Deutschland 1998 · 81 min. Regie: Herbert Achternbusch Drehbuch: Herbert Achternbusch Kamera: Michael Wagner Darsteller: Herbert Achternbusch, Dieter Dorn, Georg Ringsgwandl, Jörg Hube, Axel Milberg |
»Als des Führers letzter Hund, hetzt er durch Europa«: gemeint ist Helmut Kohl. Dieser Satz steht auf einem Demonstrationsplakat, daß Stadtstreicher Hicks (Herbert Achternbusch) inspiriert von der Klage eines Münchner Polizisten auf sein Demonstrationsschild schreibt. Vorher steht noch: »Wer befreit mich von Helmut Kohl?« und zum Schluß: »Hilfe, Hilfe, Hilfe«.
Erstaunlich wie unpolitisch ein Film sein kann, der scheinbar Staat, Polizei und Kirche zur Zielscheibe seines Gespötts macht. Liebenswert kommt dieser Film daher und verläßt nie den subjektiven Standpunkt seines Autors.
Und er macht Spaß in seiner Konsequenz und Respektlosigkeit gegenüber jeder Autorität.
Achternbusch, der bayerische Poet, Schriftsteller, Filmemacher und Maler, gelingt es, sich ohne jede Agression der Modernisierung und Hochglanzästhetik der
90er Jahre zu verweigern.
Seine Film sieht immer noch so aus, wie ein Produkt der 70er Jahre. Wenn Schlingensief seinen jüngsten Film Die 120 Tage von Bottrop, als den Letzten Neuen Deutschen Film, in die Kinos bringen läßt, dann hat er wohl gedanklich den Herbert Achternbusch verdrängt. Wie kaum ein anderer steigt Achternbusch immer wieder aus der Versenkung hervor, auch Hofbräuhaus genannt, und stellt sein neuestes Buch, Film, Inszenierung oder bildende Kunst vor. Niemals bösartig in der Inszenierung seiner Utopien tritt er doch immer wieder konservativen Gliedern der Gesellschaft auf die Füße. Warum sich da jemand noch getroffen fühlen sollte, wenn Achternbusch menschliche Schwächen mit Respektspersonen verbindet, mögen die angeblich »Geschädigten« selbst erklären.
Die radikal-subjektive Form eines Achternbusch gibt sich niemals den Anschein auch nur ernsthaft in Erwägung zu ziehen Strukturen verändern zu wollen. Noch weniger scheint es, daß Achternbusch seine Filme mit einer Botschaft ausstattet, die ihn die Welt getragen werden soll. Film als Selbstzweck und ohne Anspruch auf Wahrheit. Eher sogar noch mit dem Anspruch auf Kommunikation, Diskussion und Amüsement.
Exzellente Schauspieler, theater-nahe Bildsprache und die Verquickung von
Malerei, Prosa und Kabarett bieten eine Erholung zur glattgeschliffenen Filmfabrik der Gegenwart.
Nachdem Helmut Kohl, dann auch wirklich auf mysteriös-behauptete Weise zum Verschwinden gebracht wird hat der Autor noch einen Nachtrag angehängt. Seine kleine Tochter wird in höchst väterlich-verliebter Weise ins Bild gesetzt und unterstützt ganz bewußt die persönlich-private Ausstrahlung der Unterhaltungskunstform Film.
Und er hat es geschafft. Sein Film wird auf der diesjährigen Berlinale 1998 gezeigt, in der Panorama-Sektion.
Falls ihm das überhaupt etwas bedeuten sollte. Denn scheinbar ungerührt von jedem Medienrummel, ob positiv oder negativ, um seine Person, hat Achternbusch wahrscheinlich seine persönlichen Maßstäbe über die Seifenblasen des öffentlichen Lebens gesetzt.