USA 2007 · 113 min. · FSK: ab 12 Regie: Gregory Hoblit Drehbuch: Daniel Pyne, Glenn Gers Kamera: Kramer Morgenthau Darsteller: Anthony Hopkins, Ryan Gosling, David Strathairn, Rosamund Pike, Embeth Davidtz u.a. |
||
Eindeutig ein Killer: Anthony Hopkins |
Dies ist ein sehr klassischer, routinierter, und in all seiner Routine überaus eleganter Thriller, mit einer Prise Melodram. Schon die ersten Bilder könnten im Prinzip ebenso gut aus einem Film der Spät-50er stammen, wie aus den frühen 90ern, als etwa Paul Verhoevens Basic Instinct einen Hauch von Hitchcock zurück ins Thrillerkino brachte. Auch hier sieht man schnelle Autofahrten entlang verschlungener Küstenstraßen der US-Westcoast, zu fülliger Musik fast wie eine Autowerbung gefilmt vor einem bronzefarbenen Sonnenuntergang. Und auch in diesem Fall entsprechen den Haarnadelkurven der Straße die verschlungenen Wege des Plots, der nur auf den ersten Blick glasklar vor uns zu liegen scheint.
Ted Crawford, ein superreicher Luftfahrtingenieur mit einem teuren modernistischen Haus und gewissen Allmachtsphantasien hat seine wesentlich jüngere, fremdgehende Gattin (Embeth Davidtz) niedergeschossen. Das wissen wir, weil wir es selber in einer der ersten Filmszenen sehen konnten. Nun liegt die Frau im Koma im Krankenhaus, und Crawford, der die Tat gleich nach seiner Verhaftung gestand, ist des Mordversuchs angeklagt. Ein eindeutiger Fall, reine Routine, so scheint es für Willy Beachum, den jungen ehrgeizigen, ungemein erfolgreichen Staatsanwalt, der den Fall übernommen hat, nur wenige Tage, bevor er selbst von der Staatsanwaltschaft von Los Angeles zugunsten eines lukrativeren Jobs in eine reiche Anwaltskanzlei wechselt, in der jeder Squash spielt, und sich ein Mittelinitial zulegt. Doch dann widerruft Crawford sein Geständnis, der Hauptbelastungszeuge entpuppt sich als befangen und eine Tatwaffe ist nicht aufzufinden. Plötzlich scheint es keinerlei Beweise mehr gegen Crawford zu geben.
Seine Spannung zieht Fracture vor allem aus dem Zusatzwissen der Zuschauer. Denn wir haben gesehen, wie Crawford schoss, wir wissen, dass hier kein Unschuldiger unter falschem Verdacht steht, sondern ein eiskalter Killer offenbar den perfekten Mord geplant hat. Im Zentrum steht das Psychoduell zwischen Crawford und Beachum. Es ist auch eines zwischen den Darstellern Anthony Hopkins und Ryan Gosling, der seinem Gegenüber durchaus gewachsen ist. In den Darstellern
wie ihren Charakteren trifft Routine auf Leidenschaft, und Gosling wird – neben Rosamund Pike, die seine neue Flamme spielt – zur Entdeckung dieses Films. Er verkörpert hier eine Symbolfigur des US-Kinos: Der junge Aufsteiger aus kleinen Verhältnissen, das Ebenbild des american dream, Idealismus mit Ehrgeiz und einer Portion Humor verbindend.
Der Kampf zwischen Alt und Jung, »Vater« und »Sohn«, Zynismus und Moral, der auch ein nur mäßig verborgener Klassenkampf
ist, wird mit allen Mitteln des courtroom drama ausgetragen: Einen witzigen Wortwechsel lösen Verfahrenstricks ab, und den Ermittlungen Beachums steht neben dem Zeitdruck des Prozesses zusätzlicher Suspense gegenüber, weil Crawford, cool wie Hannibal Lecter – den treusorgenden Gatten spielend – das »sinnlose Leiden« seiner Frau durch Sterbehilfe beenden, also den Mord komplettieren will.
Dies ist einer der, wenn man so will, reaktionären, jedenfalls erzkonservativen Aspekte des Films: Sterbehilfe wird in die Nähe des Mords gerückt, wird hier zum teuflischen Trick eines Zynikers und das liberale Gesetz zu seiner Waffe. Auch das Rechtssystem wird hier nicht minder »rechts« als eines gezeigt, in dem gescheite Täter Formfragen gegen den Sinn der Gesetze instrumentalisieren und dadurch davonkommen. Während Polizisten hier korrupt sind, oder zumindest moralisch fragwürdige Dinge tun.
Die Regie ist sehr effektiv, vermeidet unnötige Erklärungen und hält trotzdem die Länge des Films nicht auf den klassischen 90 Minuten. Am besten gelungen ist der Mittelteil des Films, seine Schilderung des juristischen Milieus von Los Angeles, inklusive seiner Cocktaileinladungen, und des Verhältnisses zwischen Nachwuchs und den grauhaarigen Monarchen des Gewerbes, die durch kurze Gespräche oder ein Wort zwischen Tür und Angel regieren, dem man selbstverständlich nie zu widersprechen hat. Atmosphäre ist die Stärke von Regisseur Gregory Hoplit, der sich seinen Namen besonders mit den New Yorker TV-Polizeimilieu-Serien NYPD Blue und Hill Street Blues gemacht hat. Negativ wiegt allerdings die alles in allem sehr konstruierte Geschichte.
Am Ende ist der Film vor allem eine dunkle Komödie, in ihren besten Momenten mit Shakespeare-Dimension. Sie handelt vom Preis des Ehrgeizes und von zwei unterschiedlichen Kontrahenten, die ihre Hybris vereint: Während Hopkins/Crawford wie Hannibal Lecter ein Wahnsinniger im vollem Besitz seiner geistigen Kräfte ist, erinnert Gosling/Beachum an die klassischen Figuren des Film Noir, die plötzlich erkennen müssen, dass sie zu viel zu schnell gewollt haben, und dies nun einen hohen Preis kostet. Für den Schauspieler allerdings wird es sich auszahlen.