USA 1998 · 105 min. · FSK: ab 16 Regie: Stephen Sommers Drehbuch: Stephen Sommers Kamera: Howard Atherton Darsteller: Treat Williams, Famke Janssen, Wes Studi, Anthony Heald u.a. |
»They don’t eat you – they drink you«: Wen das glitschige Tiefseemonster aus Deep Rising in seine tentakelähnlichen Mäuler gesaugt hat, den verflüssigt es mittels Verdauungssäften, bis nur noch ein blutiges Skelett zurückbleibt – was drastisch zur Anschauung gebracht wird, als die Helden einen halbverdauten Kameraden aus dem langen Schlund befreien und zusehen müssen, wie er sich vor ihren Augen bis auf die Knochen weiter zersetzt.
Der
Film selbst ist der furchterregenden Kreatur in seinem Mittelpunkt gar nicht unähnlich: Fast alle Monsterfilme seit Beginn des Genres, so scheint es, hat er geschluckt, um sie dann, halbverdaut und bloßgelegten klapperigen Gerüsts, wieder auszuspucken.
Der sympathische Kapitän eines Charter-Bootes (Treat Williams) und seine Crew; eine Bande äußerst zwielichtiger Gestalten mit Waffenarsenal, die er befördert; ein hypermodernes Kreuzfahrtschiff, an Bord die Reichsten und Schönsten der Welt und der skrupellose Besitzer (Anthony Heald) sowie eine bildhübsche Hoteldiebin (Famke Janssen); ein monströse Bedrohung aus den Tiefen des Meeres: Nach spätestens einer Viertelstunde ist in Deep Rising alles klar,
und man kann den weiteren Verlauf fast auf den Dialogsatz genau vorhersagen.
Wer kein weißer Amerikaner ist, wird in dem Film nicht überleben; dafür kriegt der Kapitän die Diebin, und den beiden ist zum Finale genauso selbstverständlich ein symbolischer Orgasmus vergönnt, wie zwangsläufig zuvor Monster und Oberbösewicht symbolisch kastriert werden, bevor sie im reinigenden Flammenmeer untergehen.
Die Mundöffnungen des Monster kommen natürlich im immer wieder gern
gesehenen vagina dentata-Design daher, und auch auf die Klassiker des Monsterfilm-Dialogs (Von »I've got a bad feeling about this« bis »Whatever it is... it’s BIG«) muß nicht verzichtet werden.
So bekommt Deep Rising einen beruhigend rituellen Charakter – er ist Genre-Film in Reinkultur: die Aneinanderreihung immergleicher, fast mythischer Grundelemente. (Und so blöd der – unerklärliche – deutsche Verleihtitel ist: Octalus – Der Tod aus der Tiefe klingt so schön nach italienischen Weiße
Hai-Rip offs der Siebziger, daß er dem Herz des Filmes eigentlich doch näher ist.)
Ungefähr eine Stunde lang funktioniert das dann auch recht gut, zumal der relativ flotte Film mit Humor nicht geizt (Famke Janssen beweist dabei unerwartet großes komödiantisches Talent) und ihm immer wieder schöne Szenen gelingen. Aber irgendwann ist die Luft raus, die Freude über all die seit Kindheit vertrauten, wunderbaren Schemata verflogen; Deep Rising gehen Tempo
und Ideen aus, und das läßt Raum für die Frage, warum jemand heute immer noch solche Filme macht.
Und je mehr man vom mittels Computergraphik realisierten Monster zu sehen bekommt, um so mehr verläßt den Film der Rest seines Charmes. Denn das schaut alles schon viel zu glatt und professionell und teuer aus für das, was der Film eigentlich ist. Mal wieder ein geradliniges, unreflektiertes, reaktionäres Monster-B-Picture auf die Leinwand zu bringen, ist eine Sache – aber
wenn die Disney-Studios (ausgerechnet!) für so etwas über $40 Mio. ausgeben, dann ist man sehr weit weg von den Wurzeln des Genres. Und in Bereichen, wo der Spaß dann einfach aufhört.