Neuseeland/USA 2005 · 187 min. · FSK: ab 12 Regie: Peter Jackson Drehbuch: Peter Jackson, Fran Walsh, Philippa Boyens Kamera: Andrew Lesnie Darsteller: Naomi Watts, Jack Black, Adrien Brody, Andy Serkis, Jamie Bell u.a. |
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Wiederauferstehung des großen Affen |
Es gibt in der mittelalterlichen Musik das Phänomen des Tropus: Eine liturgische Melodie wird quasi als Gerüst genommen, aber zwischen ihre Noten (und ihren Text) werden ausufernde Melismen geschoben, ihre Töne (und Worte) umspielt, ausgeschmückt, gedehnt. Peter Jacksons Version von King Kong ist genau das: Weniger ein Remake als eine Tropierung des Originals von 1933. Der heilige Text bleibt intakt, aber seine Kraft und Herrlichkeit soll verdeutlicht und vergrößert werden, indem jeder Moment ausgewalzt, ausgekostet, ausstaffiert wird mit Schmuck und Verzierung.
Als Neunjähriger, so ist zu erfahren, hat Jackson den 1933er King Kong zum ersten Mal gesehen und war (zu Recht) restlos begeistert, mit 13 hat er erste Amateur-Versuche eines Remakes unternommen. Es hat dann doch etwas länger gedauert, bis er sich seinen Traum verwirklichen konnte, aber dafür standen ihm jetzt finanziell und technisch ungeheure Mittel zur Verfügung.
Jacksons King Kong ist ein Versuch unter Aufbietung dieser Mittel all die Bilder, Ideen, Gefühle, die das Original im Kopf eines Neunjährigen losgetreten hat, auf die Leinwand zu bringen.
Der Film ist, man spürt das, eine labor of love, und das unterscheidet ihn auch durchaus wohltuend von einem Großteil des heutigen Blockbuster-Kinos. Aber er ist eben auch das Resultat einer Art religiösen Verehrung: Jackson wäre vermutlich selbst der Erste, der das Original für im Grunde unübertreffbar ansieht; am Schluss des Abspanns zieht er auch noch einmal explizit und tief den Hut vor dessen Machern. Sein King Kong ist ein bisschen wie Mel Gibsons The Passion of the Christ (freilich auf menschlich und filmhandwerklich ganz ungleich sympathischerem Level) – der originale King Kong war für Jackson ein cineastisches Damaskus, ein Erweckungserlebnis, das ihn für immer zum Kino-Gläubigen gemacht hat. Und so wie dem
christlichen Fundamentalisten die Bibel selbst letztlich nie wirklich genug ist, weil sie den Außenstehenden vermeintlich nie groß und brennend genug nahebringt, was sie in seiner Seele alles auslöst, so kann Jackson auch nicht genug davon bekommen, einen mit zelotischem Eifer damit zu überschütten, was er im Evangelium nach Schoedsack & Cooper alles sieht.
Deshalb muss ihm alles dreimal so lang, dreimal so groß, dreimal so viel sein wie im alten King Kong, deshalb aber will er sich bei all dieser Multiplizierungsarbeit zugleich nie lösen von dem Original, heilig, heilig, will er all dessen Szenen (und sogar dessen Dialoge) beibehalten.
Das ist eine grundsätzlich andere Herangehensweise als die des von Dino De Laurentiis produzierten King Kong-Remakes aus dem Jahr 1976 (Regie: John Guillermin). Das hatte in doppelter Hinsicht wenig Probleme mit übertriebenen Respekt vor der Vorlage: Der Mogul DeLaurentiis, der immer an das Credo »Größer ist besser« geglaubt hat, schien mit der Borniertheit eines echten Showman nie Zweifel daran zu hegen, dass seine Variante der von 1933 in jeder Hinsicht überlegen sein würde. Und Drehbuchautor Lorenzo Semple Jr. – einst maßgeblich mitverantwortlich für die legendäre »Batman«-Fernsehserie, einen Gipfelpunkt des camp – machte sich einen (stellenweise gehörigen) Spaß daraus, die Fabel vom Riesenaffen und der weißen Maid an die 1970er anzupassen und en passant zum Zeitkommentar werden zu lassen.
