USA 1999 · 92 min. · FSK: ab 16 Regie: Rodman Flender Drehbuch: Terri Hughes, Ron Milbauer Kamera: Christopher Baffa Darsteller: Devon Sawa, Seth Green, Elden Ratliff, Jessica Alba u.a. |
»Idle hands are the Devil’s playground,« heißt eines jener puritanischen Sprichwörtern, mit denen die USA großgeworden sind: Wer seine Hände nicht stets geschäftig in den Dienst von Produktion und Fortschritt stellt, der bietet sie dem Teufel als Werkzeuge an. »Müßiggang ist aller Laster Anfang« wäre in etwa das (weniger drastische) deutsche Äquivalent.
Idle Hands nimmt den Satz wörtlich: Antons ganzes Leben besteht daraus, daß er – allein
oder mit seinen beiden Kumpels – vor dem Fernseher hockt und Gras raucht. Und siehe da – plötzlich findet er seine rechte Hand vom Teufel besessen, und bevor er überhaupt weiß, wie ihm geschieht, hat sie seine Eltern umgebracht und bald auch seine beiden Spezln.
Einer jener reaktionären Horrorfilme à la Halloween oder Friday the 13th also, wo Teenagern die Angst vor Sex, Drogen und dergleichen schlimmen, schlimmen Dingen mehr gelehrt werden soll?
Mitnichten und mitneffen und sowas von ganz im Gegenteil, daß es pfeift. Nichts macht dem Film mehr Spaß, als die (schein)heiligen Kühe aufrechter amerikanischer Moral zu schlachten
und durch den Fleischwolf zu drehen. Idle Hands liebt sein Trio nichtsnutziger Protagonisten (die beiden Freunde Antons kehren sehr bald als gutgelaunte Zombies zurück, weil sie keinen Bock auf den Himmel haben, wo die Musik nach Enya klingt), und er liebt ihren respektlosen Lebensstil: »And so the power of Marijuhana saves another otherwise dreadful day,« heißt’s am Ende.
In den USA war das das kommerzielle Todesurteil für den Film, der das Pech
hatte, kurz nach dem Highschool-Massaker in Littleton in die Kinos zu kommen. Da hatte man zero tolerance für solch ein Bild der amerikanischen Jugend, für slapstickhafte Metzeleien und erst recht für einen Streifen, der sich so genüßlich über die gerade als liebster Rettungsanker fungierende Theorie lustig machte, daß Film und Fernsehen an allem Übel schuld sind: Da greift die vom Teufel besessene Hand zur Fernbedienung und schaltet dauernd auf böse Horrorfilme um.
Dabei haben wir es doch schon fast mit einem kleinen cineastischen Weltwunder zu tun: Nämlich mit einer sauguten Teenager-Horror-Komödie.
Eigentlich hatte ich es für naturwissenschaftlich eindeutig erwiesen gehalten, daß es so etwas gar nicht geben kann. Und so hege ich auch stark die Vermutung, daß wir die Existenz von Idle Hands einer Anormalität im Raum-Zeit-Kontinuum zu verdanken haben. Das würde auch gleichzeitig erklären, warum der Film (auf
keineswegs störende Weise) so wirkt, als käme er mitten aus den ‘80ern – ein fröhlicher Genre-Zombie, der’s allen nochmal so richtig zeigen will.
Sein Lebenselixir: Tempo, Witz, Subversivität, und unter der pubertär scheinenden Oberfläche ein gehöriger Schuß sophistication. (Sowie Darsteller mit erstaunlich sicherem komödiantischem Gespür, inklusive »The Offspring« in einem Gastauftritt als Schülerband.) Bei seinen offensichtlichen Vorbildern
aus der letzten Dekade hat man selten Lacher und Schocks in solch gekonnt ausbalanciertem Verhältnis und solcher Dichte erleben dürfen.
Als kleiner, flotter, dreckiger, unprätentiöser Film ist Idle Hands damit auch ein herzlich willkommenes Gegengewicht zu der derzeit grassierenden, anderen Variante des wiederbelebten ‘80er-Jahre-Teenie-Horrors: Er schenkt sich gottseilobunddank die Holzhammer-Selbstreflexivität à la Kevin Williamson, und
dessen dröge, geschwätzige Bedeutungshuberei. Hier gibt’s keine Abziehbild-Teenies auf Selbstfindungstrips und der Suche nach ihrem produktiven Platz in der Gesellschaft wie in Scream 2 und The Faculty. Als Anton gerade anheben will, über sich hinauszuwachsen und damit loslegt, sein
autistisches, verschwendetes Leben anzuprangern – und man schon im Kinosessel versinken möchte, weil man sicher ist, daß der Film sich jetzt doch noch alles versaut –, da heißt’s sofort »Cut the Kevin Costner-Speeches!« und weiter geht’s mit dem anarchischen Treiben.
Voraussichtlich wird Idle Hands auch hierzulande sang- und klanglos untergehen. Da der deutsche Verleih mal wieder nur die tiefbeleidigten amerikanischen Kritiken und mageren Einspielergebnisse sieht, nicht aber deren Kontext, hat er Idle Hands ungerechterweise schon von vornherein fast aufgegeben und startet ihn bestenfalls halbherzig – allein der Titel Die Killerhand dürfte wohl in etwa den
selben Effekt erzielen, als hätte man gleich »Bitte gehen Sie nicht in diesen Film« auf die Plakate gedruckt.
Bis genug Leute gemerkt haben, wieviel Freude dieses kleine Juwel unerwarteterweise bereitet, wird es schon wieder aus den Kinos verschwunden sein. Aber ich wage jetzt einfach mal die Prognose, daß Idle Hands das Zeug dazu hat, einem kleinen, treuen Fankreis an’s Herz zu wachsen und dereinst vielleicht als Wiederentdeckung verspätet zu verdienten
Ehren zu gelangen.
Ich meine – wie könnte ein Film das nicht, in dem Vivica A.Fox die denkwürdigen Sätze spricht: »My work here is done. Now for the ritualistic sex... You're coming?«