USA 1998 · 123 min. · FSK: ab 12 Regie: Steven Soderbergh Drehbuchvorlage: Elmore Leonard Drehbuch: Scott Frank Kamera: Elliot Davis Darsteller: George Clooney, Jennifer Lopez, Ving Rhames, Albert Brooks u.a. |
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Begegnung im Kofferraum |
Worüber unterhalten sich ein Mann und eine Frau bei ihrer ersten Begegnung, wenn diese im Kofferraum eines Autos stattfindet? Richtig: Sie sprechen über Film. Er zitiert begeistert aus Sidney Lumets Network und sie hilft ihm mit den Namen der Darstellern. Schließlich äußert er seinen Wunsch, sie noch einmal unter anderen Umständen kennenzulernen, eine Auszeit zu bekommen. Doch dem steht nicht nur die Linearität der Zeit entgegen: Er – Jack Foley (George Clooney) – ist ein mehrfach verurteilter, alternder Bankräuber und soeben aus dem Gefängis ausgebrochen. Sie arbeitet als Polizistin, ist zufällig zu seiner Geisel geworden und heißt Karen Sisco (Jennifer Lopez). Kaum ist sie Foley und seinem Partner Buddy (Ving Rhames) entkommen, beginnt sie auch schon mit der Jagd auf den Ausbrecher, der überdies schon wieder unterwegs ist zu einem großen Coup (für die Rente). Allerdings hat es Karen im Kofferraum ebenfalls »erwischt« und so sucht sie ebenfalls nach der Auszeit, dem Moment außer Sichtweite der übrigen Welt...
Out of Sight ist innerhalb relativ kurzer Zeit die vierte Verfilmung eines Romans von Elmore Leonard. Wie schon zuletzt in Tarantinos Adaption von Jackie Brown zeigt sich auch bei dieser jüngsten Umsetzung durch Steven Soderbergh, daß die Stoffe des Schriftstellers großartig für die Leinwand geeignet sind und dem Kino einen neuen, alten Weg weisen können: Zurück zu klaren, geradezu klassischen Geschichten, die allein aufgrund der Charaktere funktionieren und spannend und witzig erzählt werden. Die Ausbrecher-Love-Crime-Story von Out of Sight ist im Grunde simpel, doch sie fesselt durch ihre Figuren, die bis in die Nebencharaktere interessant gezeichnet sind. So schafft es George Clooney (Projekt: Peacemaker), den Jack als charmanten Gentleman-Räuber zu verkörpern, der unbewaffnet 200 Banken ausrauben kann, aber immer Pech mit seinen Fluchtautos hat. Ein gerissener Loser, sinnlos romantisch und immer mit einem Benzinfeuerzeug spielend obwohl er nicht raucht.
Als Vorbild für Karen – die im Gegensatz zu Jack Schußwaffen liebt – diente Leonard ein Zeitungsfoto, daß eine attraktive Polizistin mit einem Gewehr vor einem Gerichtsgebäude zeigte. Dieses Bild war der Ausgangspunkt für seinen Roman und taucht im Film wieder auf. Jennifer Lopez (U Turn) verkörpert diese toughe Schlüsselfigur auf wunderbare Weise: Sie agiert absolut souverän, immer mit der gerade angemessenen Härte bzw. Sanftheit. Ein wenig erinnert dieser starke Frauencharakter (und nicht nur der) an Jackie Brown, zu dem außerdem eine witzige Parallele gezogen wird durch einen kurzen Gastauftritt von Michael Keaton als FBI-Agenten – eine hübsche Parodie auf seine Rolle in Tarantinos Film.
Eine weitere Stärke von Out of Sight ist der Erzählstil. So setzt Soderbergh sehr virtuos kurze Rückblenden ein. Besonders genial: Eine Schlüsselszene zeigt er gleichzeitig an zwei nur minimal verschiedenen Zeitpunkt, wobei der Dialog der einen Einstellung über den Bildern der anderen zu hören ist. Trotz der vielen Schauplätze – vom sonnigen Miami bis ins düstere, verschneite Detroit – gerät der Film nie aus dem Rhythmus. Sowohl die Spannung der Love- als auch der Crime-Story werden über zwei Stunden (!) immer gehalten und perfekt aufeinander abgestimmt. Ein schlicht guter Film für den Herbstbeginn, nach einem Sommer voller unsinniger Explosionen.
