Deutschland 2020 · 87 min. · FSK: ab 6 Regie: Kim Strobl Drehbuch: Kim Strobl, Milan Dor Kamera: Stefan Biebl Darsteller: Felice Ahrens, Florian Lukas, Maxi Warwel, Valentin Schreyer, Emilia Warenski u.a. |
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Profifreundschaft statt Profikarriere... | ||
(Foto: farbfilm) |
Eigentlich kann man sich fast schon sicher sein, dass die Filme, die im Rahmen der Initiative Der besondere Kinderfilm entstehen, auch wirklich etwas Besonderes sind. Denn die 2013 von Fernsehsendern, Filmförderungen, Filmwirtschaft und Verbänden gegründete Initiative bemüht sich tatsächlich um deutsche Kinderfilme, die nicht wie das Gros der jährlichen Produktionen auf bewährte Erfolgsformate und Bestseller (wie z.B. Fünf Freunde und das Tal der Dinosaurier oder Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt) setzen, sondern auf gegenwärtige Originalstoffe vertrauen und inzwischen eine ganze Reihe kleine Filmperlen wie Ente gut!, Auf Augenhöhe, Unheimlich perfekte Freunde, Invisible Sue oder Into the Beat ermöglicht haben.
Auch der siebte Film der Initiative, Madison, reiht sich qualitativ fast nahtlos in diese Reihe ein und setzt thematisch an den vierten Film an, Marcus H. Rosenmüllers Unheimlich perfekte Freunde. Wurde dort der zunehmende Leistungsdruck in der Schule thematisiert, wird in Kim Strobls Madison – ungebremste Girlpower der Leistungsdruck im Freizeit- und Sportbereich hinterfragt.
Strobl stellt dafür die 13-jährige Madison (Felice Ahrens) in den Mittelpunkt ihrer Geschichte, ein so sportliches wie ehrgeiziges Mädchen, für das Radrennsport die große Leidenschaft ist und die alles daran setzt, ihrem Vater, dem erfolgreichen Radsport-Profi Timo (Florian Lukas), nachzueifern. Durch einen Trainingsunfall muss sie jedoch ein wichtiges Trainingscamp wieder verlassen und sich widerwillig mit den Tiroler Bergen abfinden, wo ihre Mutter Katharina (Maxi Warwel) Yoga unterrichtet und die Uhren erheblich langsamer und deutlich anders ticken.
Doch Madisons Widerwillen wird nach und nach gebrochen, als sie über die Alternative Mountainbiken und neue, deutlich weniger ehrgeizige Freunde zum ersten Mal im Leben über Alternativen ihrer Profisportkarriere nachdenkt und auch die Beziehung zu ihrem Vater zu hinterfragen beginnt. Felice Ahrens spielt Madison mit einer umwerfenden Sprödigkeit, die in dieser mutigen Intensität zuletzt von Lisa Moell in Joya Thomes Königin von Niendorf zu sehen war. Aber Strobl fokussiert nicht wie Thome auf nur einen widerborstigen, ihre Identität suchenden Charakter, sondern gibt auch den neuen Freunden von Madison und den Erwachsenen im Cast die Möglichkeit, durch ihr Spiel zu glaubwürdigen und alles andere als perfekten Abzieh-Charakteren zu wachsen. Diese Dichte der charakterlichen Inszenierung lässt dann auch vergessen, dass Strobls Geschichte dann und wann etwas hölzern und aufgesetzt daherkommt, die Schwarz-Weiß-Kontraste zwischen den beiden Radsportmilieus ein wenig zu dick aufgetragen und kontrastiert sind, die Wendungen im Plot ein wenig zu behauptet und vorschnell passieren und einige Dialoge wie aufgesagt daherkommen.
Diese vor allem im Mittelteil wahrnehmbaren Schwächen werden jedoch durch eine weitere Stärke Strobls ausgehebelt – ihren Mut, die sportlichen Anteile im Laufe des Films noch stärker in den Vordergrund zu arbeiten und damit auch einen gelungenen Sportfilm, in Deutschland eine Seltenheit, zu schaffen.
Das liegt nicht nur an Strobls eigenen Erfahrungen als Downhillerin, sondern auch an den Downhill-Profis und Youtubern Elias Schwärzler und Gabriel Wibmer, die in Nebenrollen zu sehen sind und die der Geschichte zusammen mit einer spektakulären Kameraführung und einer gelungenen musikalischen Unterlegung die notwendige Authentizität und den coolen Flow geben, der Madison dann vor allem auch auf der moralischen Seite überzeugen lässt.
Denn auf so lockere wie sympathische Art und Weise zeigt uns Madison, warum Geheimnisse haben genauso wichtig wie verlieren ist, und dass es letztendlich schöner und vor allem nachhaltiger ist, seine Freunde nicht im Stich zu lasen.