My Marlon and Brando

Gitmek

Türkei/NL/GB 2008 · 92 min.
Regie: Huseyin Karabey
Drehbuch: ,
Kamera: Emre Tanyildiz
Darsteller: Ayca Damgaci, Hama Ali Khan, Nesrin Cavadzade, Emrah Ozdemir, Cengiz Bozkurt u.a.
Liebe zwischen den Fronten: Eine türkisch-kurdische Geschichte

Wo die Liebe hinfällt

Ein Filmset ist wie ein Leben zwischen zwei Welten: Für einen Augen­blick färbt die Fantasie den tristen Alltag bunt, und ab da scheint alles möglich. Wenn nun im richtigen Moment das Bild vom Herz einge­fangen wird, hält die Einstel­lung ein Leben lang.

So geschehen in My Marlon nnd Brando (Gitmek), einer wahren Liebes­ge­schichte, die sich zwischen der türki­schen Schau­spie­lerin Ayça Damgaci und ihrem kurdi­schen Kollegen Hama Ali Khan zuge­tragen hat und die sich zwischen die Fronten des Irak­kriegs ereignete. Ausgehend von Damgacis Reise­be­richten und Briefen, verpackte der Doku­men­tar­filmer Hüseyin Karabey 2008 die Geschichte der Schau­spiel­größen in roman­ti­sches Roadmovie, in dem sie selbst mitspielen.

Der Film beginnt ganz in doku­men­ta­ri­scher Manier. Er hebt an mit einem Interview mit der türki­schen Damgacis, die, in ein Hoch­zeits­kleid gesteckt zwischen zwei Szenen auf ihren nächsten Film-Einsatz wartet, darüber befragt wird, was sie davon hält, dass Menschen frei­willig die schreck­lichsten Wohnorte in Kauf nehmen, um ihren Angehö­rigen nahe zu sein. Im späteren Verlauf von My Marlon and Brando stellt sich heraus, dass sie zu diesem Zeitpunkt gerade ihren Freund kennen gelernt haben muss.

hre selbst­ver­s­tänd­liche Versi­che­rung »I could live anywhere where my loved ones are« begleitet sie mit einem frisch verliebten Lächeln, das die kritische Nachfrage des Inter­viewers »Could you live here?«, kombi­niert mit einem Kame­ra­schwenk über eine wüste Einöde auf, einfach nur ins Leere laufen lässt.

Fast schon klischee­haft beginnt der irakische Supermann-Darsteller Hama Ali Khan seiner großen Liebe von nun an treu Liebes-Video­bot­schaften per Post zu schicken – doch seine Freundin will mehr: ihn endlich wieder sehen; wissen ob die 25 Drehtage von damals mehr waren als nur ein viel verspre­chender Flirt, dem sie nun schon seit langen Monaten hinter­her­träumt; wissen ob das ewige »Ich komme, wenn der Krieg vorbei ist, sobald die Grenzen geöffnet sind« nicht doch nur leere Floskel ist; wissen ob sich hinter dem kurdi­schem Tele­fon­an­schluss, der für sie von der Türkei aus uner­reichbar ist, immer noch der Mann ihrer Träume verbirgt.

Während sie noch nach einer Möglich­keit sucht, zu ihrem Freund zu gelangen, kreuzen sich ihre Wege mit denen von illegalen Flücht­lingen in Istanbul. Zum einen bekommt Damgaci erst durch sie die Chance die Stadt Richtung ihres ange­strebten Ziels zu verlassen, zum anderen wird durch die wech­selnden Einspie­lungen von Hama Ali Khans visuellen »Liebes­briefen« und zum Beispiel einer Nach­rich­ten­sen­dung über die Ergrei­fung der Flücht­linge bereits ein Happy End ihrer eigenen Geschichte infrage gestellt.

Trotz allem begibt sie sich auf die Reise nach Solay­maniye zu ihrem Geliebten. Der Weg ist lang, führt sie an die Grenzen des Legalen, in eine andere Sprache und verschlei­erte Kultur, in der einer Frau, die nachts ohne Kopftuch das Hotel verlässt, um ihren Freund anzurufen, auto­ma­tisch von Fremden Geld zuge­steckt wird.

Ayça Damgaci wartet auf Hama Ali Khan. Sie wartet überall dort, wo auch nur der Hauch einer Chance besteht, dass er die Landes­grenze über­schreiten kann, um zu ihr zu gelangen. »If you don’t love me enough to risk your life – then tell me!!!« fleht sie. Wahre Worte aus dem echten Leben.