Deutschland 1996 · 94 min. · FSK: ab 16 Regie: Ralf Huettner Drehbuch: Andy T. Hoetzel, Ralf Huettner, Dominic Raacke Kamera: Diethard Prengel Darsteller: Gruschenka Stevens, Sophie Roys, FLATZ, Dominic Raacke u.a. |
»Sie sind jung. Sie sehen gut aus. Und sie lieben die Gefahr.«
Vorsicht. Bloß nicht drauf 'reinfallen.
Diese Behauptung des Untertitels zu Ralf Huettners Erotikthriller ist zwar inhaltlich nicht direkt gelogen, doch erweckt völlig falsche Assoziationen, besonders, wenn man hört, daß der Soundtrack von Sven Väth und B-Zet stammt. Der Verweis in der Pressemitteilung auf die angebliche Ähnlichkeit mit Katja v. Garniers Abgeschminkt grenzt jedoch beinah an Blasphemie – Ich bin zwar kein ausgesprochener Fan ihres Films, doch daß diese beiden Filme thematisch überhaupt nichts gemeinsam haben, dürfte spätestens nach dem Trailer (der geschickterweise mal wieder den ganzen Film vorwegnimmt) klar sein. Man muß sich echt fragen, ob diese Presseinformation aus Dreistigkeit solch medienwirksame Behauptungen aufstellt und Trittbrettfahrermethoden benutzt, oder ob die Pressebetreuer den Film vielleicht schlicht und einfach nicht gesehen haben?
Ein gravierender Unterschied ist nämlich allein schon der Ausgangspunkt, wie uns die Charaktere vorgestellt werden: Während man in Abgeschminkt Katja Riemann und Nina Kronjäger als junge Münchnerinnen in ihrer privaten Umgebung kennenlernt, werden uns Gruschenka Stevens (Conny) und Sophie Rois (Bibi) von vorneherein als Telefonsexmiezen präsentiert, von denen man eher zufällig erfährt, was die beiden in ihrer Freizeit so treiben. (Und wirklich auch nur, was sie treiben, denn alles, was einen richtigen dreidimensionalen Charakter aufbauen könnte ist in diesem Film ja erzähltechnisch völlig irrelevant.) Vor allem, daß nach Huettners Vorstellung die Körper, die zu den stöhnenden Stimmen gehören, unglaublich sexy sein sollen, auch privat nur in verführerischen Mini(malst)-Outfits stecken und sich bei der Arbeit auch noch bei schummriger Beleuchtung in Couchnischen räkeln, ist wohl etwas weit hergeholt. Erinnert man sich an Robert Altmans Darstellung dieser Tätigkeit (bügelnde oder Baby-fütternde Hausfrau), so wirkte diese in ihrer absurden Banalität um einiges glaubwürdiger. Auch die Tatsache, daß Conny und Bibi ihr Essen scheinbar nicht normal zu sich nehmen, sondern auch privat nur lüstern lutschen können ist ziemlich lächerlich. Dieser Aspekt entlarvt nicht nur die Bezeichnung »Female Thriller« als glatte Unverschämtheit, sondern läßt einen unwillkürlich zustimmen, als Notarzt Gregor seiner Freundin bei Entdeckung ihres Zweitjobs vorwirft: »Ich glaube, du stehst auf sowas.«
Diese Feststellung wäre eigentlich ein interessanter Ansatzpunkt für eine psychologisch-spannende Darstellung der Mischung zwischen Reiz und Ekel, die Conny bei ihrem Job empfindet. Auch die mörderischen Körper-Kunst-Happenings, die der von FLATZ gespielte »Kalte Finger« veranstaltet, hätten einen wunderbaren Stoff geboten, um die Gratwanderung zwischen ästhetisch-wollüstiger Faszination und dem Umkippen ins Psychopathische zu verfolgen. Doch leider kommen diese Szenen op tisch vieeel zu kurz, und der so großartig angekündigte FLATZ ist überhaupt kaum zu sehen. Doch dessen selbstentworfene lebendige Motorrad»skulptur« im oberpeinlichen Showdown nimmt einem sowieso die Lust, mehr davon in seiner nächsten Ausstellung ertragen zu müssen.
Schade eigentlich, denn ein in solch billigem Milieu angesiedelter Erotikthriller muß ja nicht automatisch schlecht sein – zumal die Idee mit dem Bodypainting, der mystisch anmutende Titel und die sphärischen Bilder vom nächtlichen Berlin mit der passenden Musik schon ein guter Ansatz für Spannung und Dichte hätten sein können. Hätte man nur rechtzeitig dem Regisseur das Handwerk gelegt...