USA 1999 · 101 min. · FSK: ab 6 Regie: Gary Sinyor Drehbuch: Steve Cohen Kamera: Simon Archer Darsteller: Chris O´Donnell, Renée Zellweger, Peter Ustinov, Mariah Carey u.a. |
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Und wieder waren sie die absoluten Vorreiter. Ein paar Monate ist es erst her, da freute sich der findige amerikanische Couch potato, dass der findige amerikanische TV-Macher mal wieder eine einzigartige und vollkommen neue Idee hatte. Eine von jenen, die hierzulande eigentlich nur mit dem Schaffen John de Mols und seiner kleinen niederländischen Ideenwurstfabrik zu vergleichen ist. Ein paar heiratswütige Frauen durften einen Abend lang das Publikum vor der Mattscheibe ergötzen, Spielchen spielen, und am Ende der Show winkte als Hauptgewinn die Trauung mit einem Multimillionär (oder Milliardär oder Trilliardär oder Dagobert Duck himself). Braut und Bräutigam kannten sich vorher nicht, die letzten Moralapostel machten wahrscheinlich kurzen Protest, denn jeder halbwegs gebildete Kritiker der modernen Massenmedien kommt irgendwann auf die wirklich existentiellen Fragen (»Kann man einen anderen überhaupt kennen?« / »Wer ist eigentlich der Andere?« usw.). Drei Stunden grübeln mit drei Flaschen billigen Rotwein und am Ende der Nacht, nach den letzten zu starken französischen Zigaretten, wird die Philosophie an den Nagel gehängt oder aus dem Fenster gesprungen, angesichts des Grauens dieser Welt. Wie auch immer. Wo das Fernsehen ist, da ist der Film nicht weit, Konzeptverwurstung nennt man das dann und lustig wirds auch noch.
Zuerst einmal haben wir in Der Junggeselle einen Menschen mit ausgeprägter Phobie gegen den Hochzeitsmarsch. Nach Julia Roberts hat es jetzt auch Chris O´Donnell erwischt. Scheint eine Epidemie zu werden. Der arme Jimmie Shannon kriegt es einfach nicht hin. Er ist mit der perfekten Frau zusammen, die Anne heißt, ihn liebt und von ihm geliebt wird. Nur leider denkt der arme Kerl er sei ein Gaul (kein Witz – in Amerika heißt das dann Mustang und soll so was wie Freiheit signalisieren). Die Pferde (Pferd auch, weil Jimmie ist so ein Typ, mit dem man Pferde stehlen kann...) weilen akustisch zu Hause im Schrank, da, wo auch die Photos der Ex-Freundinnen lagern. Und die braucht der Junggeselle ziemlich bald ziemlich dringend. Sein Großvater stirbt und der junge Mann kriegt die 100 Millionen Dollar Erbe nur, wenn er bis zu seinem 30. Geburtstag verheiratet ist. Und das ist dann Morgen. Brautjagd also. Zugzwang. Und den Antrag für Anne hat Jimmie bereits dermaßen in den Sand gesetzt, dass er sich Alternativen ausdenken muß (eben jene Verflossenen). Ein paar reaktionäre Männer- und Frauenbilder weiter und nachdem erst mal alles schief gegangen ist bekommen sie sich am Ende doch, das kennt man ja.
Nun zum moralischen, also anachronistischen Teil. Wo wir wieder beim Fernsehen wären, der Show mit den Bräuten, die sich trauen, trauen wollen. Geld statt Liebe also. Das gibt es auch im Film. Als die Deadline immer näher rückt beschließt der findige beste Freund Jimmies einfach eine Kontaktanzeige aufzugeben. Die Presse bläst das ganze dann ziemlich auf und das Antlitz des Junggesellen findet sich auf der ersten Seite aller Gazetten wieder. Bildüberschrift: »Würden sie diesen Mann für 100.000.000 Dollar heiraten?«. Es kommt wie es kommen muß. Am nächsten Tag ist die gebuchte Kirche voll mit weißen und schwarzen Bräuten, die alle gierig sind. Die pubertären Träume des Kinos von der unendlichen Verfügbarkeit von Frauen. Als Moralist fragt man sich dann natürlich. Was ist mit den Frauen los? Was ist mit den Menschen los? Würden die für Geld wirklich alles machen? So ein toller Typ ist der Chris O´Donnell ja auch wieder nicht...
Und überhaupt. Mister Nice Guy selbst. Seine lustige Art auf der Suche nach einer Frau, die Taktik, einfach jede zu fragen, will uns der Film gekonnt schmackhaft machen. Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel, weil Jimmies Firma nur mit dem Erbe des Großvaters gerettet werden kann. Also geht es dem Burschen doch um Etwas anderes? Nicht ums Geld? Ich als Moralist würde sagen: Blödsinn! Wo sind sie denn, die armen Familienväter, deren letzte Hoffnung ist, dass Jimmie endlich unter die Haube kommt?
Na gut, man könnte einwenden, Kapitalismus ist cool. Aber wieso setzt der Regisseur Gary Sinyor vier Leute auf eine Bank, die offensichtlich auf einer Polizeiwache steht, und legt ausgerechnet dem einen Schwarzen, der zugegen ist, Handschellen an? Wieso macht er das? Niemand will ihm hier Rassismus vorwerfen... Aber die Szene hinterläßt, wenn man aufmerksam zuschaut, doch ein ungutes Gefühl. Da gab es schon in House on Haunted Hill so eine Sache. Der Hausherr verteilt Waffen und die weiße Hand sagt »Igitt!« als sie den Revolver hält und gibt ihn einer schwarzen Hand, die sich natürlich gleich damit auskennen muß. Kleine Gesten, die vielleicht nicht wichtig sind und gerade deshalb könnte man gut auf sie verzichten.
In Bezug auf Der Junggeselle sticht das besonders ins Auge, weil der Film sonst eine reine Bildsprache propagiert, die eindimensionaler nicht sein könnte. 1:1-Übersetzungen. Wenn Anne in der Achterbahn das Wort »Zukunft« verwendet und Jimmie, der Heirat assoziiert, sich gar nicht gut dabei fühlt, dann geht die Fahrt in dem Augenblick natürlich abwärts. Visuelle Umsetzungen von Stimmungen die Hitchkock schon vor 50 Jahren als zu platt verworfen hat. Klar, zu einem großen Teil zieht der Film auch seinen Witz aus solchem Klamauk. Aber die Linie, die Grenze zu dem Moment, in dem man einfach nicht mehr lachen kann, ist ziemlich schmal.