einst ganz zu Beginn der Bond-Reihe noch die Büros von MI6.
Bei so viel Verweisen keimt dann nicht selten der Verdacht, dass selbst Newcomerin Rosamund Pike als Miranda Frost nur deshalb besetzt wurde, weil sie eine so große Ähnlichkeit zu Daniela Bianci in From Russia With Love aufweist. Man beginnt mit der Zeit regelrecht, jedes Detail als potentiellen Code zu sehen, der sich zum Titel eines älteren Bond-Films entschlüsseln läßt –
das Geheimdienstgeschäft macht paranoid. Zumindest aber ist das Ganze ein amüsantes Suchspiel, das die Aufmerksamkeit auch in Sequenzen wach hält, die aus sich selbst nicht viel zu bieten haben.
Bei all dem bleibt schließlich EINE Neuerung, die dem Ritual doch wenigstens ein kleines Schnippchen schlagen kann: Auch den Erz-Körperheld Bond, der mit solchem Genuss im Hier und Jetzt der materiellen Welt lebt, der dem Handgreiflichen so zugetan ist, hat inzwischen das Zeitalter der virtuellen Realitäten erreicht. Und in der Simulation sind – es soll nicht zuviel verraten sein – ein paar Dinge möglich, die eigentlich herb gegen die heiligen Zehn Gebote eines Bond-Films verstossen...