Spanien/USA 2002 · 133 min. · FSK: ab 12 Regie: John Malkovich Drehbuch: Nicholas Shakespeare Kamera: José Luis Alcaine Darsteller: Javier Bardem, Laura Morante, Juan Diego Botto, Elvira Mínguez u.a. |
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Javier Bardem (2. von li.) |
Eine Reise durch die Dunkelheit: Ein Grenzsoldat kontrolliert ein Auto. Die Spannung steigt, mit den Konventionen eines Thrillers vertraut, erwartet man etwas Spektakuläres, einen Kampf vielleicht. Doch nichts passiert, der Soldat muss nur ein Passbild von einem der Fahrgäste anfertigen.
Dann ein Schnitt, der die Szene als Erinnerung enthüllt: Rejas, der Grenzer von einst (gespielt vom wunderbaren spanischen Schauspieler Javier Bardem), ist einige Jahre später in der Hauptstadt zum Kommissar aufgestiegen. Er ist Chefermittler im Kampf gegen eine neue Terroristenbande, die auf ungewöhnlich brutale Weise zuschlägt. Zur Gefahr dieser Arbeit und dem politischen Druck durch das Militär, dass in den Anschlägen die Chance sieht, die eigene Macht zu erweitern und den
Rechtsstaat auszuhöhlen, kommen private Probleme: Um seine Ehe steht es schlecht.
So werden die Ermittlungen für Rejas auch zur Reise in die eigene Gefühlswelt. Er muss prüfen, was ihm im Leben wirklich wichtig ist, seine emotionalen wie beruflichen Grenzen erkunden. Überdies nähert er sich zögerlich einer anderen Frau, der Ballettlehrerin seiner Tochter (Laura Morante).
Der Obrist und die Tänzerin, die erste Regiearbeit des bekannten Schauspielers John Malkovich, die Verfilmung des Bestsellers »The Dancer Upstairs« von Nicholas Shakespeare, stammt zwar von einem US-Amerikaner und spielt in einem nie genannten Land Lateinamerikas. Trotzdem ist es ein durch und durch europäischer Film geworden: Ein psychologisches Drama um einen Menschen, der hin- und hergerissen zwischen verschiedenen Leidenschaften und Herausforderungen seinen Weg finden muss. Malkovichs Stil ist kühl, seine Regie zurückhaltend, lässt den Film streckenweise fast wie eine Dokumentation wirken. Das passt gut, denn den Hintergrund der Ereignisse bildet die tatsächliche jüngere Geschichte von Peru, als in den 80ern der »Leuchtende Pfad« das Land terrorisierte und fast die Macht im Staat übernahm. Es gehört zu den besonderen Stärken des Films, wie er diese allmähliche Machtergreifung des Terrors, sein Funktionieren fast einfühlsam beschreibt, und dabei zugleich zeigt, dass auch der Staat nicht unschuldig bleibt. Denn im Kampf gegen die Terroristen wird das fiktive Land, in dem der Film spielt zunehmend ein unfreier Ort, gleichen sich die Mittel beider Seiten zunehmend an. So ist Der Obrist und die Tänzerin auch ein gelungenes Portrait lateinamerikanischer Verhältnisse. Zugleich sind manche aktuellen Parallelen unübersehbar.
Die Oberhand aber behält das persönliche Drama von Rejas. Ihm dämmern zunehmend einige Einsichten: Im Foto, das er zu Beginn machte, erkennt er nämlich den mysteriösen Terrorführer. Mit seiner Ehe kann es so nicht weitergehen. Und auch seine neue Liebe birgt ein Geheimnis. Er muss sein Leben ändern.