Deutschland 2018 · 80 min. · FSK: ab 0 Regie: Anthony Power Drehbuchvorlage: Ingo Siegner Drehbuch: Mark Slater, Gabriele Walther Musik: Stefan Maria Schneider |
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Das Andere lieben lernen |
Schon die erste filmische Umsetzung der bekannten Kinderbuchvorlage von Ingo Siegner war ein großer Erfolg für den deutschen Kinderfilm. Mehr als eine Million Zuschauer sahen Der kleine Drache Kokosnuss (2014). Das lag sicherlich nicht nur an der erfolgreichen Vorlage, die das historische Narrativ des bösen Drachen zu einer menschlichen Familienfeier in Drachenkostüm umschreibt, sondern auch an der knallbunten Zeichentrickfilmumsetzung.
Wie schon im ersten Teil, aber dieses Mal unter der Regie von Anthony Power, der 2015 die gute Ritter Trenk-Adaption verantwortet hat, geht es munter und handlungsbetont weiter. Hatte im ersten Teil Kokosnuss noch eine Art Coming-of-Age-Prozess durchlaufen müssen, um endlich auch das Fliegen zu lernen, so sind jetzt alle Charaktere als mehr oder weniger junge Jugendliche etabliert, mit all ihren Stärken und Schwächen. Und ähnlich wie im zweiten Teil – und im Kern ja auch in Powers Ritter Trenk – steht wieder einmal das Thema Freundschaft im Vordergrund, das sich vor der Kulisse eines Ferienlageraufenthalts auf einer Dschungelinsel langsam entfaltet, in dem Fress- und Feuerdrachen ihre im ersten Teil begonnene Freundschaft etablieren sollen.
Der kleine Drache Kokosnuss wird dabei schon fast zu einem Remake seines ersten Teils, weil auch in diesem zweiten Teil eine nun weitere Drachenspezies der Prüfstein für die Freundschaft wird. Waren es im ersten Teil noch die Feuerdrachen, so sind es nun die Wasserdrachen, die sich genauso leicht wie die Feuerdrachen als Symbol für alles Fremde dechiffrieren lassen. Denn auch dem kleinsten Zuschauer sollte am Ende klar sein, dass Fremdenhass sehr oft nur auf Missverständnissen beruht, und dass Wasser- und Feuerdrachen durchaus neben Fressdrachen wie Kokosnuss leben können, da sie alle ja völlig unterschiedliche Bedürfnisse haben. Das Erkennen dieses Anderen – mit Hilfe eines multiperspektivischen Ansatzes, also der Freunde und der Eltern – ist der pädagogische Kern dieses Ansatzes.
Diese gut gemeinte Pädagogik taucht – zeitbedingt – inzwischen fast ein wenig zu inflationär auf, gibt es doch im Moment kaum einen (deutschen) Animationsfilm, der diesen Themenkomplex im Moment nicht abarbeitet. Doch sollte dieser Ansatz deswegen nicht gleich abgeschrieben werden, da es sich hier ja auch um das Wohl unserer realen Zukunft handelt und ein Mehr wohl besser als ein Garnicht ist.
Und immerhin bietet der zweite Kokosnuss auch die immer noch erfrischende Moral aus reform- und alternativpädagogischen Zeiten, nach der es die Eltern nur im seltensten Fall besser wissen, ja gerade durch einen aufreibenden Generationskonflikt eine gewinnbringende Erkenntnis entsteht.
Da das Kokosnuss-Franchise sichtlich darum bemüht ist, wirklich alle Altersklassen mit ins Boot zu holen, sind diese Botschaften dementsprechend bunt und harmlos verpackt. Ein wenig Biss, Schrecken, schwarzer Humor und konfrontative Pädagogik – wie sie in Laika-Produktionen (Coraline) oder auch einigen Pixar-Filmen (Coco) die Regel sind, die Kinder wie Erwachsene auf sehr andere Art und Weise ernstnehmen – werden hier dezidiert vermieden.