P.S. Soderbergh und Clooney werden nächstes Jahr bei der Football-Komödie Leatherheads wieder zusammenarbeiten.
Romanvorlagen zu verfilmen hat in Hollywood seinen besonderen Reiz: Meistens geht es um die Frage, welches der großen Studios sich als nächstes vor den Horden hämischer Kritiker blamiert. Ausnahmen bestätigen die Regel, verfügen dann aber über einen unverwechselbaren Charme, der sie von anderen, die Komplexität systematisch reduzierenden Drehbüchern unterscheidet. Eastwoods Midnight in the Garden of Good and Evil etwa war ein solcher Glücksgriff, der sich auf weitläufige Beschreibungen einließ und so die Ebene einer vorwärtsgerichteten Inszenierung vermied.
Auch die bisherigen Adaptionen von Elmore-Leonard-Romanen sind von hoher Qualität: Barry Sonnenfelds gewitzter Get Shorty und Quentin Tarantinos alt-cooler Jackie Brown liefern den Beweis. Out of Sight aber ist noch eine Dimension besser, und das liegt vor allem an seinen beiden Hauptdarstellern: sie hauchen der Geschichte ehrfurchtsvolles Leben ein.
Der glücklose Bankräuber Jack Foley (unwiderstehlich: George Clooney) sitzt nach einem mißlungenen Überfall mal wieder im Gefängnis. Beim folgenden Ausbruch läuft ihm US Marshall Karen Sisco (brillant: Jennifer Lopez) über den Weg und muß sich als seine Geisel einen Kofferraum mit ihm teilen. Daß es zwischen den beiden gefunkt hat, wird erst klar, als Foley längst untergetaucht ist. Beide setzen, wider alle Logik, alles daran, sich wiederzusehen. Doch die Differenzen zwischen ihnen werden durch einen erneuten Coup Foleys nur verstärkt.
Ausnahmeregisseur Steven Soderbergh (Sex, Lies And Videotape) produzierte mit Out of Sight einen Film mit non-linearer Erzählstruktur, der dem kühlen Groove seiner Soul-Musik entspricht. Mit subversiv betörendem Sex fängt er seine Lovestory ein. Die Luft knistert zwischen Lopez und Clooney, der endlich einen ebenbürtigen Gegenpart gefunden hat und nicht, wie noch in The Peacemaker, die Show im Alleingang durchziehen muß. Teils humorvoll, manchmal traurig, aber immer unterhaltsam und vor allem in höchstem Maße faszinierend entwickelt sich das an sich völlig absurde Spiel zwischen den beiden. So entsteht eine vollendete Spannung, die den Zuschauer durch den ruhigen Ablauf der Handlung geschmackvoll bis vornehm kunstvoll verführt.
Aufgesplittet in zahlreiche Rückblenden, die sich wie lockere Episoden zu einem Ganzen zusammenfügen, steht keine forcierende Handlung im Vordergrund, sondern ein süffisantes Einfangen von nostalgisch angehauchten Bildern im typischen Leonard-Look der 70er Jahre. »Who looks at a gun has always a choice«, sagt Clooney angesichts der Zwecklosigkeit einer andauernden Beziehnug mit Lopez. Seine Lösung des Dilemmas entspricht nur nicht ganz ihren Vorstellungen. Am Ende wünscht er sich »No more time outs«, Schluß mit dem Waffenstillstand. Die Realität hat unser Liebespaar eingeholt.
Neben intelligenten Dialogen sind es vor allem die kleinen Gesten, die Out of Sight so interessant machen.
Nicht nur die Hauptdarsteller, sondern auch alle Nebenrollen wurden sorgfältig besetzt: Ving Rhames, Dennis Farina, Albert Brooks, Nancy Allen und ein Cameo von Michael Keaton bekommen von der umsichtigen Regie genug Raum für ihre amüsanten Rollen. Augenzwinkernd und fast anachronistisch erscheinen die meisten von ihnen auf der Bildfläche.
Out of Sight ist kein flaches Popcorn-Event, sondern zeugt von einer Seelenverwandtschaft mit den wahren Die-Hard-Romantikern unter uns. Der Film verzaubert jeden, der sich auf dieses wagemutige Spiel mit den schönsten menschlichen Gefühlen einläßt, und sein cooler Groove läßt bereitwillige Kinoherzen mitschwingen.