USA 1998 · 89 min. · FSK: ab 12 Regie: Jeremiah Chechik Drehbuch: Don MacPherson Kamera: Roger Pratt Darsteller: Ralph Fiennes, Uma Thurman, Sean Connery, Jim Broadbent u.a. |
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Emma Peel mit Stil |
In den 60er Jahren waren »The Avengers« (im deutschen TV zeittypisch »Mit Schirme, Charme und Melone«) das ironische Kontrastprogramm für James Bond-Geschädigte. Gentleman John Steed, die perfekte Quintessenz eines Engländers und die katzenhafte Karatelady Emma Peel bildeten das ideale Paar der Swinging Sixties: zwei Individualisten und heimliche Antiautoritäre, die die Klassengesellschaft durch Parodie ad absurdum führten. Alles war im Fluß, »swinging« eben, Wirklichkeit zählte nichts, Phantasie alles. Verträumt spinnerte Schurken wurden gejagt, keine kalten Kriege ausgekämpft. Die surreal verspielte Serie war reinste Avantgarde, voller Humor und Intelligenz, dabei gespickt mit Anspielungen auf Poe und Dickens, auf alten Adel und neue Werte. Unter dem Mantel der Spionageserie vollzog sich die pophafte Auflösung der Genres, mischten sich Science-Fiction, Horror, Komödie, Trash und Kunst. Daß das jemals funktioniert hat, ist eines der seltenen Wunder der Fernsehgeschichte.
»The Avengers« gehören zu den erfolgreichsten TV-Produktionen aller Zeiten, und wären trotzdem in ihrem Esprit heute undenkbar. Oder doch nicht ? Hollywood, das vor nichts zurückschreckt, hat es gewagt. Filmische Remakes oder Fortführungen von TV-Serien sind schließlich in. Aber hier handelt es sich um keine gewöhnliche Serie, und warum sollte, was schon einem Genie wie Brian de Palma mit Mission:
Impossible mehr schlecht als recht gelang, einem Jeremiah Chechik besser gelingen ?
Der Film als solcher ist gar nicht so übel. Aber wer die Serie nicht kennt, wird den verspielten Witz mancher Szenen -allein die bunten Teddybären lohnen den Gang ins Kino, das ist ganz authentisch das Feeling der Serie- und die vielen Anspielungen nicht recht verstehen, was man auch einigen uninformierten Kritiken in den USA anmerken konnte, wo der Film völlig gefloppt ist. Ganz zu schweigen vom
weitgehenden Verzicht auf Action, der in einem Spionagefilm nur für jene annehmbar ist, die von vornherein auf anderes aus sind. Wer aber die Serie kennt, der wird die Mühe zu schätzen wissen, die man sich gegeben hat, um skurile Einfälle und Atmosphären des Originals zu rekonstruieren. Auch Uma Thurman schafft es, die androgyne, emanzipierte Weiblichkeit einer Diana Rigg phasenweise zum Leben zu erwecken. Ralph Fiennes als John Steed ist aber die Fehlbesetzung des Jahres. Wie
ein zerbrechlicher Dandy, dem noch die kleinste Melone zu groß ist, affektiert und uncharmant stolziert er durch den Film – nichts blieb übrig von der selbstironischen Unerschütterlichkeit eines Patrick MacNee.
Fiennes und Thurman funktionieren leider auch nicht miteinander. Und manche Dialogpassagen, gerade der beiden miteinander, sind zu weit hergeholt, zu dick aufgetragen, wollen witzig sein, und sind gerade dadurch oft peinlich. Sie zeigen und sagen oft einfach
zuviel: hinweg alles britische Understatement, alles Augenzwinkern. Nichts steht mehr im Raum, alles wird ausgesprochen. Dazu paßt auch, daß es zu einem Liebesverhältnis zwischen beiden kommt. Was in der Serie, bis zum scheuen Kuß der allerletzten Folge mit Emma Peel immer nur angedeutet war, wird hier binnen kürzester Zeit gezeigt. Unverzeihlich !
Zwischendurch gewinnt der Film immer wieder Comic-Charakter, erinnert auch stellenweise an Tim Burtons' Gotham City. Das Ende aber erinnert nur an James Bond, und das ist in diesem Fall die größte Todsünde.
Villeicht wäre alles anders geworden, wenn man den Film nicht kurz vor Start noch um ein Viertel gekürzt hätte. Doch auch ohne dies konnte der Film schwerlich mehr sein, als ein halbwegs stimmiger Aufguß des Originals. Denn was damals neu und ironisch war, die poppige Vermischung
aller Genres und Dekonstruktion von Schurke und Held gleichermaßen, hat längst seinen Charme verloren, und gerinnt in einer Welt, in der fast alles Pop ist, zu zitathafter Geste und leerem Alltags-Ritual. Melone und Schirm allein genügen nicht.