USA/D 2013 · 118 min. · FSK: ab 12 Regie: George Clooney Drehbuch: George Clooney, Grant Heslov Kamera: Phedon Papamichael Darsteller: George Clooney, Matt Damon, Bill Murray, John Goodman, Jean Dujardin u.a. |
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Bill Murray und die anderen unter Stahlhelmen |
Ich geb’s ja zu: Ich bin wahrscheinlich einfach zu blöd, und zu sehr von Hollywood gehirngewaschen, um alle meine Kollegen zu verstehen, die fast durch die Bank, allenfalls mit unterschiedlicher Intensität, diesen Film hassen. Hass ist ja auch etwas Gutes, Seltenes, das man kultivieren sollte. Ab er mir gelingt es in diesem Fall einfach nicht. Ich mag George Clooney, sehe ihm auch dann noch gern zu, wenn er Quatsch macht. Und der Film ist mir in seiner relaxten Form ebenso sympathisch wie in seiner Botschaft. Mein heimlicher Verdacht ist es ja eh, dass es diese Botschaft ist, die vielen diesmal partout nicht passt. Sie ist keineswegs witzig und lautet: Es gibt Dinge, für die lohnt es sich zu sterben.
In seiner fünften Regiearbeit wendet sich George Clooney einmal mehr – nach Confessions of a Dangerous Mind (2002) und Good Night, and Good Luck (2005) – einer Geschichte zu, die auf Tatsachen-Hintergründen beruht, und immerhin zum vierten Masl handelt es sich um ein historisches Sujet: Eine faszinierende, bislang nur Fachleuten bekannte Episode aus dem Zweiten Weltkrieg: Das »Monuments, Fine Arts and Archives Program« (MFAA) existierte tatsächlich, eine kleine Sondereinheit der US-Army, die vor allem aus hochrangigen Kunstexperten bestand, darunter Emigranten und ausländische Kombattanten. Nach den amerikanischen Landungsoperationen während des Zweiten Weltkriegs waren sie – besonders in Italien und später Frankreich – dafür verantwortlich, kostbare Kunstschätze und Denkmäler vor ihrer Zerstörung durch die Alliierten oder die sich zurückziehende Wehrmacht zu retten, Raubkunst zu klassifizieren und in Einzelfällen bereits während der Kampfhandlungen zurückzubekommen. Eine letzte besondere Bedeutung bekamen diese »Monuments Men« dann nach dem berüchtigten »Nero-Befehl« Hitlers, der für den Fall von Rückzug und Niederlage unter anderem die Zerstörung bedeutender Kunst- und Kulturschätze vorsah. Hier schützte die MFAA die Kunst vor ihren Besitzern und gegen sie.
Soweit die Fakten. Ein spannendes und überraschend aktuelles Szenario, das die Raubkunst-Thematik ebenso berührt, wie die gesellschaftlichen Debatten um die Bedeutung von Kunst und Kultur, darum, was überhaupt und in welcher Weise schützenswert und unter dem Kuratel der Sparkommissare aller Institutionen als dauerhaft zu archivieren klassifiziert wird – und was nicht. Denn manches Werk wurde zwar vor der Nazi-Barbarei gerettet, verrottet aber nun in Archivkellern.
Nicht weniger fesselnd ist das Wissen um den Mut der Soldaten. In zum Teil waghalsigen Aktionen gingen sie hinter den feindlichen Linien ins Kampfgebiet, und signalisierten der eigenen Armee, was sie zerstören durften.
Die Hauptfigur ist der Kunsthistoriker Frank Stokes (Clooney), der vom Präsidenten persönlich den Auftrag erhält, einen Einsatztrupp zusammenzustellen, und daraufhin – im Stil nicht unähnlich zu den ersten Szenen der »Glorreichen Sieben« – acht meist ältere Herren rekrutiert, die bisher vom Kriegsdienst verschont waren, und nun mal sanfter, mal härter zum Dienst am Kunst-Vaterland überredet werden müssen. Gespielt werden sie unter anderen von Matt Damon, Bill Murray, John Goodman, Jean Dujardin. Hinzu kommt noch Cate Blanchet – und dieser Cast deutet auf das hin, was The Monuments Men zuallererst ist: Ein »Starvehikel«, die Gelegenheit, mit sehr beliebten Schauspielern ein paar schöne Leinwandstunden zu verbringen. Ein Hauch von »Ocean’s Eleven im Zweiten Weltkrieg«.
Die im wesentlichen vorhersehbare Handlung, die sich zu großen Teilen in Paris nach der Invasion von 1944 abspielt, und die darum kreist, von Deutschen beschlagnahmtes jüdisches Vermögen weder in deutsche noch in sowjetische Hände fallen zu lassen, hat vor allem den Zweck, diese Stars in Szene zu setzen, ihnen schöne Dialoge in den Mund zu legen. In deren besten Momenten sind sie scharf und witzig, erinnern an den zeitlosen Charme einer Screwball-Comedy von Howard Hawks. Mitunter aber sind sie auch etwas langatmig und redundant in ihrer Botschaft des universalen Wertes und humanisierenden Charakters von Kunst.
Man möchte da nicht widersprechen, wünschte sich aber, je länger der Film dauert, dass er jene Frage wirklich ernst nähme, die zu selten ausgesprochen wird, obwohl sie hier ungeachtet seines Komödiencharakters untergründig fortwährend präsent ist: Ist Kunst womöglich genauso wichtig wie ein Menschenleben, ja vielleicht mitunter sogar wichtiger – und ihre Rettung darum das Opfer von Menschen wert? So zugespitzt provoziert die Kernaussage dieses Films die Mehrheitsmeinung unseres Zeitalters, dem als sicher gilt, das nichts das Opfer ein Menschen rechtfertigen könnte.
Nicht wenige dürften es für die Ideologie eines endgültig vergangenen bürgerlichen Zeitalters halten, dass man für den Schutz der »Mona Lisa« selbstverständlich Tod und Leiden vieler Dutzend Menschen in Kauf nimmt. Genau diese andauernde Provokation und Clooneys furchtlose Haltung ist es aber, die The Monuments Men über den Hollywood-Durchschnitt klar heraushebt.
PS: Übrigens: Natürlich ist das pro-amerikanische Propaganda. Natürlich sterben immer die anderen. So what? Es gibt Schlimmeres.