Damit blieb der Film dem Geist des Originals verpflichtet, das grade auch deswegen revolutioniär war, weil es ein Monster aus einer Mythenwelt ins damalige Hier und Heute verfrachtete. Peter Jackson hingegen hält Treue zum Dekor des Vorbilds: Er belässt seinen King Kong im New York Anfang der 1930er Jahre, macht sein Werk zum Historien- und Kostümfilm.
Zunächst sieht es so aus, als wolle er dabei vor allem all das an politischem, ökonomischen Zeithintergrund mit aufs Tapet bringen, was Schoedsack & Coopers Filmfantasie ziemlich außen vor ließ: Der Anfang des Films breitet ein Panorama von New York in den Klauen der tiefsten Depression aus. Und das Angebot ist offensichtlich, das alles auch zu lesen als Schilderung einer keineswegs historisch fernen USA, die sich bedroht und bedrängt fühlt, die vom Kern heraus fault und um so vehementer bereit ist, den bösen Adlerblick auf alle vermeintlichen Feinde von außen, alles Fremde, Andere zu richten.
Aber das bleibt bei Jackson nur eine kurze Station, wie vieles in diesem King Kong. Nachdem der Hintergrund einmal entworfen ist, widmet er sich ausführlich und liebevoll der Zeichnung der Figuren. Und diese erste Stunde, bevor zur Abenteuerfahrt auf die geheimnisvolle Insel aufgebrochen wird, ist in Wirklichkeit die schönste Stunde des Films; hier zeigt Jackson zum ersten Mal seit Heavenly Creatures wieder Interesse an Menschen, hier findet er wieder das Herz und die naive Kino-Kraft, die insgeheim schon seine wunderbaren frühen Splatter-Orgien ausgezeichnet haben und die ihm bei diesem ganzen riesenhaft hohlen Lord Of The Rings-Gedöns abhanden gekommen schienen.
Aber noch aus einem anderen Grund hat Jackson nicht lange Geduld für das Elend der frühen 1930er: Viel mehr fasziniert ihn eigentlich dessen paradoxe Kehrseite – der Aufbruchsgeist jener Zeit, die proto-totalitären Visionen von einer Stadt und einer Gesellschaft der Zukunft, die solche Bauten wie das Empire State und das Chrysler Building erst möglich gemacht haben. Die Bewohner der improvisierten, favelaartigen Hüttenquartiere im Central Park verschwinden bald im Dunkel, man sieht nur noch die Menschen im Licht des Broadway, der Wolkenkratzerbeleuchtungen, der Suchscheinwerfer.
Es ist eine Gründerzeit; eine Ära, die beherrscht scheint von jungen, gutaussehenden Abenteurern und Selfmademen, die alle Entdecker, Erfinder, Flieger, Wirtschaftsmagnate, Frauenhelden und Filmemacher zugleich sind. Auch Merian Cooper und Ernest Schoedsack gehörten dazu, im Charakter des Carl Denham in ihrem Film steckt auch ein Gutteil an Selbstporträt. Auch sie hatte es nur über Umwege zum Kino verschlagen; die Wurzeln ihres King Kong reichen noch bis in die Gründerzeit des Kinos, zu den Expeditions-Filmen der Lumière- und Edison-Gesellschaften.
Peter Jackson hatte schon immer einen Faible für solche Filmpioniere – am allerschönsten hat er diese Begeisterung und sein Wissen über frühes Kino in der Mockumentary Forgotten Silver ausgebreitet. Sein Carl Denham ist etwas stärker am jugen Orson Welles angelehnt als an den Machern des Ur-King Kong. Aber generell geht es nicht um eine Hommage an konkrete Personen, es geht um einen Typus: Die naiven Genies, genialen Naiven des Kinos. Die Showmen und Tüftler, die Filmemachen als Abenteuer und Spielplatz begriffen und sich das Medium erobert haben wie einen dunklen, wundersamen Kontinent.
