Der Mann in der eisernen Maske

The Man in the Iron Mask

USA 1998 · 132 min. · FSK: ab 12
Regie: Randall Wallace
Drehbuch:
Kamera: Peter Suschitzky
Darsteller: Jeremy Irons, John Malkovich, Gerard Depardieu, Leonardo DiCaprio u.a.
Filmszene »Der Mann mit der eisernen Maske«

Warum, warum, warum muß es Filme geben wie The Man in the Iron Mask?

TThe Man in the Iron Mask ist die ich-weiß-nicht-wievielte Verfil­mung des Romans von Alexandre Dumas über die alternden vier Muske­tiere und den im Gefängnis kalt­ge­stellten und hinter einer eisernen Maske verbor­genen Zwilling von Louis XIV. Somit ohnehin schon ein Unter­fangen, dessen zwingende Notwen­dig­keit nicht unmit­telbar einsichtig ist. Somit noch ungleich mehr ein himmel­schreiend über­flüs­siges Ärgernis, wenn das Ergebnis ein Film ist, der so völlig frei von jeglichem Ansatz von irgend­etwas ist, was auch nur entfernt das aller­kleinste Fünkchen von Interesse erwecken könnte.

Hat der Film irgend­etwas mit unserer Gegenwart, mit Wirk­lich­keit zu tun? Nein.
Hat er uns heute wenigs­tens etwas Brauch­bares zu sagen? Nein.
Macht er histo­ri­sche Wirk­lich­keit – in ihrer Distanz und Fremdheit – ansatz­weise begreifbar? Nein.
Macht er sich wenigs­tens die Mühe, die Epoche halbwegs genau recher­chiert darzu­stellen? Nein.
Ist er eine intel­li­gente Ausein­an­der­set­zung mit Kino, mit Genre? Nein.
Ist er wenigs­tens eine gelungene Berei­che­rung des Genres? Nein.
Bietet er – kleinster denkbarer Nenner – flotten, amüsanten Eska­pismus? Nein.
Bietet er wenigs­tens, wenn alles andere schon nicht hilft, billigen Ober­flächen­reiz; Sex, Gewalt, Tempo, Action? Nein, nein, nein, nein, nein.

Bisher ist Randall Wallace nur durch das Drehbuch zu Brave­heart unan­ge­nehm aufge­fallen. Bei The Man in the Iron Mask betätigte er sich nun nicht nur schrei­bender Weise, sondern führte erstmals auch »Regie« (man scheut sich, das Wort in diesem Fall anzu­wenden). Und beweist dabei, daß er sich offen­sicht­lich nicht nur niemals je einen einzigen Gedanken über Film als Medium gemacht hat, sondern daß ihm wohl noch nicht einmal die Idee gekommen ist, daß man das könnte. Die Kamera filmt, schön zentriert, Schau­spiel­er­ge­sichter ab – das war’s. Die Frage des gekonnten Einsatzes filmi­scher Mittel stellt sich bei Wallace gar nicht erst, weil er über filmische Mittel schlichtweg nicht verfügt. Eine größere Leere der Insze­nie­rung bieten nur noch deutsche Vorabend-Fern­seh­se­rien.
Gekoppelt mit den eindi­men­sio­nalen Papp-Charak­teren, der dröge sich dahin­schlep­penden Geschichte und den schmerz­haft schlechten Dialogen ergibt dies eine Mischung, deren geballte Geist­lo­sig­keit und elemen­tare Lange­weile das Verharren im Kino zur geradezu körper­li­chen Pein werden lassen – man möchte vor lauter Verzweif­lung in den Kino­sessel beißen.

Wer meint, sich den Film dennoch aufgrund des Star-Aufgebots antun zu müssen, sei auch diesem Irrglauben beraubt. Denn nicht einmal einem Ensemble wie Jeremy Irons, John Malkovich, Gerard Depardieu, Gabriel Byrne, Leonardo DiCaprio, Anne Parillaud und Judith Godreche gibt Randall Wallace Raum für Leis­tungen, die dem Niveau der Schau­spieler wenigs­tens ein klein wenig ange­messen wären. Man muß es sich wirklich andauernd bewußt machen, wer hier alles agiert, um’s überhaupt zu merken – der tatsäch­liche Eindruck wäre kaum ein anderer, hätte man die Rollen mit unbe­kannten Neben­dar­stel­lern besetzt.
(Glaubt man dem Pres­se­heft, so verdankt sich die Mitwir­kung der hoch­karä­tigen Schau­spiel­er­garde deren Begeis­te­rung für das Drehbuch, und so hatten alle Betei­ligten viel Spaß bei den Dreh­ar­beiten. Mag sein. Das Endpro­dukt läßt weder das eine, noch das andere im entfern­testen wahr­schein­lich wirken.)
Obwohl – wahr­schein­lich liegt in ebend der hoch­karä­tigen Besetzung das Geheimnis um den Grund für die Existenz dieses Films verborgen. Es ist nämlich zu vermuten, daß sich unter den für The Man in the Iron Mask Verant­wort­li­chen ein gehäßiger Mensch verbirgt, der Irons, Malkovich, Depardieu, Byrne und DiCaprio nicht ausstehen kann und schon immer das tief­sit­zende Bedürfnis hatte, sie einmal so richtig lächer­lich zu machen, indem er ihnen unsäglich peinliche Perücken aufsetzt.
Das immerhin ist gelungen.