USA 2010 · 85 min. · FSK: ab 18 Regie: John Carpenter Drehbuch: Michael Rasmussen, Shawn Rasmussen Kamera: Yaron Orbach Darsteller: Amber Heard, Mamie Gummer, Danielle Panabaker, Lyndsy Fonseca, Jared Harris u.a. |
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Völlig am Ende: Amber Heard |
Manche nennen ihn den »Fürst der Finsternis«. Mit Halloween – Die Nacht des Grauens wurde er 1978 wortwörtlich über Nacht berühmt, und auch im höheren Alter gilt er noch als »böse« und »radikal«. Bei 28 Filmen führte er Regie, darunter solche Klassiker des Horrorkinos wie Dark Star, The Fog und Die Klapperschlange. John Carpenter, Jahrgang 1948, gehört gemeinsam mit Wes Craven und George A. Romero zu den Ahnherren des »Mitternachtskinos«, jenes »New Hollywood«-Horrorfilms, mit dem seit Ende der 1960er-Jahre eine Generation junger Filmemacher ihre Verachtung fürs etablierte, aber auch ein bisschen abgestandene Horrorkino ausdrückte und die Genres neu erfand – im Geist von 1968 und der Kritik an Vietnamkrieg und Watergate.
Ein Hauch der Stimmung dieser wilden Jahre durchzieht auch The Ward, Carpenters ersten Film nach längerer Kino-Pause, in der er eine Fernsehhorrorserie drehte. Wieder einmal findet sich das Böse in Institutionen, in diesem Fall in einer Irrenanstalt. Ein junges Mädchen, die zarte Kristen (Amber Heard) wird in sie eingeliefert – denn sie hat ihr Gedächtnis verloren. Darum kann sie sich auch nicht an das erinnern, was sie angeblich getan haben soll: Sie hat ein Haus angezündet. Rückblicke schildern das Geschehen. Aber kann man ihnen trauen?
In der Nervenheilanstalt gerät die junge Frau sogleich in die Fänge von Dr. Stringer (Jared Harris), einem Arzt, der womöglich genau so irre ist, wie seine Patientinnen, an denen er neue, bislang unbekannte Heilungsmethoden ausprobiert. In der Klinik, das wird schnell klar, geht außerdem ein Mörder um. Ist er einer der Ärzte, oder ein Patient?
So bringt The Ward gleich mehrere Motive zusammen: Das Genre des Frauengefängnis-Films und das des Serienkiller-Films, hinzu kommen bekannte Figuren-Typen wie »der verrückte Wissenschaftler«, das »ängstliche junge Mädchen«, etc.
Was an diesem Film herausragend gelungen ist, sind Atmosphäre und seine Bildsprache: Obwohl in der ersten Viertelstunde kaum ein Wort gesprochen wird, erzählen die Bilder alles, was man wissen will. Später dann übertragen enge klaustrophobische Flure die bekemmende Stimmung der Anstalt auf den Zuschauer. Die Tatsache, dass der Film 1966 spielt, hilft zusätzlich, denn dies rechtfertigt dunkle braungraue Kulissen, altmodische Behandlungsmethoden und ein nostalgisches
Design der Kostüme und Möbel – der diskrete Charme des Konservatismus. Immer wieder bricht die Gewalt schockartig und unerwartet ein, und weil spitze und scharfe Werkzeuge, splitterndes Glas und Ähnliches eine wichtige Rolle spielen, massiert der Film fortwährend die Phantasie des Zuschauers. Zugleich ist die Brutalität dosiert – es geht hier um, das, was wir fühlen und denken, fürchten und uns vorstellen, nicht um Blutfontänen und Folterekel.
Trotz mancher
wohltuenden Nervenkitzel und Schauermomente sind das keine durchweg angenehmen Erfahrungen. Aber es sind genau solche Momente, wegen denen man in Horrorfilme geht. Hinzu kommt, dass die Hauptdarstellerin Amber Hard zwar eine hübsche junge Frau ist, die gelegentlich eher leicht bekleidet über die Leinwand läuft, sich darauf aber keinesfalls reduzieren lässt. Kristen ist eine starke Frauenfigur, ein Mensch, der sich mit Willenskraft gegen starke Widerstände
durchsetzt.
Mit anderen Worten: The Ward ist das gelungene Comeback eines Kultregisseurs!