Japan 2015 · 111 min. · FSK: ab 16 Regie: Eiji Uchida Drehbuch: Eiji Uchida Kamera: Kenji Noguchi Darsteller: Kiyohiko Shibukawa, Denden, Shugo Oshinari, Yoshihiko Hosoda, Kanji Tsuda u.a. |
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Prototyp-Regisseur |
Filme über das Kinogeschäft, den Stress hinter den Kulissen und die Fallstricke der Industrie zählen zu beliebten Topics unter den Regisseuren. Doch jenseits von Filmfestivals stoßen Werke wie Barry Levinsons milde Satire Inside Hollywood selten auf große Resonanz. Umso erfreulicher erweist sich der Umstand, dass mit Lowlife Love, eine bittere, mitunter grelle Reflektion über das Indiebusiness, die erste Arbeit von Eiji Uchida regulär in unsere Kinos gelangt. Seit 2004 drehte der produktive Japaner 14 Filme wie den Schocker Greatful Dead über Sex, Obsession, Religion und Tod. Über den Spiegel, den seine eigenfinanzierte Low-Budget-Produktion Lowlife Love Japans Filmwelt vorhielt, zeigte man sich wenig entzückt.
Von Anfang an macht Uchida keine Anstalten, dem Zuschauer Identifikationsfiguren anzubieten. Am ehesten könnte man noch den naiven Ken (Shugo Oshinari) sympathisch finden, wobei sich der angehende Drehbuchautor im Handlungsverlauf als streng gläubig entpuppt. Dies versucht der selbstsüchtige Protagonist Tetsuo (Kiyohiko Shibukawa) sogleich auszunutzen. Einst landete der impulsive Regisseur einen Indiehit, dessen Erfolg er später konstant hinterherjagt. Erst gegen Ende erfährt man den Titel dieses Werks: »Die Sau«, was man gewissermaßen ebenso auf Tetsuo auslegen könnte. Dialoge wie »Krepier, du blöder Zwerg!« gehören zu seinem normalen Umgangston. Über Wasser hält sich der Enddreißiger mit der Produktion billiger Pornos, Diebstählen bei seiner Mutter und einen Filmkursus, in dem er Schüler ausbeutet und hübsche Studentinnen angräbt. Im Skript des aus dem Ausland zurückgekehrten Debütanten Ken und der vielversprechenden Nachwuchsdarstellerin Minami (Maya Okano) sieht der kleine Tyrann die Chance für einen Neuanfang.
Eiji Uchida zeichnet das Filmgeschäft als wüsten Pool aus lüsternen Produzenten, leichtgläubigen Groupies und berechnenden Starlets. Selbst Tetsuos Schwester entpuppt sich als nicht so unschuldig wie zunächst angenommen, und die schüchterne Minami wirft jede Zurückhaltung über Bord, als ihr die Chance zum Durchbruch winkt. Gemäß dem Hang zum Extrem mancher japanischer Werke gibt Uchida häufig dem Affen Zucker und setzt auf hysterische Ausbrüche und derben Klamauk. In anderen Momenten beweist er dagegen Talent für trockenen Humor: Eine lakonische Einstellung sagt oft mehr über die Emotionen der Figuren aus als tausend Worte.
Im Wandel der Jahreszeiten gelingt es Regisseur, Autor und Cutter Uchida, sein Personal mit Leben zu füllen, wodurch er der Gefahr von Karikaturen entgeht. Durch Plakate von Easy Rider bis Zurück in die Zukunft als Cineast erkennbar, huldigt etwa der auf seine Integrität stolze Tetsuo dem kompromisslosen John Cassavetes. In schwachen oder viel mehr hellen Momenten bremst der zynische Ausbeuter jedoch seinen Egotrip, um auf sein Gegenüber einzugehen. In diesem Sinne offenbart seine schräge Entourage ebenfalls stets neue Facetten.
Neben dem bitter-realistischen Bild einer egoistischen Geschäftswelt, das sich problemlos auf andere Berufszweige ausweiten ließe, fließen die dauerhaften Probleme des unabhängigen Filmemachens stets in den Plot mit ein. Von Finanzierungsschwierigkeiten über Allüren und Animositäten bis zum ewigen Widerstreit von Kunst und Kommerz greift Eiji Uchida auf eigene Erfahrungen zurück, wobei deutlich wird, dass auch er von der Droge Film nicht loskommt. Da der Verleih Rapid Eye Movies seinen aktuellen Thriller Kemonomichi mitproduziert, wird von ihm noch einiges zu hören sein.