Deutschland/USA/F 2017 · 109 min. · FSK: ab 6 Regie: Eugene Jarecki Drehbuch: Eugene Jarecki, Christopher St. John Kamera: Etienne Sauret, Tom Bergmann Schnitt: Simon Barker, Èlia Gasull Balada, Alex Bingham, Laura Israel |
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Save our souls! |
Elvis war ein Superstar. Ein begnadeter Sänger und Musiker. Der kommerziell erfolgreichste Solokünstler, den die Menschheit hervorgebracht hat.
Die USA waren einmal eine Supermacht. Militärisch, wirtschaftlich und kulturell. Mächtiger als jede andere Hegemonialmacht der Geschichte.
Das Versprechen, mit dem die USA Millionen Menschen aus der ganzen Welt angelockt hat, lautete: Wenn du hart arbeitest und alles gibst, wirst du auch alles bekommen. Egal, woher du kommst. Egal, wer deine Eltern waren. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten kann ein Tellerwäscher Millionär werden.
Elvis Aaron Presley hat diesen amerikanischen Traum verwirklicht, wie es nur wenigen gelungen ist. Er ist Millionär geworden und das Idol einer ganzen Generation. Obwohl er nur mit Mühe und Not die Schule geschafft hat. So legendär wie Elvis' rasante Karriere war auch sein Ende. Ein früher Tod mit 42 Jahren.
Eugene Jareckis Dokumentarfilm ist nicht nur ein musikalisches Road-Movie auf den Spuren des »King of Rock 'n' Roll«. Parallel zu den Stationen und Wendepunkten von Elvis' Leben unternimmt er einen Parforceritt durch die Geschichte der USA. Ihren Aufstieg und ihren Niedergang unter dem Präsidenten Donald Trump.
Auf den ersten Blick wirkt der Ansatz, diese beiden Geschichten miteinander zu verknüpfen, etwas weit hergeholt. Wie ein weiterer angestrengter Erklärungsversuch für das »Phänomen Trump«, für das es schon jede Menge Erklärungsversuche gibt. Die meistens mehr Ratlosigkeit hinterlassen als Klarheit.
Doch als Jarecki im Jahr 2016 in Elvis' Rolls-Royce durch die USA kurvte, orchestrierte Donald Trump gerade erst seinen schmutzigen Wahlkampf gegen Hillary Clinton. Fast alle dachten, der Immobilien-Tycoon und Reality-TV Star hätte sowieso keine Chance.
Zum Glück erklärt diese Doku nicht, wie man es sonst gewohnt und manchmal schon leid ist. Mit erhobenem Zeigefinger und moralischer Empörung. Im Gegenteil. Ausschnitte aus Konzerten, Fernseh-Shows und Interviews lassen Elvis' magische Wirkung aufleben, als wäre er nicht vor über 40 Jahren gestorben.
Schilderungen von Zeitzeugen, Historikern, Biographen und Künstlern ergeben ein vielschichtiges, faszinierendes Porträt. Mal mit verblüffenden Übereinstimmungen, mal mit
offensichtlichen Widersprüchen. Die der Film einfach nebeneinander stehen lässt.
Spätestens wenn einfache Bürger zu Wort kommen, für die das Leben eher Alptraum ist als Traum, fällt es einem wie Schuppen von den Augen: Elvis' Leben eignet sich vortrefflich als Metapher für den »American Way of Life«. Der Aufstieg und Fall des Superstars, sowie Aufstieg und Fall der Supermacht haben jede Menge Parallelen.
Der Wohlstand der USA zum Beispiel beruhte auf Enteignung und Ausrottung der indianischen Ureinwohner und der Ausbeutung schwarzer Sklaven.
Elvis' Hits waren fast alle Songs schwarzer Musiker, die selten mehr als das Existenzminimum bekommen haben.
Gemeinsam litten die USA und ihr berühmtester Unterhaltungskünstler auch unter der fatalen Verwechslung zwischen persönlichem Glück und Gewinnmaximierung.
In den fünfziger Jahren wurde der Kapitalismus noch als
Voraussetzung gepriesen für Demokratie und Freiheit. Tatsächlich waren Elvis' lukrative Verträge mit Hollywood Sargnägel für seinen Untergang. Aus dem aufregenden, blendend aussehenden Rebellen wurde ein aufgedunsener Publikumsmagnet, der seine Auftritte unter Drogen absolviert hat.
Jedes Mal, wenn die Doku Auswüchse streift von Rassismus, Globalisierung, Kapitalismus oder dem Versagen der Demokratie, bekommt sie eine gespenstische Aktualität. Und jedes Mal, wenn Ideale des amerikanischen Traums aufblitzen, wie er ursprünglich gedacht war, schürt sie Hoffnungen, dass er noch nicht vollständig begraben ist.