Bis Heavenly Creatures sah es auch mal so aus, als könne man Jackson zumindest zu den würdigen Nachfahren dieser Leute zählen. (Einen kleinen, augenzwinkernden Verweis auf seine eigenen Pioniertage hat Jackson bei King Kong mit an Bord geschmuggelt – wenn ich nicht ganz falsch geguckt habe, dann steht im Laderaum des Expeditionsschiffs ein Käfig für den Rattenaffen aus Brain Dead...) Aber inzwischen darf man daran ernste Zweifel haben – zu sehr wird in letzter Zeit offensichtlich, dass Jackson, der sich selbst als eine Art Hobbit bezeichnet (jene Wesen, die am liebsten nur daheim im kleinen Dorf hocken und Pfeife rauchen), dass also Jackson sich zu wenig für die Welt draußen interessiert hat und sich in ein Universum aus Fantasyliteratur und Filmkosmen zurückzieht, das, zunehmend volldigital, immer weniger zu tun hat mit menschlichen Belangen. King Kong ist da zumindest streckenweise wieder ein Schritt in eine interessantere Richtung.
In einem Aspekt allerdings geht Jackson mit seiner zur Schau gestellten Begeisterung für die vermeintlich pauschale Naivität seiner Vorlage zu sorglos zu weit, zu leichtfertig d’accord – und treibt durch seinen Wunsch, alles, was im Original angedeutet war, ins Extrem aufzublasen, auch jede entschuldbare Unschuldigkeit aus, gerät in wirklich abscheuliches Territorium: Die Eingeborenen auf King Kongs Insel wurden in dem 1933er Film so dargestellt, wie man es im
westlichen Mainstream eben gewohnt war – Fantasie-'Primitive', bürgerlichen Ethnologie-Träumen entsprungen, irgendwo zwischen dem Ideal des »Noblen Wilden« und den Angstbildern von halbtierischen Kannibalen.
Bei Jackson bleiben davon nur die rabiatesten, bösartigsten Zerrbilder dieser Angstvorstellungen übrig, die man seit Jahrzehnten gesehen hat. Selbst Umberto Lenzis »Jungfrauen unter Kannibalen«-Machwerke aus den ‘70ern sind da im Vergleich noch
Musterbeispiele an Differenziertheit und Humanität – man muss schon bis zu den schlimmsten »Stürmer«-Karrikaturen zurückgehen, um Darstellungen zu finden, die Leuten aus einem anderen, vermeintlich »primitiven« Kulturkreis derart restlos jeden Funken von Menschlichkeit absprechen, sie so fratzenhaft als wilde, rein triebgesteuerte, blutdürstige Tiere zeigen.
Mindestens ebenso verstörend ist dabei, welche (End-)Lösung der Film für die Bedrohung durch diese Eingeborenen findet: Die amerikanische Schiffsbesatzung stürmt ihr Dorf mit MGs, ballert wahllos herum. Und auch wenn man nicht sieht, wie die Kugeln die Eingeborenen treffen, so sind diese danach dennoch komplett aus dem Film verschwunden – und welchen Schluss soll, kann man daraus ziehen außer dem, dass hier mal eben ganz beiläufig ein kleiner Genozid am Rande stattgefunden hat, und dieser von den Machern des Films moralisch-emotional voll als berechtigt gedeckt wird.
(Selbstverständlich gibt es in dem Film auch einen netten, »domestizierten« Schwarzen, einen Schiffskoch, der aber nur zwei Funktionen hat: Als Alibi herzuhalten gegen Vorwürfe des Rassismus, und als Futter zu dienen für das Gekreuch und Gefleuch der mysteriösen Insel.)
Und angesichts der unverkennbaren Ähnlichkeit, die schon in Lord Of The Rings die »subhumanen« Orcs mit schwarzen Stammeskriegern hatten, geht einem langsam die Geduld aus, immer nur an Zufall oder Blauäugigkeit Jacksons zu glauben – die ja ohnehin an den Bildern selbst nichts besser machen würden.
Der Hang zur Überzeichnung gereicht Jacksons King Kong aber nicht nur zum Nachteil, wenn er solch inhumane Blüten treibt. Wie schon anfangs gesagt: Jackson entwickelt einen geradezu fanatisch-religiösen Eifer, um einen von der ehrfurchteinflößenden Größe des Stoffs zu überzeugen; er ist wie ein Prediger, der die Freuden des Paradieses, die Schrecken der Hölle gar nicht breit und farbig genug schildern kann, der die Heilige Schrift über alles ehrt, aber deren eigener Kraft nicht viel zutraut.
