USA 2002 · 82 min. · FSK: ab 12 Regie: Jake Kasdan Drehbuch: Mike White Kamera: Greg Gardiner Darsteller: Colin Hanks, Kyle Howard, Brett Harrison, Schuyler Fisk u.a. |
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Wenn Kinder spielen: Colin Hanks und Schuyler Fisk |
Es gehört schon zu den sonderbarsten Eigenheiten der amerikanischen Medienkultur, dass man sich dort mit gelassener Selbstverständlichkeit gerade über das lustig macht, wofür man selber steht.
In Nix wie raus aus Orange County spottet man etwa über die oberflächlichen Jugendlichen der Pop-Generation, denen bei »Romeo and Juliet« erst einmal Leonardo DiCaprio und Claire Danes und nicht Shakespeare einfällt und die für die Abschlussrede an ihrer
High-School die Literaturnobelpreisträgerin Toni Morrison links liegen lassen, sobald der Name Britney Spears fällt. Coproduziert wurde dieser Film dabei ausgerechnet vom Musiksender MTV, den man gemeinhin als einen der Auslöser dieser kulturellen Inkompetenz betrachtet. Man könnte nun darin eine gewisse Selbstironie sehen, aber damit unterstellte man dem Film und seinen Machern wohl zu viel der guten Absichten.
Nix wie raus aus Orange County ist ein unterhaltsamer, sympathischer und in manchen Szenen ungemein lustiger Film, der manchmal angenehm überrascht, der aber aufgrund seiner Unentschlossenheit viele Möglichkeiten verschenkt und der schlußendlich nicht einhalten kann, was sein interessanter Ansatz verspricht.
Shaun Brumder ist ein absolut typischer, kalifornischer Teenager, inklusive allen dazugehörigen Klischees wie geschiedene Eltern,
chaotische Familie, nette Freundin, durchgeknallte Freunden, Abhängen am Strand und vor allem surfen, surfen, surfen. Durch Zufall findet er am Strand ein Buch, das ihn so begeistert, dass er sein Leben vollständig ändert und sogar das Surfen aufgibt. Fortan will Shaun nur noch Schriftsteller werden und deshalb an der Universität Stanford, wo der Autor seines Lieblingsbuches lehrt, studieren. Trotz der besten Voraussetzungen versauen ihm seine Mitmenschen die Zulassung zu seiner
Traum-Uni, weshalb er sich mit seiner Freundin und seinem ewig zugedröhntem Bruder nach Stanford aufmacht, um sein Schicksal selber in die Hand zu nehmen.
Bis hier hin bietet Nix wie raus aus Orange County flotte Unterhaltung, mit vielen geistreichen Gags und ironischen Seitenhieben auf den Californian way of life und den Abgründen des Schul- und Familienalltags.
Man merkt schnell, dass man es hier auch nicht mit einem der üblichen Teenie-Filme zu tun hat, weshalb die »gross out«-Attacken ziemlich milde bleiben, die erzählte Geschichte mehr ist als eine planlose Gag-Parade und namhafte Schauspieler durch
einen Gastauftritt den Film interessant machen. Doch gerade hier liegen auch die Schwächen des Films.
So ist es schön und gut, dass hier nicht nur unter die Gürtellinie gezielt wird; dumm nur, dass der Humor auch sonst über weite Strecken einfach zu brav ist. Löblich auch, dass der Film eine richtige Handlung hat; bedauerlich dagegen, dass diese Geschichte vom Erwachsenwerden schon tausendmal (und oft besser) erzählt wurde. Toll, dass Stars wie Chevy Chase, Lily Tomlin oder Ben Stiller mitmachen; Schade aber, dass ihr Können nicht genutzt wird und ihre Rollen klein und unbedeutend
bleiben.
Im Auftritt von Kevin Kline als Marcus Skinner, dem von Shaun verehrten Schriftsteller, werden alle diese drei Schwächen gleichzeitig offensichtlich. Obwohl Kline ein wunderbarer Komödiant ist, darf er hier nur das schlichte Klischee des klugen und gönnerhaften Schriftstellers abgeben. Die Szenen mit ihm entbehren jeglichen Humors und der Regisseur Kasdan scheint vor dem Schauspieler Kline in ähnlicher Ehrfurcht zu erstarren, wie Shaun vor seinem Vorbild Skinner. Dessen
pathetische Ansprache gibt dabei den moralischen Grundton, der sich bis zum allzu versöhnlichen Ende des Films fortsetzt, vor.
Wer bei einem Film mit gutem Anfang und peinlichem Happyend und der Geschichte eines jugendlichen Autors und seinem schreibenden Mentor an Curtis Hansons Wonder Boys denkt, liegt gar nicht so verkehrt, da auch dieser Film von Scott Rudin produziert wurde.
Rudin ist einer der großen Produzenten Hollywoods, der einerseits für zahlreiche Filmhits verantwortlich ist (Sister Act, Addams Family), der aber immer auch versucht anspruchsvolle und kritische Filme zu machen (Die Truman Show, Zivilprozeß) und der selbst so berüchtigten Genres wie der High-School-Komödie etwas Niveau einhauchen konnte (z.B. Clueless).
Bei Nix wie raus aus Orange County geht das Kalkül Rudins leider nicht ganz auf und das nicht, weil sich hier Anspruch und Unterhaltung gegenseitig ausschließen würden, sondern weil oft die Unterhaltung zu kurz kommt und der Anspruch mit einer positiven Alles-wird-gut-Botschaft gleichgesetzt wird.
Zurück bleibt ein ambivalentes Bild von Nix wie raus aus Orange County, der einerseits durch sein gutes Drehbuch, eine unterhaltsame erste Hälfte und den komödiantischen Leistung von Jack Black als drogensüchtigem, chaotischem Bruder und John Lithgow als dauergestreßtem Vater überzeugt und der andererseits (vor allem in der zweiten Hälfte) oft einfallslos inszeniert ist, durch seine »Botschaft« langweilt und das Potential vieler (vor allem bekannter) Schauspieler ungenutzt läßt.
Wenn man weiß, dass der Hauptdarsteller Colin Hanks der Sohn von Tom Hanks, seine Filmfreundin Schuyler Fisk die Tochter von Sissy Spacek und der Regisseur Jake Kasdan der Sohn von Lawrence Kasdan ist, dann muss man unweigerlich an die Musik der Söhne und Töchter von berühmten Rockstars denken. So wie die Musik von Lennon Jr., Zappa Jr. oder Wilson Jr. ist auch Nix wie raus aus Orange County meist ganz nett, hat aber nie die Intensität der Songs bzw. der Filme der Eltern.