USA/E 2019 · 95 min. · FSK: ab 12 Regie: Alice Waddington Drehbuch: Brian DeLeeuw, Nacho Vigalondo Kamera: Josu Inchaustegui Darsteller: Emma Roberts, Eiza González, Awkwafina, Milla Jovovich, Danielle Macdonald u.a. |
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Ohne bleibenden Eindruck |
Devot sein, still sein, hübsch sein – eigentlich gesellschaftliche Forderungen an Frauen aus den vorigen Jahrhunderten. Alice Waddingtons Paradise Hills spielt zwar in der Zukunft, aber in der verlangt man in großem Stil genau das wieder. Und wer da widerspricht, findet sich in einem quietschbunten Umerziehungslager wieder.
Uma (Emma Roberts) hat dieses Schicksal ereilt. Sie wacht in einer Benimmschule auf, einer grotesken Verwirklichung eines Kleinmädchen-Fiebertraums. Hier geht es um Make-Up, Fitness und Diät, nicht um Individualismus und Persönlichkeit. Verantwortlich für ihren Aufenthalt im Puppenhaus der Disziplin ist ihre Mutter. Der steinreiche Schnösel, den sie sich als Schwiegersohn ausgesucht hat, ist alles andere als nach Umas Geschmack. Außerdem hat sie ja bereits einen Liebhaber – der kommt nur dummerweise aus der Arbeiterschicht. Die Heimleiterin (Milla Jovovich) zeigt zunächst Verständnis für Umas Unmut und versucht es mit gutem Zureden. Allerdings sind Hexen ja immer anfangs ganz nett.
Alice Waddingtons Überkitschwelt hat etwas von Brazil mit Zuckerguss. Die Detailverliebtheit, die in der Ausstattung von Paradise Hills steckt, weiß zu beeindrucken, egal, wie viel Karies und Augenschmerzen man davon bekommt. Und es hat ja nicht nur schlechte Seiten. Uma lernt schnell Mitstreiterinnen kennen, darunter die Pop-Sängerin Amarna (Eiza González), die hier wegen angeblicher Alkoholexzesse einsitzt. Keines der Mädchen hat übrigens vor, wirklich zur Vorzeigedame zu werden. Einfach die Zeit absitzen, danach wollen sie weitermachen wie zuvor. Nach und nach müssen sie jedoch feststellen, dass die tägliche Indoktrination nicht das geringste Übel ist.
Waddington ist mit Paradise Hills ein feministisches Anti-Märchen mit Einsprengseln aus Science Fiction und Kostümfilm gelungen. Was ihr leider nicht gelungen ist, ist ein guter Film. Den Kitsch, den der Film auf eine ironische Spitze treibt, verkörpert er selbst, wenn es zu sentimentalen Momenten zwischen Uma und ihrem Geliebten, beziehungsweise zwischen Uma und Amarna kommt. Diese lesbisch angehauchte Love Story trägt nicht wirklich etwas zum Film bei. Eher ist sie hübsches Emotions-Beiwerk, was einen feministischen Film nicht unbedingt glaubwürdig macht. Bei aller Ironie, Waddington kann sich vom Märchen doch nicht vollständig lösen.
Genauso blass kommen die Figuren daher. Uma ist die einzige, von der man mehr erfährt, nämlich dass sie noch tief vom Verlust ihres Vaters getroffen ist und eben nichts mit den High Society-Erwartungen ihrer Mutter anfangen kann. Die restlichen Damen bekommen gerade so viel Geschichte und Charakter, dass es nicht zu kompliziert wird.
Paradise Hills stützt sich komplett auf sein Design und die Aussage »Sei wie du bist!«. So gut es auch gemeint ist, für einen bleibenden Eindruck reicht es nicht. Die Aussage bleibt in der grotesken Fantasie-Welt stecken, in der die Mädchen nicht unter realem Sexismus leiden, sondern unter einem Zerrbild dessen. Sicher braucht ein phantastischer Film keine Rücksicht auf reale Umstände nehmen, aber wenn er eine explizite kritische Aussage verbreiten will, muss auch er tiefer in die Materie gehen. Paradise Hills bleibt da lieber an der Oberfläche und erzählt dem Publikum Sachen, die es sowieso schon wissen sollte. Darüber täuscht auch kein noch so perfektes Make-Up hinweg.