Drei Stunden dauert sein King Kong, wenn bei ihm der »Titelheld« zum erstenmal auftaucht, ist eine Minutenmarke erreicht, bei der das Original schon bald aus ist. Und das nicht, weil Jackson grundsätzlich mehr zu erzählen hätte – das in zwei Sätzen zusammenfassbare Plot-Gerippe, die Szenenfolge bleibt erhalten, nur ist alles viel ausführlicher, ausgeschmückter geschildert.
Das ist auch durchaus fruchtbar, wo es die Figuren des Films dreidimensionaler werden lässt, man ihnen als Menschen näher kommt und somit emotional stärker in ihr Schicksal investiert. Zur zweischneidigen Sache wird es, wo jede Actionsequenz zum viertelstündigen Drama werden muss, in dem kein Höhepunkt lange ungetoppt stehen bleiben darf, in dem immer noch und noch und noch eins draufgesetzt wird.
In seinen besten Momenten erreicht das die hysterische »Aus dem Regen in
die (Blut-)Traufe«-Qualität von Jacksons Meisterwerk Brain Dead; diesen Knackpunkt, wo eine solch absurde Kettenreaktion von Todesgefahren losschnurrt, dass Panik und Lachen, Gewalt und Slapstick nicht mehr voneinander zu unterscheiden sind.
Mit fortschreitender Laufzeit jedoch häufen sich auch die Momente, wo das ewige »Mehr, mehr, mehr!« schlicht ermüdend wird, wo das endlose Gebrüll von Sauriern und Riesenaffe nur noch zu einem einzigen ununterscheidbaren, ununterbrochenen Mega-»WRUAHHHHHHHHHHHH!!!!!!!!!!« verschwimmt, einem Hintergrundrauschen mit monsterhaftem Lärmpegel.
Dass einen das emotional irgendwann nicht mehr sonderlich erreicht, mag auch damit zusammenhängen, dass der fast ausschließliche Einsatz von Computergrafik zur Erzeugung der Spezialeffekte eine noch immer zu glatte, gewichtslose digitale Welt schafft, durch die die Menschen wie Fremdkörper stapfen.
Die Flucht der Expedition vor der Saurier-Stampede, der Kampf der Männer gegen die Rieseninsekten, Anns Achterbahnfahrt in den Klauen des Monstergorillas – das alles sieht genau nach dem aus, was es ist: Darsteller, die im leeren Raum vor Greenscreens rennen, retten, flüchten, gegen Luft kämpfen, an Kränen herumgewirbelt werden, um dann in eine Art bewegtes Ölgemälde einkopiert zu werden.
Die Welten berühren sich nicht, es fehlt das verbindende Element, das einst Rückpro und Riesenprothesen, wie technisch »unvollkommen« auch immer, lieferten.
Und so ausgereift inzwischen auch Fellshader, Hauttexturen, Lichtbrechungsalgorithmen sind – im Gieren nach möglichst schneller, spektakulärer Action lässt die Animation die Kolosse oft zu flink aufeinanderprallen, nimmt einem die Illusion, dass hinter diesen Monstern wirklich Masse stecken könne.
Das letzlich Fatale an den Computergrafik-Special Effects aber ist, dass sie immer nach dem Schein von Naturalismus heischen und versprechen, alles haarklein darstellbar zu machen.
Das Publikum 1933 war nicht wirklich naiver als das heutige, es war nur an andere Ästhetiken gewohnt. Auch damals gab es Kommentatoren (auch sie in der Minderzahl), die die Künstlichkeit der Spezialeffekte offensichtlich fand. Aber der Unterschied war: Der Ur-King Kong fühlte sich nie einem vermeintlichen Realismus verpflichtet – er hat sein Publikum zu einer willentlichen suspension of disbelief eingeladen. Die Kunst des genialen Animators Willis O’Brien wurde einst dem Zirkel amerikanischer Magier vorgeführt, und so sieht man seinen King Kong auch: Als wunderbares Zauberkunststück. Man vergisst nie, dass es nur ein
Trick ist, aber man lässt sich davon verführen.
Die Künstlichkeit des alten King Kong ist ein wesentlicher Teil seines Charmes. Wo immer hingegen Jacksons King Kong erkennbar künstlich wird, wirkt das wie ein Fehler im System, eine technische Unzulänglichkeit, die mit dem nächsten Software-Update ausgemerzt werden soll.
