Deutschland 2018 · 102 min. · FSK: ab 0 Regie: Joachim Masannek Drehbuch: Beate Fraunholz, Betty Platz, Matthias Dinter, Antonia Rothe-Liermann, Katrin Milhahn Kamera: Richard van Oosterhout Darsteller: Malu Leicher, Christoph Maria Herbst, Meret Becker, Aylin Tezel u.a. |
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Außer Lachen nichts gewesen |
Wieder eine Verfilmung eines einigermaßen bekannten Kinderbuchbestsellers, gut, gebongt. Wieder die üblichen Verdächtigen, über Overacting schon im Voraus kaltgestellte Bösewichte, die eh keine Chance auf einen Stich haben. Auch gebongt. Und weil wir in Deutschland leben, hat auch sonst kaum was mit irgendeiner Realität zu tun, nichts ist politisch oder sonstwie gesellschaftlich relevant. Aber das sind wir ja auch gewohnt vom deutschen Kinderfilm und die meisten Kinder mögen es halt trotzdem. Denn sie kennen ja nichts anderes. Kennen nur die ewige Mär der Fünf Freunde, von Burg Schreckenstein oder der Hexe Lilli und im Vergleich dazu schneidet Liliane Susewind gar nicht mal so schlecht ab.
Vor allem deshalb, weil Außenseitergeschichten dann doch intuitiv einen »Behindertenbonus« erhalten. In dieser ersten Verfilmung der bislang auf 20 Bände angewachsenen Kinderbuchreihe von Tanya Stewner hat die 11-jährige Liliane (Malu Leicher) nämlich wirklich Probleme mit ihrer »Behinderung«, die darin besteht, dass sie die Sprache der Tiere verstehen kann. Diesen Fluch kennen wir bereits aus einem der schönsten Kindermärchen aller Zeiten, dem Kalif Storch von Wilhelm Hauff. Und auch hier ist es ein wenig so wie beim Kalifen und seinem Wesir: die Welt versteht Liliane nicht, ihre Familie musste wegen ihr schon oft umziehen und ihre Mutter den Job wechseln, weshalb sie ihren Eltern verspricht, sich endlich einmal zurückzuhalten und ihre Gabe zu verstecken. Das tut natürlich weh und wird erst wieder besser, als Liliane in ihrer neuen Klasse auf einen anderen Außenseiter trifft, ihren Mitschüler Jess (Aaron Kissiov), und beide sich für einen kleinen privaten Zoo einzusetzen beginnen, der bald eröffnet werden soll, dessen Tiere aber nach und nach verschwinden.
Eingebettet ist die Geschichte in die Legolandkulisse, die sich der deutsche Kinderfilm in den letzten Jahren ziemlich souverän zurechtgelegt hat: meist mehr Land als Stadt, trotz kleiner Streits dann doch heile Familien, aber mit Erwachsenen, die alle nicht sonderlich aufgeklärt wirken und deren Kinder vom Storch gebracht worden sein müssen. Es gibt keine Drogen, aber dafür ein bisschen Mobbing, das aber ganz schnell ins Gegenteil umschlagen kann. Denn was sich liebt, das schlägt sich halt auch ein wenig.
Im Grunde ist das auch gebongt, denn es gibt ja auch andere, ja, wirklich: andere deutsche Kinderfilme, die sich trauen, auch mal etwas anderes zu erzählen, wie von der Einsamkeit in unserer Gesellschaft, so wie Ente gut! oder die Königin von Niendorf. Was allerdings nicht in Ordnung ist, ist das sträfliche Verspielen von Chancen.
Denn wenn man mal einen Blick in die Susewind-Bände wirft, oder sich erinnert, was man einst seinem Kind vorgelesen hat, dann stutzt man zuerst verblüfft, und dann verärgert. Wie heißt doch gleich der andere Außenseiter, mit dem sich Liliane zusammentut, der coole, kluge Junge vom Typ Erfinder und so intelligent, dass er gar keine andere Chance als die Rolle des Außenseiters hat? Heißt der wirklich Jess? Nein, heißt er nicht, sondern Jesahja. Und ist auch nicht das weiße Role-Model-Mix aus Nerd und Fitx-Abonnent, sondern ein dunkelhäutiger Junge mit namibianischen Wurzeln, aber nichtsdestotrotz cool und klug. Ja wirklich, ungelogen.
Für den deutschen Standardkinderfilm scheint das zu viel zu sein. Mal keine Stereotypen aufzulegen, sondern eine überraschende, gegen die üblichen Schubladenklischees gebürstete Variante eines Migrantenschicksals zu realisieren, wo kämen wir da hin, womöglich zu Protesten, gar einem politischen Diskurs! So traurig und blöd ist dieses »Whitewashing«, dass man schon fast wieder drüber lachen kann, ja vielleicht sogar lachen muss. Oder reicht vielleicht einfach schon, einmal laut zu bellen? Wuff!