USA 2013 · 101 min. · FSK: ab 6 Regie: Dennis Dugan Drehbuch: Fred Wolf, Adam Sandler, Tim Herlihy Kamera: Theo van de Sande Darsteller: Adam Sandler, Kevin James, Chris Rock, Salma Hayek, David Spade u.a. |
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Scheiße einkaufen und Scheiße bekämpfen |
Humor ist wie Essen ist wie Sex, nicht jeder mag das Gleiche. Umso mehr gilt das für Filmkomödien. Mag der eine die fast zwanghafte, seicht-blöde deutsche Variante, die sich auch in interessante, untergründige Filme wie 3 Zimmer/Küche/Bad notorisch einschleicht, ist dem anderen die radikale, kaum mehr kompatible amerikanische Variante lieber, die – parallel zum gegenwärtigen Untergang großer amerikanischer Gesellschaftsmythen – von Höhepunkt zu Höhepunkt eilt. Angefangen bei dem völlig irren und weit unterschätzten Farrelly-Spass Die Stooges – Drei Vollpfosten drehen ab über den anarchistischen, alle politische Korrektheit niederreißenden Der Chaos-Dad bis zu Grown Ups 2 (deutsch: Kindsköpfe 2).
Hatte das Team um Regisseur Dennis Dugan – allen voran Hauptdarsteller und Drehbuchverantwortlicher Adam Sandler – im ersten Teil von Kindsköpfe noch einen zumindest nahezu nahtlosen Handlungsbogen entworfen, der nicht nur vom Erwachsenwerden – oder besser: Kindbleiben auch mit Anfang 40 erzählt, sondern außerdem das Übel digitaler Kindheiten heutiger Heranwachsender thematisierte, geben sich Sandler und Co. im zweiten Teil diese Mühe nicht mehr. Auch der Spagat neben dem Standup-Comedian-Irrsinn über die Inkludierung tatsächlicher Kinder einen dann doch familienfreundlichen und immer wieder zu seichten und langweiligen Box Office Hit zu landen (was mit dem ersten Teil trotz niederschmetternder Kritiken spielend gelang) wird im zweiten Teil erst gar nicht bemüht; inzwischen sind selbst die Kinder älter und in die fäkalen- und sexistischen Pupsniederungen fast völlig hineinsozialisiert, auch wenn ein Rest von Pietät noch mitschwingt und die radikal besessenen Klamauk- und Slapstick-Elemente nicht ganz so stark strapaziert werden wie in Der Chaos-Dad und Drei Vollpfosten.
Aber weil Dugan, Sandler und Freunde wirklich alles an Humor, Gesellschaftskritik und Mainstream-Abscheu mit ins Boot nehmen und gleichzeitig den erzählerischen Kern völlig entschlacken, erschaffen sie einen fast surrealistischen, hochmodernen, episodischen Film, der zwar in Ansätzen an die kurzen Slapstick-Sequenzen aus der Stummfilmzeit (erstmals wiederbelebt etwa in den 1970er durch TV-Formate wie Männer Ohne Nerven) und die narrativen Elemente des Pornofilms erinnert, aber dann doch weit darüber hinaus reicht. Sich fast zu einem Orkan des Sinnlosen aufbläht, der über die Doppelmoral des gegenwärtigen Amerika hinwegfegt wie eine Teufelaustreibung und nicht mehr viel übrig lässt. Selbst vor dem Allerheiligsten, der Wiege jeder Gesellschaft, dem noch Ungeborenen wird nicht halt gemacht, sondern in einem zynisch/zärtlichen Schlussmoment beschieden, doch bitte für Sandlers Schwanz Platz zu machen und weiter nach oben zu rücken.
Wie die jüngsten Einspielergebnisse zeigen, ist Amerika seiner in dystopischen Welten aufräumenden Superhelden müde, erinnern diese Welten inzwischen doch nur allzusehr an die eigene Realität und sind wie in Kriegszeiten die eskapistischer Alternativen im Aufwind. Eine davon dürfte Kindsköpfe 2 sein. Und warum auch nicht? Könnte ein derartiger von überzeugten Antihelden geführter humoristischer Kehrbesen allemal zur Gesundung einer ganzen Nation beitragen und neues Glück bescheren, ganz im Sinn von Brecht, denn: „Unglücklich das Land, das Helden nötig hat.“