USA 2002 · 112 min. · FSK: ab 16 Regie: David Fincher Drehbuch: David Koepp Kamera: Darius Khondji Darsteller: Jodie Foster, Kristen Stewart, Forest Whitaker, Dwight Yoakam u.a. |
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Kristen Stewart und Jodie Foster |
Er soll unser Held sein. Unser existentialistischer Dichterfürst, ein Auteur, der uns Anfang des 21. Jahrhunderts im dunklen Kinosaal die Welt durchdenkt, sie für uns erfahrbar macht, Zusammenhänge zeigt, die wir zwar immer geahnt, aber nie so präzise und einfach hätten ausdrücken können. Es ist eine seltsame Form von Intimität, die sich manches Mal zwischen Publikum und einem Fincher-Film aufbaut. Deshalb zuerst die Antwort auf die wichtigste Frage: Nein, Panic Room wird die Welt für uns nicht retten. Nicht so, wie es Fight Club getan hat. Der die Globalisierung platzen ließ, weil sie nur eine Globalisierung des Geldes und der Effizienz sein sollte. Der uns Verletzlichkeit und Verfall als schön, ja erstrebenswert präsentierte, weil sich alles, was wir nicht sein wollen, im Gesicht Brad Pitts in einen Aufbruch verwandelte. Heraus aus den Erwartungshaltungen, der Sklaverei des Lifestyles, der Werbung. Panic Room reduziert die globalen Probleme in individuelle, die Krise einer ganzen Generation reduziert sich auf die Krise einer einzigen Nacht. Der Film Comment schrieb 1999 das Fight Club der erste Film des 21. Jahrhunderts sei. Panic Room ist ein reiner Thriller, den es zu allen Zeiten des Kinos hätte geben können.
Der Film gehorcht dem reinen Minimalismus, konzentriert sich auf eine Nacht und einen Ort. Die frisch geschiedene Meg Altman und ihre Tochter Sarah ziehen von Conneticut nach New York und finden eine Villa mit allem Komfort. Drei Stockwerke, Garten, Fahrstuhl. Ein Traum. Die Perle des neuen Reiches ist der Panic Room, eine Stahlkammer als kleines Anhängsel im Schlafzimmer. Eine Überlebensinsel, die hermetische Abriegelung für den paranoiden Hausbesitzer vor der feindlichen Welt im Falle eines Einbruchs verspricht. Schon bei der ersten Besichtigung entlädt sich die Panik allerdings zu beiden Seiten. Megs Gesicht spricht von Klaustrophobie und die dünne Linie zwischen Schutz vor dem Außen und der Gefahr aus dem Inneren der Figuren wird somit markiert.
Die erste Nacht: Mutter und Kind beim Pizza-aus-der-Schachtel-essen in der Küche und liegen später friedlich im Bett. Die Kamera fliegt durch das Haus, die Stockwerke hinunter, findet die ersten Bilder der Einbrecher an der Vordertür, schleicht wie ein Hund durch die still und einsam liegenden Räume, nimmt die Fremden in einer einzigen Bewegung an der Hintertür wieder auf. Hitchcocks Frage nach dem »Wer?«, dem Subjekt hinter dem Blick der Kamera scheint unheimlich, weil es ein völlig entmenschlichtes Sehen ist. Gleichzeitig erklärt uns die Fahrt noch einmal den Raum, steckt das Spielfeld ab für das nun folgende nächtliche Katz- und Mausspiel zwischen Einbrechern und Bewohnern der Villa. Mutter und Tochter verschanzen sich im Panic Room, wo natürlich auch das Geld verborgen liegt, das die Einbrecher haben wollen. Die Kommunikation läuft über Videokameras, die im ganzen Haus verteilt sind und die Bilder aus den anderen Zimmern direkt in den Panic Room übertragen.
Über David Fincher ist gerade eine Monographie erscheinen, was befremdlich ist wenn man bedenkt, dass er bis heute nur fünf Filme gemacht hat. Vielleicht ist es noch zu früh, sein Schaffen organisch vernetzen zu wollen, die Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten, den »Fincher-Touch« zu beschreiben, wenn er noch gar nicht entstanden ist. Sicher, es gibt auch in Panic Room die Detailfahrten (als die Gangster den Raum mit Gas bearbeiten, um ihre Opfer herauszulocken, da folgt die Kamera dem Schlauch, dann dem Gas in den Lüftungsschacht, nimmt das schwerelose Treiben einer Feder auf und gleitet durch ein Gitter in den nächsten Raum hinein, sorgt so für zusätzlichen suspense, weil sie die Architektur als porös und brüchig ausweist). Die Bilder sind schmutzig, düster, tendieren zum monochromen.
Und dennoch ist vielleicht die Leerstelle das, was Finchers Filme ausmacht. Die Widersprüche, wenn die Bedeutungen zu oszillieren beginnen, die Aussagen sich anorganisch im Gezeigten verteilen, keinen festen Körper mehr bilden. Das letzte Bild in Fight Club: Tyler wurde gerade erschossen, mit einem klaffenden Loch liegt er tot auf dem Boden und ersteht dennoch vor der Fensterfront, in den einstürzenden Gebäuden, wieder auf. Stärker als zuvor. Die »Botschaft« lässt sich nicht eindeutig definieren, sie schwankt zwischen Subversion und dem Wunsch des Erzählers, dass doch alles wieder so sein soll wie es war. Auch Panic Room hat solche Momente. Die stummen Blicke, die zwischen Meg und dem »guten« Einbrecher Burnham – der sich vor allem durch sein übermächtiges Gewissen von seinen zwei Kollegen abgrenzt – über die Überwachungsmonitore ausgetauscht werden und die das eigentliche Drama erzählen. Das Bildplateau, in das sich der flüchtende Burnham verwandelt, als er am Ende von der Polizei gestellt wird. Die Leinwand zeigt eine letzte Großaufnahme Megs, der er eben das Leben gerettet hat, aber der Film erzählt nicht weiter, bricht an dieser Stelle ab, um zum Status Quo des Beginns zurückzukehren. Das Ende bleibt offen, die Beziehungen der Charaktere möglich aber nicht notwendig. Der Film trifft keine Aussage, es kann noch viel passieren zwischen den Figuren, genau wie in den vielen Filmen, die Fincher hoffentlich noch machen wird.