USA 2000 · 164 min. · FSK: ab 16 Regie: Roland Emmerich Drehbuch: Robert Rodat Kamera: Caleb Deschanel Darsteller: Mel Gibson, Heath Ledger, Joely Richardson, Tom Wilkinson u.a. |
Lieber Roland, lieber Wolfgang,
ich tu ja sonst keine Leserbriefe schreiben (geht ja eh nicht, weil ihr zwei beide ja Filme macht, haha) aber das muss jetzt einfach mal gesagt werden: auf Euch ist Verlass. Wo Emmerich oder Petersen drauf steht ist auch Emmerich oder Petersen drin. Auf Dich kann man bauen Roland, wie ein Fels steht unser Spielbergle in der Brandung des Filmgeschäfts. Wir sind ganz wahnsinnig stolz hier in der fernen Heimat. Roland und Wolfgang, wir loben Euch. Endlich sind wir wieder wer in Hollywood (und das ist ja so gut wie die ganze Welt, der Teil auf den es ankommt jedenfalls). Wir haben sogar – dank Euch – das Flugzeug des Präsidenten gekapert, das weiße Haus von Außerirdischen bombardieren lassen, perfekte Stürme entfesselt, kurz so allerhand heiße Luft gemacht in der Traumfabrik. Ja, Roland und Wolferl, wir dürfen endlich wieder richtig patriotisch sein nach 50 Jahren Betroffenheit. Vergesst Robert Siodmak, vergesst Fritz Lang und wie sie alle hießen: erstmal schon nicht in Deutschland bleiben wollen und dann auch noch meckern und mäkeln am American Way of Life, an Justiz und Mobmentalität. Linke Bazillen, das. Wollen wir doch gar nichts wissen von. Ihr beiden habts kapiert, everything is bigger, everything is better in the USA.
Schade, Roland, mit dem Befreiungskrieg hat das ja bei uns nicht so richtig geklappt und deswegen geht das schon okay, dass Du jetzt mal zeigst, wie die Amis die Rotröcke raushauen aus der schönen Neuen Welt (das mit den Roten übrigens, alle Achtung, Mensch. Da haste aber ganz gemein aufgepasst damals in der Filmhochschule. Die Roten sind ja immer schuld, ob Indianer oder Kommunisten. Aber wie Du das jetzt mal eben so selbstständig weitergedacht hast und in The Patriot die Engländer als Rotröcke...Junge, Junge! Da wissen wir doch gleich, wo der Hase lang läuft.)
Ehrlich gesagt, lieber Roland, gefällt mir Dein Film jetzt sogar noch besser als dem Wolfgang sein Sturmtief. Zugegeben, auch weil ich George Clooney voll Scheiße finde und den Mel Gibson echt schnuckelig. Deswegen hatte ich mir auch vorher ganz, ganz fest schon vorgenommen, von Deinem Film ganz doll beeindruckt zu sein. Dabei hast Du das ja gar nicht nötig. Mit Independence Day hast Du das damals ja auch ohne Mel geschafft. Roland, Du hast Dich mit The Patriot selbst übertroffen, echt wahr. Damals, nach Independence Day, ich erinnere mich als wäre es gestern gewesen, bin ich mit hämmernder Migräne aus dem Kino raus. Und jetzt? Na klar, der Kopf tut wieder weh, aber dazu noch die bombige Ehrfahrung, einen Film lang sich ganz ausführlich übergeben zu wollen! Waren aber keine Kotztüten unter den Sitzen versteckt. Die habt Ihr wohl bei Air Force One alle aufgebraucht, was?
The Patriot ist jetzt auch noch viel länger als Independence Day, drei Stunden Brechreiz gleich. Klasse, Mensch! Du machst eben noch Kino, das voll körperlich reinhaut. So was hat es nicht mehr gegeben, glaub ich, seit dem Zug von denen Lumieres (voll zum abgähnen nebenbei, aber die Leute sollen damals ja fast aus dem Kino rausgerannt sein, wegen der Panik und so, das Kinogefühl muss halt aus dem Bauch raus kommen, gell Roland?). Ehrlich gesagt, wenns nicht für umsonst gewesen wär, hätte ich es auch gepackt nach ner halben Stunde von Deinem Patriot. Aber so – mindestens 12.- Mark gespart. Und dann noch der Aufpreis wegen Überlänge. Da zwingt mans halt. Als Schwabe kannst Du das sicher total verstehen, Roland.
Jetzt will ich aber noch los werden, dass ich es auch ganz supertoll finde, wie Du so bescheiden geblieben bist. Ganz anders als diese Autokraten, diese Nestbeschmutzer des amerikanischen Traums, diese Coppolas und Scorseses, die immer alles an sich raffen, wenn sie Filme machen. Drehbuch und Schnitt und Regie und was weiß ich. Astrein Roland, wie Du voll auf Teamarbeit setzt und auch den anderen ihren Teil gönnst an der Qualität Deines Films. Nehmen wir zum Beispiel die Drehbuchautoren. Die haben ja schon mit Saving Private Ryan bewiesen, dass sie die besten Holzschnittfigurenschnitzer sind, die wo in Hollywood so rumlaufen. Und jetzt haben die halt ein bisschen recycelt: eine Prise Air Force One, ein bisschen Independence Day und ein Schuss Saving Private Ryan. Was solls, waren eh alles Spitzenfilme gewesen und so ein Best-of unter anderem Titel ist doch vom Feinsten!
