USA 2015 · 106 min. · FSK: ab 6 Regie: Chris Columbus Drehbuch: Tim Herlihy, Timothy Dowling Kamera: Amir Mokri Darsteller: Adam Sandler, Kevin James, Josh Gad, Peter Dinklage, Michelle Monaghan u.a. |
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Grandioser Quatsch |
Da das Adam Sandler-Bashing mit Pixels eine neue Superlative erreicht – der vernichtende Review in The Atlantic steht repräsentativ für den Rotten Tomato-Kritiker-Index des Films – fällt es wirklich schwer, sich gegen die Mehrheit zu stemmen ohne dabei gleich zu denken: was stimmt nur nicht mit mir? Statt weitere Selbstzweifel deshalb eine letzte Warnung: wer grundsätzlich Probleme mit der Komödienspielart von Happy Madison Productions und Adam Sandler hat, wer also Filmen wie dem großartigen You Don’t Mess with the Zohan, den brachial spätpubertierenden Kindsköpfen oder dem radikal subversiven Chaos-Dad nichts abgewinnen kann, sollte auch von Pixels diskret Abstand oder schreiend Reißaus nehmen.
Dennoch sei ein wenig leichtsinnig auch diesen Abtrünnigen ans Herz gelegt, es vielleicht doch noch einmal zu versuchen. Denn zweifellos gibt es in Pixels eine Menge zu verpassen. Nicht nur Adam Sandler in einer seiner besten Rollen seit langem (vielleicht sogar die beste Darbietung seit Judd Apatows so klugen wie traurigen Funny People), sondern auch ein Team von extrem radikalen Schauspielern: sowohl Kevin James (Kindsköpfe), Josh Gad (Die Trauzeugen AG) als auch Peter Dinklage (X-Men: Zukunft ist Vergangenheit) und natürlich Adam Sandler dürfen sich an diesem grandiosen Quatsch beteiligen, der,- völlig überraschend – immer wieder über den Quatschfaktor hinausgeht und in einen subversiven Spaß überleitet.
Und das beginnt schon bei den kleinen Beobachtungen. Sei es das zärtlich-akkurate Porträt der frühen 1980er mit ihren Arcade-Spielhallen und abstrus simplen Spielen wie Pac-Man und Donky-Kong und den damit sozialisierten ersten Nerds der Softwarewelt. Und einer Erkenntnis, die so noch nicht formuliert wurde: der begnadetste und klügste Nerd ist am Ende nicht unbedingt auch der erfolgreichste Geschäftsmann, sondern viel eher bringt es der untalentierteste Nerd zum Präsidenten.
Davor, dazwischen und danach liegt eine Story, die abstruser nicht sein könnte: eine unter Präsident Reagan in den 1980ern ins Weltall geschossene Grußbotschaft mit kulturellen Artefakten – darunter auch die beliebten Arcade-Spiele – wird tatsächlich von Außerirdischen gelesen, allerdings als Kriegserklärung missverstanden. Die Außerirdischen kehren mit realen Versionen der Arcade-Spiele auf die Erde zurück und zwingen die Menschheit zu einer Folge von ultimaten Spielen, deren Ausgang über das Schicksal der Menschheit entscheiden soll.
Ähnlich wie in Wreck-It Ralph ist auch Pixels eine Art Feldforschung über die innere Welt eines Computerspiels und seiner Spieler. Verselbstständigte sich Ralph allerdings schnell zu einem wir irre dahinrasenden, selbstreferentiellen und immer wieder auch langweiligen Plot, bleibt Pixels bis zum Ende spannend – und überraschend. Nicht nur, weil gleich mehrere Ebenen wie Liebeskomödie, Slapstick, Science Fiction und Buddy-Film, Animation und Real-Film gegeneinander ausgespielt werden, sondern wohl auch, weil es Chris Columbus als Regisseur gelingt, die schauspielerischen Extreme, die hier aufeinander treffen, immer wieder erfolfgreich zu bändigen, nur um ihnen im nächsten Augenblick wieder die Freiheit zu schenken. Colombus greift hier sichtbar auf die Erfahrungen aus seinen eigenen Erfolgen wie Kevin – Allein zu Haus, Mrs. Doubtfire und Harry Potter zurück, er zitiert allerdings fast ebenso zügellos aus inhaltlich verwandten Werken wie etwa den Ghostbusters.
Obwohl Pixels den an sich schon reichen Katalog an 1980er-Inventar damit noch einmal erweitert und offensichtlich auf die heute schon etwas älteren Väter als Zielpublikum abzielt, gelingt Pixels auch der Spagat zu deren Kindern. Und zwar nicht nur über den üblichen pubertären Humor und so flapsig wie selbstironische Dialoge, sondern auch durch überraschende Vergleiche zwischen damaligen und gegenwärtigen Videospielkulturen- und Strategien, die bei allen Differenzen wohl auch erklären, warum die heutigen Väter nicht von ihrer Jugend lassen wollen und sich lieber der Lächerlichkeit preiszugeben statt zu sterben bereit sind.
