USA 1996 · 102 min. · FSK: ab 0 Regie: Brian Henson Drehbuch: Jerry Juhl, Kirk R. Thatcher, James V. Hart Musik: Hans Zimmer Kamera: John Fenner Darsteller: Tim Curry, Kevin Bishop |
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Käpt'n Kermit in der Südsee |
Die Endstation einer großen TV-Karriere ist, siehe Otto oder Alf, oft der großangelegte Kino-Film, was danach folgt ist nur das tumbe Selbstzitat; voller Mißtrauen blickt der Fan auf solche spartenübergreifenden Aufplusterungen, denn wenn man die Künstler in ihrer Sturm- und Drangzeit erlebt und ihre Botschaft sich einverleibt hat, ist man gerne beleidigt, wenn die Bewunderten sich künstlerisch entwickeln wollen. Gerade bei alterslosen Phantasiegestalten, wie Donald Duck, Tom & Jerry oder Heinz Schenk, kommt es bei dieser Entwicklung nur darauf an, in welche Hände sie geraten. Vor allem Handpuppen wie die Muppets sind ja im wahrsten Sinne des Wortes allerhand Manipulationen ausgesetzt. In den Zeitschriften wird die »Muppet-Show« meist sehr kurzsichtig auf Piggi & Kermit reduziert; der kultbewußte Jungschauer kann immerhin berichten von den beiden nörgelnden Opas in der Loge; richtig schwärmen jedoch kann nur, wer diese Show von der Pike auf genossen hat, tausende Details steigen da ins Bewußtsein, etwa der Bumerang-Fischwerfer, Doctor Bobs Schuh-Operation, Gonzos Shakespeare-Rezitationen oder Sam, der ständig schockierte Adler. Wenn die Muppets in ihrem neuen Kinofilm gerade die Hoffnungen ihrer Liebhaber auf ein Weiterspinnen des frühgeübten Chaos und den Zusammenbruch der filmischen Ordnung nicht erfüllen, dann liegt das bestimmt nicht an ihrem Unvermögen, – Oh, bewahre! – sondern an den Produzenten von Disney, die es sich auch diesmal nicht verkneifen können, einen süßen, kleinen Jungen singen zu lassen.
Dabei eignet sich die »Schatzinsel« von Robert Louis Stevenson eigentlich hervorragend zur Vermonsterung, die Besetzung mit Monstern und Schauspielern funktioniert famos, Tim Curry, gewißermaßen der Gaststar, integriert sich bösewichtig augenrollend in das Gewusel, und der typische Muppet-Humor kommt im Verlauf des Meuterei-Dramas einwandfrei zur Anwendung; allein die Namensliste der Schiffsmannschaft ist da ganz entzückend. Nicht nur Kermit und Piggi, die ein hinreißend idiotisches Duett singen dürfen, sondern viele klassische Figuren haben ihren Auftritt, einige anscheinend nur der alten Zeiten wegen, andere aber auch mit bedeutender erzählerischer Funktion.
Letzteres bringt aber auch einen kleinen Haken mit sich: Dadurch, daß die einst so beschränkten Gestalten in eine dramatische Handlung eingebunden sind, büßen manche Figuren, so Sam, der Adler, oder Doctor Honigtau-Bunsenbrenner, einen Teil ihre Beschränktheit ein, sie werden allzu gesellschaftsfähig, und der Zauber des unabwendbaren Schwachsinns geht flöten.
Aber was soll das Gemäkel?! Die Muppets selber wissen natürlich, wer ihr derzeitiger Chef ist und geben gut acht, daß die Grenzen des Familienfilms nicht überschritten werden. In einer Szene heißt der entsetzte Kommentar beim Anblick eines Toten geradewegs: »This is supposed to be a children’s movie!«
Naja, und wenn die sich damit abfinden können, dann können wir das vielleicht auch.