Jetzt gibts ja so fiese Regisseure, die voll unfair am Drehbuch noch nachbessern müssen, am Ende noch was ganz anderes draus machen als was da geschrieben steht. Die falschen Fuffziger, die. Du bist nicht so einer. Der reine Wahnsinn, wie Du die Pappkameraden der Drehbuchvorlage eins zu eins übernommen hast in Deinen Film. Super, dass Du Dich nicht schräg anquatschen lässt von den politisch korrekten Schattenparkern, die jetzt wieder aufjaulen werden von wegen differenzierter Charakterstudien und so. Scheißakademiker. Ist halt mal so, dass die Amis total wackere Freiheitskämpfer sind und die Engländer die totalen Luschen und das haste mit Deiner Regie krass symbolisch rübergebracht. Die Amis haben ja auch alle Familie und sind da voll dahinter, das denen nichts passiert und so. Die Engländer halten halt höchstens Hunde. Mann, war das witzig, wie der verblödete Oberst von denen Engländern seine Köter dann Apollo und Mars nennt (oder wars Apollo und Jupiter? Eh wurscht). Das soll Dir erst mal einer nachmachen, wie Du da hammerhart subtil zeigst, wie die Engländer nix in der Birne haben als ihre blöde Hochkultur. Überhaupt hätte ich mir fast in die Hosen gepieselt so witzig war Dein Film wieder mal gewesen. Na klar, wie die Tölen dann dem Mel nachgedackelt sind und wie der Gelbphasenbremser von Oberst da aus der Wäsche geschaut hat – man, war das komisch. Haben sich übrigens alle auf die Schenkel geklopft im Kino! Da kannste mal sehen! Du bist halt schon ein Humoriger und nebenbei keiner von denen Minoritätenkaspern, wo man dann am Ende noch ein Buch gelesen haben muss, um überhaupt lachen zu können. Nee, nee, Du bist halt einer von uns geblieben Roland und das finden wir total dufte von Dir.
Aber ein Gemütsmensch biste auch, gibs zu! Man will ja nicht als Warmduscher dastehen aber mal ehrlich: da hat man schon das eine oder andere Tränchen weggedrückt, wo dann der Mel am Ende mit der amerikanischen Fahne am Schwenken war und so, Du weißt schon. Ich hab so viele Fahnen nicht mehr auf einem Haufen gesehen seit den letzten Olympischen Spielen – bloss gibts da immer viel zu viele verschiedene Muster, echt verwirrend, weil sie ja da auch wirklich jede Bananenrepublik noch mitspielen lassen. Bei Dir flattert dem Helden nun die Fahne voran, auf die es ankommt, die amerikanische eben. Und dann die Musik dazu. So ein herzerwärmendes Geigengeschrammel kenn ich ja sonst nur, wenn ich mir meine André Rieu CD auflege.
Erste Sahne ist natürlich auch, wie Du es den Beckenrandschwimmern und Glatzenfönern mal wieder gezeigt hast, die immer was von Rassismus im amerikanischen Kino schwabern. Echt scharf, wie Du da den Quotenneger eingebaut hast in Deinen Film und der darf dann durch ein Jahr Kriegsdienst seine Freiheit erkämpfen und wird dann auch voll akzeptiert von den anderen Jungs. Mann, hab ich gelacht! Du bist schon einer, Roland. Ich wette, Du hast auch voll abgereihert insgeheim über all die Gartenzwergaufsteller, die Dir den Quatsch auch noch abkaufen. Und wie Du dann diese Strandszenen reingebracht hast in Deinen Film (Du weißt schon, wo der Mel und die blonde Keule mal endlich zum poppen kommen) – das bringts voll, da kommt doch das totale Baccardi-feeling auf. Und dann erst der Neger an dem Xylophon im Hintergrund (haste da eigentlich zweimal denselben Neger besetzt? Die sehn ja eh alle gleich aus, genau wie die Japsen. Schade, den Pearl Harbor Film macht ja jetzt schon der Michael Bay. Das wär doch auch was für Dich gewesen, Roland!)
Okay, jetzt will ich Dir aber hier nicht länger das Ohr abquaken. Mach man weiter so Junge! Wir wollen noch viel mehr so krasse Heimatfilme sehen, von wegen Vaterland und Familie und mit so ner schönen Rede wie die von dem Mel, wo er sagt, dass er Vater ist und deswegen gegen den Krieg eingestellt und so. Versteht sich eh von selbst. Und Mel erzählt ja jetzt auch überall rum, dass er die Drehbücher zu Gladiator, The Perfect Storm und The Patriot alle in der gleichen Woche zu lesen bekommen hat und The Patriot wär halt die beste Story gewesen. Der Mel ist echt schwer in Ordnung. Ich tu den Film dann jetzt halt allen empfehlen.
So long, Roland, altes Haus
Deine
PS: Grüss mir mal den Wolfgang und nix für Ungut, aber mit dem Leiserülpser Clooney ist halt nix zu wollen. Nächstes Mal dann wieder!