Großbritannien 1995 · 103 min. · FSK: ab 6 Regie: Roger Michell Drehbuch: Nick Dear Kamera: John Daly Darsteller: Amanda Root, Ciaran Hinds, Susan Fleetwood, Corin Redgrave u.a. |
Somerset 1814: Der gefallsüchtige und eitle Kleinadelige Sir Walter Elliot, hat sich und seine Familie durch seine verschwenderische Lebensart an den Rand des finanziellen Ruins gebracht. Sir Walter reist in Begleitung seiner ältesten Tochter Elisabeth, ebenso dümmlich-blasiert wie er selbst, nach Bath ab, um ein neues Leben zu beginnen. Die zweitälteste Tochter Anne bleibt bei einer Freundin der Familie zurück.
Anne trauert immer noch ihrer Jugendliebe Captain Wentworth nach, dessen Heiratsantrag sie aus seinem Mangel an Geld und Finanzen ablehnen mußte.
Nun trifft Anne Wentworth wieder, der inzwischen im Napoleonkrieg zu Ruhm, Ehre und Geld gelangt ist. Entgegengesetzt zu Wentworths Aufstieg hat Anne sich aus Herzschmerz und Reue verkrochen und ist zu einem unscheinbaren grauen Niemand degeneriert. Wentworth erkennt sie kaum wieder und interessiert sich zunächst viel mehr für die ihn anhimmelnden jüngeren Schwestern des Nachbars Charles Musgrove.
Wentworth, der nicht nur an Reichtum, sondern auch an Weltgewandtheit gewonnen hat, verkörpert den positiven Gegenpol zur gekünstelten und sinnentleerten Adelswelt unter der auch Anne durch die erzwungenen Ablehnung des Heiratsantrages zu leiden hatte. Und so ist also klar, daß nach vielen Irrungen und Verwirrungen sich unsere beiden Helden wieder zusammenkommen müßen.
Anne läßt einen anderen Verehrer abblitzen und akzeptiert Wentworths erneuten Heiratsantrag, der Vater und Schwester Elisabeth in ungläubiges Erstaunen versetzt: »Anne? Warum Anne?« Die Antwort findet sich in Annes Charakter: Sie ist nicht nur sensibel und beständig in ihren Gefühlen, sondern ebenso geleitet von Vernunft und Verstand – typisch für Jane Austens Heldinnen – und wird dafür schließlich belohnt.
Das Ende ist jedoch kein billiges Happy-End, sondern die Erfüllung zweier Menschen, die langsam ihre Entfremdung voneinender überwinden und sich wider aller Erwartungen wiederfinden.
Der Film orientiert sich eng an seiner Vorlage, Jane Austens letztem Roman, der erst nach ihrem Tode 1817 herausgegeben wurde und (vielleicht mangels entgültiger Fertigstellung) nicht zu ihren Highlights gehört. Trotzdem läßt der Film nichts zu wünschen übrig: Austens ironisch-spöttische Kritik an der »besseren« Gesellschaft ist subtil umgesetzt. Der Selbstfindungsprozeß des Aschenputtels Anne wird vom Zuschauer nachempfunden, obwohl er hinter dem vordergründigen Geschehen, den Zerstreuungen der »upper class«, abläuft.
Verführung thematisiert unterdrückte Gefühle und verpaßte Gelegenheiten und zeigt, daß Männlichkeit nicht im Widerspruch zu Emotionen steht und Frauen auch damals schon, trotz von ihnen abverlangter Passivität und Zurückhaltung, willensstark und selbstbestimmt handelten.