Belgien 2023 · 74 min. · FSK: ab 0 Regie: Tom Van Gestel Drehbuch: An De Gruyter, Marianne Op de Beeck Musik: Steve Willaert, Wigbert van Lierde Kamera: Xavier van D'Huynslager |
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Von wegen, Osterglocken seien Blumen… | ||
(Foto: 24 Bilder) |
Der Trickfilm von Regisseur Tom Van Gestel bezieht sich auf den katholischen Volksglauben, wonach zu Ostern die Kirchenglocken nach Rom fliegen, um sich den Ostersegen des Papstes zu holen. In Frankreich und Belgien bringen die Glocken zudem Eier und Gaben aus Rom mit – und ersetzen so quasi den Osterhasen. Im Drehbuch von Marianne Op De Beeck und An de Gruyter sind die Eier allerdings keine natürlichen Eier, sondern Kristalleier, wobei eines davon ein magisches Elixier enthält, das den Frühling ins ganze Land bringt. Trotz des Bezugs auf österliche Bräuche verstehen die Filmemacher Die kleine Glocke Bim rettet Ostern nicht als religiösen Film. Sie treten für Freundschaft, Solidarität und Teamgeist ein, also die gängigen Basiswerte fast aller Filme, die sich an Kinder zwischen vier und acht Jahren und ihre erwachsenen Begleitpersonen wenden.
Bim ist ein paradigmatischer Underdog. Bim kann mit seinen zu kleinen Vogelflügeln noch nicht so gut fliegen, deswegen übt er fleißig. Die gleichaltrigen Jung-Glocken Bommel und Pi aus seinem Heimatdorf können das schon deutlich besser. Sie freuen sich auf Ostern und den Frühling. Das Trio darf diesmal auch bei dem Wettbewerb mitmachen, der jedes Jahr darüber entscheidet, welche Glocken ins ferne Rom fliegen dürfen, um das magische Osterei zu holen, dessen Kräfte den Winter vertreiben und den Frühling einleiten. Weil das Wettrennen etwas chaotisch verläuft, schickt das Auswahlkomitee Bim, Bommel und Pi sowie die überaus eitle erwachsene Glocke Aurora nach Rom.
Doch Aurora verfolgt mit Hilfe ihrer fünf kleinen Helfershelfer einen fiesen Plan. Sie will das Elixier an sich reißen, um die Roststellen loszuwerden, die sie an sich entdeckt hat. Als die drei Jung-Glocken erkennen, dass in diesem Fall ein ewiger Winter drohen würde, raufen sie sich trotz aller Unterschiede zusammen, um das zu verhindern. Auf ihrer langen Reise durch düstere Wälder, über verschneite Bergspitzen und in unterirdische Verliese warten jedoch jede Menge Abenteuer.
Hinter dem flotten Trickabenteuer steht das belgische Animationsstudio Fabrique Fantastique, das der Filmkünstler Tom Van Gestel 2014 gegründet hat.
Mit nur 74 Minuten kommt der Film der begrenzten Aufmerksamkeitsspanne der jüngsten Kinobesucher entgegen. Auch die überschaubar kurzen Spannungsbögen der simplen Geschichte sind auf die Zielgruppe abgestimmt. Natürlich dürfen Raufereien, Verfolgungsjagden und sonstige Action in einem solchen Abenteuer-Road-Movie nicht fehlen, die Regie nimmt sich aber genug Zeit, um die unterschiedlichen Persönlichkeiten der drei Protagonisten auszuarbeiten und nutzt geschickt ihre Stärken und Schwächen, um die Handlung voranzutreiben.
Dabei ist vor allem die klassische Außenseiterfigur Bim für manche Überraschung gut, erweist er sich doch auf der Reise als clever und einfallsreich. Als das Trio von einem Schneesturm in eine abgelegene Berghütte verschlagen wird, setzt Bim einen alten Flugdrachen wieder in Stand, so dass die Reise weitergehen kann. Und als ein Schnellzug auf einen Stahlkäfig zurast, in dem alle drei durch einen unglücklichen Zufall festsitzen, hat Bim die rettende Idee mit der Hebelkraft, die sie im letzten Augenblick befreit.
Für eine erhöhte Schmunzelquote ist dagegen das Quintett der schrulligen Minikuhglocken zuständig, die der attraktiven Aurora nicht von der Seite weichen. Die Fünflinge sind allesamt liebeskrank, sie schmeicheln sich bei der Schönen ein, eifern mit grotesken Aktivitäten um die Gunst der Schönen und erhoffen sich absurderweise sogar eine Heirat, unterschätzen aber den Egoismus des weiblichen Bösewichts.
Viele Pluspunkte sammelt der Film, der auf dem Just Film Children’s and Youth Film Festival in Tallinn Estland 2023 den Junior’s Jury Award für den besten Film erhielt, mit seiner geschickten Kombination aus Trickfiguren und fotorealistisch anmutenden Hintergründen. Vor allem, wenn die Glocken die Alpen mit ihren Berggipfeln, Tälern und Wiesen überqueren, stellt sich Kino-Feeling ein. Große Überraschungen oder wegweisende Erkenntnisse darf man von dem niedlichen Trickfilm nicht erwarten, solide Unterhaltung für die Zielgruppe liefert er aber allemal.