Frankreich/GB/CZ 2011 · 139 min. · FSK: ab 12 Regie: Christophe Honoré Drehbuch: Christophe Honoré Kamera: Rémy Chevrin Darsteller: Chiara Mastroianni, Catherine Deneuve, Ludivine Sagnier, Louis Garrel, Milos Forman u.a. |
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Knallbunt und nostalgisch, leicht und romantisch |
Mit herrlichen Schuhen, in denen schöne zarte Damenfüße stecken, fängt es an: Wie ein Märchen aus gerade vergangenen Zeiten, einem jungen Mädchen voller Träume und Hoffnung. Viele dieser Träume werden nicht Wirklichkeit werden, und doch ist dies eine fröhliche, heitere Geschichte: Von Madeleine, der Schuhverkäuferin, die so heißt, wie der Motor der Erinnerung in Proust »Recherche« in die verlorene Zeit, die aber ganz von dieser Welt ist, des Paris im Ausgang der Fünfziger, das ganz und gar »Außer Atem« war, und deren Haare und deren ganze Aufmachung so blond und sexy sind wie Marylin Monroe – dem Idol jener Jahre, in denen dieser Film beginnt. Bald erlebt Madeleine die sexuelle Befreiung jener Jahre, wird eine »Bordsteinschwalbe«, wie man seinerzeit die Straßenmädchen nannte. Denn außer Männern gilt ihre Leidenschaft vor allem sündteuren Schuhen, und dafür braucht sie Geld. Dann lernt sie den Tschechen Jaromil kennen, einen gutaussehenden Jungen aus Prag. Sie wird seine Frau, zieht zu ihm, doch die Niederschlagung des Prager Frühlings und seine Seitensprünge sorgen für ihre schnelle Rückkehr nach Paris – mit der gemeinsamen Tochter Vera. Dort heiratet sie ein zweites Mal, doch irgendwann besucht sie Jaromil...
Eine Geschichte der Träume und ganz ernst auch eine Geschichte der Lebensalter. Denn der Film erzählt Madeleines Leben bis in unsere Gegenwart, von der 20- bis zur 70-jährigen. Und er erzählt das knallbunt und nostalgisch, leicht und romantisch. Dies ist ein Film von einer Art, von der man dachte, dass es sie im Kino gar nicht mehr gäbe: Leidenschaftlich, pathetisch, überbordend, künstlich im besten Sinn: Wie ein Musical. Auch hier wird das Geschehen immer wieder unterbrochen, hält der Film inne für Gesangseinlagen im französischen Schlagerstil.
Dies ist seit jeher auch der Stil von Christophe Honoré. Der Pariser Regisseur knüpft unmittelbar an die größte, aufregendste Zeit des französischen Kinos an: Die frühen Sechziger, als die experimentierfreudigen Regisseure der Nouvelle Vague die besseren Schüler Hollywoods waren, und nicht nur Gangstergeschichten und Road-Movies erzählten, sondern sogar seinen Musical-Produktionen Konkurrenz machten: Die Regenschirme von Cherbourg und Die Mädchen aus Rochefort hießen zwei der größten französischen Musical-Erfolge. In beiden spielt die unvergleichliche Catherine Deneuve die Hauptrolle. Und auch hier ist sie das Zentrum des Films: Großartig und souverän spielt sie die ältere Madeleine. Die junge ist Ludivine Sagnier, Tochter Vera Deneuves reale Tochter Chiara Mastroianni, und der tschechische Regisseur Milos Forman ist hier in einem seiner seltenen Darstellerauftritte als Jaromil zu sehen. So ist Die Liebenden eine ebenso kluge wie sinnliche Geschichte der Gefühle – ein wunderschöner Film über die Facetten der Liebe und ihre Unbedingtheit, an die beide glauben bis in den Tod.