Deutschland 2003 · 105 min. · FSK: ab 12 Regie: Hans-Christian Schmid Drehbuch: Hans-Christian Schmid Kamera: Bogumil Godfrejow Darsteller: Ivan Shvedoff, Sergej Frolov, Anna Janowskaja, Sebastian Urzendowsky, Alice Dwyer u.a. |
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Die glückliche Beata mit Philip | ||
(Foto: Prokino) |
Die Hoffnung hält die Menschen aufrecht, hier an der Grenze zwischen Deutschland und Polen, zwischen Frankfurt an der Oder und Slubice auf der anderen Seite des Flusses. Eine Grenze zwischen verschiedenen Sprachen, zwischen dem Glanz der subventionssatten EU und dem Schatten postsozialistischer Gesellschaft. Wer kann es verdenken, dass manche sich auf den Weg in den goldenen Westen machen, als billige Arbeitskraft im Grenzverkehr oder um dort zu leben. Die Grenze ist einträglich: für Schmuggler und Schleuser beispielsweise, oder für die, die von den niedrigen Preisen im Osten oder dem großen Bedarf an Billigem im Westen profitieren. Sie sichert Einkommen, für die, die sie bewachen und die, die sie zu überwinden trachten. Die Grenze ist mehr als eine Linie auf einer Landkarte.
Zwei Tage im Leben von Menschen, die sich mit der Grenze konfrontiert sehen, fünf Geschichten: Anna und Dimitri, ein ukrainisches Paar, das mit seinem Baby eine bessere Zukunft sucht, wollen, von den teuren Schleppern im Stich gelassen, eigenmächtig die Oder überqueren. Sie erkaufen sich die Hilfe des Taxifahrers Antoni, der das Geld für die Kommunion seiner Tochter braucht. Wie sie ist auch Kolja von den Schleppern betrogen worden. Im Gewahrsam der deutschen Grenzer lernt er die Dolmetscherin Sonja kennen, die ihm helfen will – auch gegen den Wiederstand ihres Freundes Christoph. Der junge, ehrgeizige Architekt Philip aus Berlin engagiert sich für ein Bauprojekt in Polen und sieht sich bei der Begegnung mit seiner polnischen Ex-Freundin Beata mit einer unfreundlichen Realität konfrontiert. Ingo versucht in Frankfurt, ein erfolgreicher Geschäftsmann zu sein und Matratzen zu verkaufen. Dafür stellt er Simone ein, die schon viele Arbeitgeber durch die schlechte Wirtschaftslage verloren hat. Sie versucht, nicht nur zur Selbsterhaltung, ihm zu helfen. Und der jugendliche Zigarettenschmuggler Andreas kämpft gegen seinen Bruder um die Aufmerksamkeit der Ausreißerin Katharina.
Fünf Geschichten von Menschen, die ihre Schwächen haben und ihre Stärken, die träumen und auch mit offenen Augen ihre Lage erkennen, Menschen, die sich irren, die verzweifeln und dennoch hoffen. Hans-Christian Schmidt, der sich mit Nach Fünf im Urwald und Crazy für gelungene Komödien empfohlen hat und mit 23 – Nichts ist so wie es scheint auch schon sein Talent für dramatische Stoffe zeigte, erzählt hier lebensnah und beiläufig große, tragische Geschichten. So verschroben und festgefahren manche seiner Figuren sein mögen, sie werden nicht diffamiert; so selbstlos und idealistisch auch gehandelt wird, immer bleiben es Menschen, die sich, natürlich, auch irren und falsch handeln können. Gerade diese Ambivalenz hält das Interesse an den Geschichten bis zum bitteren Ende aufrecht. Die Nähe zu den Figuren entsteht auch durch die Kameraarbeit Bogumil Godfrejows, wenn die Menschen in die Landschaft an der Oder gestellt werden oder in den Städten unterwegs sind. Die leicht bewegten Bilder der Handkamera werden, wie zunehmend üblich, für die Verstärkung des Authetizitätseindruckes eingesetzt. Erfreulich ist die Mehrsprachigkeit des Films (die polnischen und russischen Dialoge werden untertitelt), welche die Fremdheit und Vereinzelung der Charaktere mit betont.
Wie so oft bei Episodenfilmen ist die Qualität der einzelnen Geschichten unterschiedlich: mehr oder weniger plausibel, mehr oder weniger mitreißend. Doch an keiner Stelle entsteht der Eindruck, die Einzelteile seien nur als Kompromisslösung, damit auch ja für jeden was dabei sei, zusammengestellt worden. Die locker verknüpften Erzählstränge, die durch Ort, Zeit und teilweise Einheit der Figuren verbunden sind, bilden ein (dis-)harmonisches Gesamtbild möglicher Zustände im Grenzgebiet. Hoffnungen werden enttäuscht. Doch irgendwie muss es weitergehen. Und vielleicht sind die Lichter am Ende des Tunnels doch nicht die Scheinwerfer des entgegenkommenden Zuges.