USA 1998 · 127 min. · FSK: ab 16 Regie: Richard Donner Drehbuch: Channing Gibson, Jonathan Lemkin, Alfred Gough Kamera: Andrzej Bartkowiak Darsteller: Mel Gibson, Danny Glover, Rene Russo, Jet Li u.a. |
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Zwei Profis im Regen |
Statt eines gewöhnlichen Abspanns gibt es zum Schluß von Lethal Weapon 4 nette Bilder des Teams, Schnappschüsse vom Dreh, in ein Buch geklebt und sorgfältig beschriftet. Und da weiß man dann: nun ist auch noch der bei jedem Familientreffen unausweichliche Punkt erreicht, wo das Fotoalbum rausgeholt wird.
Man hat sich wieder einmal zusammengefunden, nach längerer Zeit – Regisseur Richard Donner, die Stars Gibson und Glover, und all die anderen, die dazugehören zum »Lethal Weapon«-Klan. Und bei dieser Gelegenheit ein Stück Kino produziert, das, in jeder Hinsicht, ein Familienfilm geworden ist.
Zunächst auf der Ebene des Plots: Nicht genug damit, daß Detective Murtaugh (Danny Glover) wie üblich von seiner eigenen Familie schwer gestreßt wird; nicht genug damit, daß er eine
komplette Familie illegaler, chinesischer Einwanderer in der Küche versteckt; nicht genug damit, daß nun auch Detective Riggs die guten, amerikanischen family values entdeckt und mit hochschwangerer Freundin in den Hafen der Ehe einläuft – nein, selbst des Bösewichts Motivation ist eine Art Familienzusammenführung. So viel Familie brachte nicht einmal Parenthood auf die Waage.
Man merkt Lethal Weapon 4 aber auch an, daß hier eine familienähnliche Bande von Leuten am Werk waren, die bei der Herstellung des Streifens ihren gehörigen Spaß hatten – vielleicht sogar mehr, als das Publikum beim Betrachten des Resultats.
Als eingespielte Film-Familie kennt man seine Stärken: Man kann auch mal ohne fertiges Drehbuch lustige Wortgefechte zusammenimprovisieren, und man setzt – im Zeitalter digitaler Spezialeffekte
– auf gutes, altes Handwerk bei der spektakulären Stunt-Arbeit, was den überdrehten Action-Sequenzen überzeugende Wucht verleiht.
Das macht Lethal Weapon 4 zumindest zu einem der sympathischeren und amüsanteren der diesjährigen Sommer-Blockbuster. (Nicht, daß die Konkurrenz dabei groß wäre – aber immerhin.)
Doch wo die Stärken des Films begründet liegen, wurzeln auch seine Schwächen.
So rechte Begeisterung mag nicht aufkommen – zu bekannt wirkt alles, zu selten weht der Geist der Inspiration durch den Film. Wie das halt so ist, mit Familien: Nach gewisser Zeit ist die Leidenschaft der frühen Tage raus, statt dessen fröhnt man dem gemütlichen Reiz des Altvertrauten.
Und die Gewohnheit schleift bald auch die Kanten so manches einst bedrohlich erscheinenden Verwandten
– als harmloser Tick wirkt irgendwann, was einen beim ersten Treffen den seltsamen Cousin noch für einen gemeingefährlichen Irren halten ließ. Bei Lethal Weapon 4 ist jedenfalls aus dem einstigen Psychopathen Riggs (Mel Gibson) inzwischen ein liebenswürdiger Spinner geworden, über dessen faschistoide Polizeitaktik man so richtig lachen darf – und auch sonst ist der eher düstere Ton der ersten Teile gänzlich einem familienkompatiblen
Komödien-Feeling gewichen.
Was so ein echter Familien-Klan ist, der schottet sich aber auch ab – und diesmal sind’s (wie derzeit so oft im amerikanischen Kino) die fiesen Chinesen, die als die finsteren Buhmänner draußen bleiben müssen. Zwar windet sich der Film im Bemühen um »political correctness« wie ein eingeölter Aal im Wäschetrockner, aber so recht wird er den Ruch des Rassismus nicht los.
So muß dann Hong Kong-Superstar Jet Li erstmals in seiner Karriere den Bösen mimen und darf sporadisch
auftauchen, um gar garstige Dinge zu tun. – Denn so, wie Opas 70. Geburtstag oder Tante Marthas Goldene Hochzeit als Anlaß herhalten müssen, damit sich die Verwandschaft zum Schwatz bei Kaffee und Kuchen versammeln kann, braucht schließlich auch der Film irgendeinen Plot als Vorwand, um die Witzeleien und pyrotechnik-untermalten Leibesübungen seiner Protagonisten in Gang zu halten.
Der grandiose Jet Li holt dabei aus seiner spärlichen Rolle alles heraus, was möglich
ist, und bleibt das einzig wirklich aufregende, neue Element in dieser Fortsetzung. Schade, daß er schließlich den Gesetzen Hollywoods gehorchen und auf der Leinwand das Zeitliche segnen muß. Daß in einer faireren Welt die beiden Warmduscher Gibson und Glover nicht die geringste Chance gegen Jet Li hätten, wissen die Filmemacher wohl selbst – die lassen ihn zu den »Helden« nämlich den wahrsten Satz des Filmes sprechen: »In Hong Kong, you'd be dead.«
Eine Gemeinsamkeit gibt es schließlich noch zwischen Lethal Weapon 4 und echten Familientreffen, die für die Zukunft einiges erwarten läßt: Die Verwandschaft vergrößert sich ständig um neue Mitglieder. Wie Schwippschwager, Schwiegertöchter oder Neffen tauchen in der »Lethal Weapon«-Familie mit jeder Fortsetzung neue Gesichter auf, die das Stammpersonal erweitern. Nach Joe Pesci und Rene Russo ist nun der Komiker Chris Rock an der Reihe – und am
Schluß des Films kündigt sich auch noch mehrfach Nachwuchs an.
Man kann nur vermuten, wo das in künftigen Teilen hinführen wird. Vielleicht kaufen sich die Riggs' und die Murtaughs – auf Divisionsstärke angewachsen – dann irgendwann ein Hausboot und hören auf, sich die Haare zu waschen. Oder sie ziehen in ein großes Haus im Herzen Amerikas und betten sich gemeinsam zur Nachtruhe mit freundlichen Rufen von »Gute Nacht, Murtaugh!« – »Gute Nacht, Riggs!« – »Gute
Nacht, Leo!« – »Gute Nacht, Riggs!« – »Gute Nacht, Lorna!« – »Gute Nacht, Lee!« – »Gute Nacht, Murtaugh!«.
Na dann – Gute Nacht!