Die Computereffekte wollen alles möglichst mikroskopisch konkret machen, sie vertrauen nicht mehr darauf, dass man in den Köpfen des Publikums manchmal nur etwas anstossen muss, um viel lebendigere Fantasien auszulösen. Und das ist ein Grundproblem von Peter Jacksons King Kong: In seinem monsterhaften Auserzählungs-Enthusiasmus und Überwältigungswahn lässt er kaum noch Gedankenfreiheit, Platz zum Atmen.
Bei Jackson darf King Kong nicht mehr
das undurchschaubare Monster bleiben, sein Riesenaffe braucht ausführliche Psychologisierung. Er ist ein alter, verhärmter Griesgram, der schon viele Kämpfe hinter sich hat und es sich im Alleinsein grimmig-zufrieden eingerichtet hat – und dem dann die Begegnung mit Ann noch einmal die Hoffnung gibt auf Freude, Gemeinschaft, Schönheit im Leben. An sich funktioniert das auch, man baut durchaus eine emotionale Verbindung auf zu dieser Gestalt. Und die Szene, in der Ann, um
ihre Haut zu retten, ihm ihre Vaudeville-Slapsticknummer vorführt; wo er erst grausamer, gefühllos-amüsiersüchtiger Zuschauer ist und dann etwas lernt darüber, dass Schmerz immer nur für die anderen lustig ist, und dass auch sie ihn empfinden können – diese Szene gehört zweifelsohne zu den großen Momenten des Films.
Aber diese Psychologisierung macht King Kong zugleich auch kleiner – weil sie ihn auf ein Einzelschicksal mit konkreter Geschichte, konkreten Motiven
reduziert. Der originale King Kong wurde grade deswegen zu einer der kulturellen Ikonen des 20. Jahrhunderts, weil er eine Ausgeburt des Un- und Unterbewussten war, Projektion einer und Projektionsfläche für eine Gemengelage des Zeitgeists.
Und das ist der entscheidende Unterschied: Schoedsack & Coopers King Kong ist eine Bibel, Jacksons King Kong ist eine Bibelauslegung.
Auch Jackson mag sich freilich nicht festlegen auf eine Pauschal-Interpretation. Aber er ersetzt die offene, mythische Mehrdeutigkeit des Originals durch eine Vielfalt von Eindeutigkeiten:
Wirtschaftliche Depression, Durchrationalisierung der Welt, Suche nach Schönheit (was immer das sein mag), Verschwinden von Abenteuer und Träumen – das alles und noch einiges mehr hat er im Deutungs-Angebot, und zwar im Gegensatz zum Original ganz bewusst reingepackt und explizit gekennzeichnet, um wahrgenommen zu werden.
In seinem (man muss fast sagen: leider gelungenen) Bemühen, alles auf die Leinwand zu hieven, was er im Ur-King Kong gesehen, was dieser ihm bedeutet hat, hat er letzlich genau das Wesentliche aus seinem eigenen King Kong vertrieben: Die Fähigkeit, im Kopf des Betrachters viel mehr auszulösen, als konkret zu sehen ist. Es wird gewiss Neunjährige geben, die von Jacksons Werk ebenso restlos begeistert sind wir er einst von Schoedsack & Coopers Film – es steht aber zu bezweifeln, dass ihnen noch Raum für eigene Träume gelassen wurde.
Es ist die Qualität eines Traums, die den alten King Kong durchtränkt und die ihn zu so einem großartigen und selbst für heutiges Mainstream-Publikum noch immer ungemein wirkungsvollen Film macht. Bei Jackson hingegen ist alles ans Tageslicht gezerrt, ist ausgedeutet und festgezurrt.
Paradoxerweise hat ihn damit gerade seine enthusiastische Ehrfurcht vor der Vorlage dazu geführt, in seinem gigantischen Remake alles aufzubieten außer gerade dem, was eigentliche Ursache seine Begeisterung war.
So war es dann letztlich auch eine andere, viel bescheidenere, viel unernstere, viel weniger beachtete Hommage an King Kong und Willis O’Brien, den Schöpfer seiner Titelgestalt, die ungleich mehr dessem verspielten, traumartigen, traumhaften, mythischen Pionier-Geist gerecht wurde: Die paar wunderbaren Minuten, in denen Wallace & Gromit: The Curse of the Were-Rabbit vor dem alten Affen den Hut zog.