GB/F/USA 2018 · 89 min. · FSK: ab 6 Regie: David Kerr Drehbuch: William Davies Kamera: Florian Hoffmeister Darsteller: Rowan Atkinson, Emma Thompson, Olga Kurylenko, Jake Lacy, Miranda Hennessy u.a. |
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Krämerladen gegen Supermarkt |
Sieht man sich die Post-Brexit-Filmwelt Englands an, kann man tatsächlich das Fürchten vor der Zukunft Europas kriegen. Denn so richtig schwarzhumorig, wie wir es sonst aus England kennen, mochte sich bislang niemand zu diesem tragikomischen Dauerbrenner äußern. Deshalb waren die Erwartungshaltungen vor dem inzwischen dritten Relaunch des Superblödels im Dienste seiner Majestät – Johnny English – Man lebt nur dreimal – auch besonders hoch. Wer anders als Rowan Mr. Bean Atkinson könnte die Dilemmata der gegenwärtigen englischen Krise besser durch den Schmutz ziehen, und zwar als Johnny English, der in den ersten beiden Geheimagent-Verulkungs-Nummern (Johnny English – Der Spion, der es versiebte, 2003, und Johnny English – Jetzt erst recht, 2011) den Slapstick in den Vordergrund stellte, aber durchaus auch politische Seitenhiebe auszuteilen verstand.
Die schlechte Nachricht: So sehr sich Atkinson und sein tolles Team um Ben Miller, Olga Kurylenko, Emma Thompson und Jake Lacy auch ins Zeug legen und das Geheimagenten-Genre durch den Kakao zu ziehen, es wird doch allzu deutlich, dass die großen Zeiten dafür aus und vorbei sind, weil selbst eine Spaßbremse wie Ethan Hunt (Mission: Impossible) inzwischen selbstironische und humorvolle Anteile zu platzieren versteht und Geheimagentenfilme an sich zunehmend einem filmischen Supermarkt gleichen, in dem es inzwischen fast alles zu kaufen gibt.
Um als Krämerladen wenigstens in Ansätzen gegen diese Übermacht zu bestehen, glänzt in Johnny English Strikes Again alles mehr als jemals zuvor, ist vom guten alten Trash so gut wie nichts mehr vorhanden: stattdessen sind die Tricksequenzen exquisit, treten die Slapstickmomente deutlich in den Hintergrund und bedienen tatsächlich eine mehr oder weniger durchkomponierte Story – eine deutliche Revision im Vergleich zu den ersten beiden Teilen, in denen Plot eher bedeutete, kleine Brücken zwischen den Kalauern zu bauen, um irgendwann dann auch so etwas wie ein Ende zu signalisieren. Durch diesen äußerst sparsamen Umgang mit dem für Atkinson typischen »Körperhumor« fällt allerdings die Quote von wirklich guten Slapstick-Momenten dramatisch, gibt es eigentlich nur eineinhalb Szenen, die einen Tränen lachen lassen (der Tod der alten Geheimagenten & das Abfackeln des Restaurants).
Stattdessen – und das ist die gute Nachricht – fokussiert Drehbuchautor William Davies anders als in den von ihm ebenfalls geschriebenen ersten beiden Teilen auf eine einigermaßen intelligente und wie schon erwähnt: stringent durchkomponierte Geschichte, die sich der Diskrepanz zwischen analoger und digitaler Welt, Vergangenheit und Gegenwart, Johnny English und Cyberkriminalität annimmt und sich auf die finale Erkenntnis einpegelt, dass der moderne Agent nur noch mit analogen Methoden überleben kann, vor allem wenn er Johnny Englisch heißt.
Mit im Boot ist dieses Mal nicht das Königshaus, dafür aber die englische Premierministerin, die offensichtlich Theresa May darstellen soll und von Emma Thompson dann doch ein wenig zu stereotyp angelegt ist, als dass man wirklich darüber lachen könnte.
Doch erstaunlicherweise ist hinter dieser ein wenig lieblos skizzierten Rolle die eigentliche Tragik unserer politischen Gegenwart verborgen. Denn Theresa May und Johnny Englisch zusammenzuführen, ohne das Thema »Brexit« auch nur anzudeuten, geschweige denn es genüsslich zu teeren und zu federn, kann nur eins bedeuten: das politische Fallbeil ist längst gefallen – der ungeordnete Rückzug aus der EU längst abgemacht, wozu dann noch Witze drüber schreiben? Tote – lachen nicht.