Die Prämisse dieses Films ist eine schlechthin großartige, weil vollkommen aberwitzige Phantasie: 1982 sendete die NASA eine Botschaft an mögliche außerirdische Lebensformen. Darin enthalten ein »Rubicks Cube« Zauberwürfel und ein Pac-Man-Videospiel und andere Game-Erfindungen aus der Computersteinzeit. Was, wenn es tatsächlich Außerirdische gäbe, diese aber die als Friedensbotschaft gemeinte Weltraumflaschenpost in den falschen Hals bekämen und als Kriegserklärung missverständen?
Dies ist die Voraussetzung von Chris Columbus durchgedrehter Science-Fiction-Komödie Pixels. Jetzt schlagen die Außerirdischen zurück, und zwar mit eigens generierten Kriegsrobotern, die aussehen, wie Figuren aus den ersten Videospielen. Und natürlich greifen sie nicht Halle, Leipzig oder Berlin an, sondern wieder einmal New York City.
Das muss man sich so vorstellen: Pac-Man rast statt über einen zweidimensionalen Bildschirm im 4:3-Format in drei
Dimensionen durch eine echte Avenue von Manhattan und frisst alles, was ihm zwischen den Hochhausschluchten vors charakteristisch weit geöffnete Maul kommt: Autos, Hydranten, Ampeln, Parkpoller, Menschen.
Der US-Präsident (Kevin James) ist zufälligerweise selbst ein ehemaliger ungemein talentierter Gamer, und weil die Militärs versagen, und er bald keinen anderen Ausweg weiß, ruft er seine früheren Kumpels zusammen, um den Kampf mit den Pixel-Killern aufzunehmen. Die Nerds schlagen zurück! Vor allem Sam Brenner, gespielt von Adam Sandler. Ausgerechnet der kaum lebenstüchtige Einzelgänger wird dann auch bald zum Schwarm eines weiblichen, hübschen Air-Force-Offiziers (Michelle Monaghan), die in diesem Film die Ehre des US-Militärs ebenso rettet, wie Sandlers Figur die Ehre aller Computerspieler.
Der Film beginnt ziemlich gut, und man hofft auch eine Satire im Stil von Tim Burtons Mars Attacks!, bei dem auch größere Teile der Handlung im Weißen Haus spielten. Doch bald lässt der Film nach, denn offenbar hat das Hollywood-Studio Regisseur Columbus nicht erlaubt, seinen Film mit anarchischem schwarzen Humor zu würzen, der dann aber auch subversiv, also ein bisschen Amerika-kritisch sein müsste.
Die Namen Adam Sandler und Kevin James machen klar, um welchen Typ Komödie es sich stattdessen handelt: nicht anspruchsvoll, sehr amerikanisch. Manche Witze sind nur schwer fürs europäische Publikum verständlich zu machen. Und das hat ausnahmsweise nichts mit der Synchronisation zu tun. Fast schon intellektuell, jedenfalls eher für Kinokenner sind nur einige Filmparodien und anspielungsreiche Kinozitate. Wer die Harry Potter-Filme kennt, nicht nur die beiden ersten Teile, bei denen Chris Columbus Regie führte, hat hier deutliche Verständnisvorteile.
So ist Pixels eine Rachephantasie aller Nerds auf dieser Erde: Endlich einmal die Welt retten. Endlich einmal eine hübsche Frau beeindrucken. Ansonsten ist Pixels ein typisches Hollywoodprodukt: Eiskalt durchkalkuliert, designed für die Zielgruppe, der jetzt 40 bis 50-jährigen, der einstigen »Generation X«, die 1982 Teenager waren, und jetzt möglicherweise Kinder in Teenager-Alter haben, mit denen sie gemeinsam ins Kino
gehen können. Solcherlei Nostalgie-Konzept vom Reißbrett könnte ohne Weiteres auch in Deutschland aufgehen, wäre der Film nur etwas besser.
So aber ist er schon in den USA krass durchgefallen. Mal sehen, wie die Deutschen reagieren.
Zumindest die Special Effects lohnen durchaus das Hingucken. Die Darsteller weniger. Insbesondere Adam Sandler hat seine beste Zeit schon lange hinter sich. Nur die immer wieder bezaubernde Michelle Monaghan, die vor ein paar Jahren mal an der Seite von Tom Cruise eine Mission: Impossible löste, erweist sich selbst hier einmal mehr als eine der vielen verschenkten, permanent unter Wert gehandelten Hollywood-Gesichter.